Oft genug lassen wir uns von falschen Annahmen, Ängsten, Gruppenzwang oder fadenscheinigen Versprechungen in die Irre führen. 5 klassische Manipulationstechniken im Überblick.

5 Manipulationstechniken: Denkfehler Ängste Gruppenzwang & falsche Annahmen

Kennedy oder jemand anderes?

Der 34-jährige Mann wurde an einem kalten Januartag als Führer seines Landes vereidigt. An seiner Seite stand sein Vorgänger, ein berühmter General, der 15 Jahre zuvor die Streitkräfte seines Landes in einem Krieg befehligt hatte, in dem Deutschland besiegt wurde. Der junge Führer war in römisch-katholischem Glauben erzogen worden. Die folgenden fünf Stunden verfolgte er Ehrenparaden, er feierte bis drei Uhr morgens.

Es ist unschwer zu erraten, wen ich beschreibe, nicht wahr? Es ist der 30. Januar 1933, ich beschreibe Adolf Hitler und nicht, wie die meisten annehmen würden, John F. Kennedy. Der springende Punkt ist, dass wir von Annahmen ausgehen. Wir machen uns eine Vorstellung von der Welt um uns herum, die manchmal auf unvollständigen oder falschen Annahmen beruht. In diesem Fall war die Information, die ich gegeben habe, unvollständig. Viele von Ihnen haben vermutlich geglaubt, dass ich John F. Kennedy beschrieben habe, bis ich ein kleines Detail hinzufügte: das Datum.

Entscheidungen auf der Basis von Annahmen – nicht Wissen

Das ist wichtig, denn unser Verhalten wird von unseren Annahmen oder von vermeintlichen Wahrheiten beeinflusst. Wir treffen Entscheidungen, die auf dem beruhen, was wir zu wissen glauben. Es ist noch nicht lange her, dass der größte Teil der Menschheit glaubte, die Erde sei eine Scheibe. Diese vermeintliche Wahrheit beeinflusste das Verhalten. In dieser Epoche gab es wenige Entdeckungen. Die Menschen fürchteten, sie würden am Ende der Welt über eine Kante fallen, wenn sie sich zu weit vorwagten. Also blieben sie lieber dort, wo sie waren.

Erst mit der Entdeckung eines kleinen Details – dass die Erde rund ist – änderte sich das. Nach dieser Entdeckung begannen Kulturen, den Planeten zu erkunden. Handelsrouten entstanden, Gewürze wurden gehandelt. Die Gesellschaften begannen, neue Ideen auszutauschen, etwa in der Mathematik, was alle nur erdenklichen Innovationen ermöglichte. Die Korrektur einer simplen falschen Annahme brachte die Menschheit ein Stück voran. Man könnte auch sagen: Verlorene Illusionen sind gewonnene Klarheiten. Aber was können wir tun gegen die Macht der Manipulation?

Mit Zuckerbrot und Peitsche

Es gibt auf dem Markt kein Produkt und kein Serviceangebot, das der Kunde nicht anderswo genauso billig, genauso gut, mit einem ebenso guten Kundendienst und entsprechenden Eigenschaften bekommen kann. Die meisten neuen Produkte verlieren ihren Vorsprung innerhalb weniger Monate. Innovative Produkte bekommen es auf dem Markt in kürzester Zeit mit ebenbürtigen oder sogar besseren Produkten zu tun. Und doch werden die meisten Firmen auf die Frage, warum ihnen ihre Kundschaft treu ist, antworten, dass sie besser und billiger sind, überlegene Produkte haben und ihre Kunden besser betreuen. Das zeigt uns: Die meisten Firmen wissen nicht, warum ihre Kunden ihre Kunden sind. Und wenn ein Unternehmen nicht versteht, warum ihm seine Kunden die Treue halten, dann wird es auch nicht wissen, warum ihm seine Angestellten die Treue halten.

Ein Unternehmen, das nicht weiß, warum seine Kunden und Angestellten loyal sind, kann unmöglich wissen, auf welche Art es neue Mitarbeiter gewinnen und die Loyalität der vorhandenen stärken kann. Die Realität ist, dass die meisten Unternehmen ihre Entscheidungen auf der Grundlage von lückenhaften oder sogar vollkommen falschen Annahmen über die Kräfte fällen, die das Geschehen auf dem Markt bestimmen.

5 Manipulationstechniken: So funktioniert das Beeinflussen von Menschen

Um Menschen zu beeinflussen, kann man zwei Methoden einsetzen: Manipulation oder Inspiration. Manipulation muss durchaus nichts Schlechtes sein; sie ist eine normale Taktik, die nicht zwangsläufig schädlich ist. Wir alle haben in unserer Jugend andere manipuliert. Der Satz »Ich will dein bester Freund sein« ist Ausdruck einer Verhandlungstaktik, die Generationen von Kindern angewendet haben, um von anderen Kindern Dinge zu bekommen, die sie haben wollten. Und jedes Kind, das schon einmal ein Bonbon verschenkt hat, um einen neuen besten Freund zu gewinnen, kann bestätigen: Die Taktik funktioniert. Manipulation ist in Verkauf und Marketing weit verbreitet. Das gilt nicht nur in der

Wirtschaft, sondern auch in der Politik. Spielarten der gezielten Manipulation sind Preisnachlässe, Aktionen, Gruppendruck, das Ansprechen von Ängsten und Wünschen oder die Ankündigung von Neuerungen. Diese Mittel werden eingesetzt, um das Kaufverhalten und Wahlverhalten zu beeinflussen oder sich Unterstützung zu sichern. Unternehmen und andere Organisationen, die keine klare Vorstellung davon haben, warum ihnen ihre Kunden die Treue halten, neigen dazu, massiv Manipulationstechniken anzuwenden, um ihre Ziele zu erreichen. Und dafür gibt es einen guten Grund. Die Manipulation ist erfolgreich.

1. Der Preis als Manipulationstechnik

Viele Firmen haben zwar Vorbehalte gegen Preisnachlässe, verwenden sie aber, weil sie wissen, dass sie effektiv sind. So effektiv, dass die Versuchung fast unwiderstehlich ist. Es gibt wenige professionell arbeitende Dienstleistungsfirmen, die nicht einfach ihre Preise heruntersetzen, um ein Geschäft abzuschließen, wenn sich die Chance auf einen großen Auftrag ergibt.

Rabatte sind wie Heroinsucht

Gleichgültig wie man es sich selbst oder wie man es dem Kunden erklärt, der Preis ist eine höchst effektive Manipulationstechnik. Wenn wir den Preis nur tief genug senken, wird der Kunde das Produkt kaufen. Wir sehen das im Einzelhandel beim Saison- »Ausverkauf«. Wenn man die Preise tief genug senkt, leeren sich die Regale schnell und es wird Platz für die Ware der nächsten Saison geschaffen.

Das Arbeiten mit Preisnachlässen kann eine Firma jedoch sehr teuer zu stehen kommen und in Schwierigkeiten bringen. Für den Verkäufer sind Preisnachlässe wie eine Heroinsucht. Der kurzfristige Gewinn ist fantastisch, doch je öfter er es tut, desto schwieriger wird es, damit wieder aufzuhören. Wenn sich die Käufer einmal daran gewöhnt haben, für ein Produkt oder ein Service einen unterdurchschnittlichen Preis zu zahlen, ist es sehr schwer, sie dazu zu bewegen, wieder mehr dafür zu bezahlen. Und die Verkäufer, die dem starken Druck ausgesetzt sind, die Preise immer tiefer zu drücken, um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen hinnehmen, dass auch ihre Gewinnspanne immer kleiner wird.

Wenn sich die Preisspirale nach unten dreht

Zum Ausgleich für die Verluste muss mehr verkauft werden. Der schnellste Weg, das zu erreichen, ist wieder der Preis. Und so wird die Abwärtsspirale der Preisabhängigkeit losgetreten. In der Drogenwelt nennt man die Süchtigen Junkies. In der Geschäftswelt haben diese Rolle die Verbrauchsgüter übernommen. Versicherung. Heimcomputer. Handy-Service. Verpackte Waren. Die Liste von Verbrauchsgütern, die erst durch Preisnachlässe dazu wurden, ist lang. Fast immer sind die Firmen, die ihre Produkte als Verbrauchsgüter vertreiben müssen, selbst schuld daran. Sicherlich sind Preisreduzierungen ein durchaus legitimer Weg, Verkäufe zu steigern; doch die Herausforderung besteht darin, profitabel zu bleiben.

Wal-Mart scheint eine Ausnahme zu sein. Die Kette baute mit ihren Preisnachlässen ein überaus erfolgreiches Geschäftsmodell auf. Aber zu sehr hohen Kosten. Nur ihre Größe erlaubte der Wal-Mart-Gruppe, die Gefahren, die Preisnachlässe mit sich bringen, zu umschiffen. Aber die Fixierung des Unternehmens auf den Preis machte es anfällig für Skandale und schädigte sein Image. Auslöser für die Skandale war immer der Versuch, die Kosten niedrigzuhalten, um Produkte zu niedrigen Preisen anbieten zu können. Preis hat immer seine Kosten. Die Frage ist nur, was man für das Geld, das man verdient, bezahlen will.

2. Manipulation mit Kauf-Anreizen

General Motors hatte ein kühnes Ziel. Die Firma wollte den größten Marktanteil in der amerikanischen Autozulieferindustrie erringen. In den Fünfzigerjahren hatte es vier Wahlmöglichkeiten in der US-Autoindustrie gegeben: GM, Ford, Chrysler und AMC. Bevor die ausländischen Autoproduzenten auf dem Markt auftauchten, dominierte GM. Die neue Konkurrenz erschwerte es jedoch erwartungsgemäß, das Ziel zu erreichen. Es ist überflüssig, Statistiken vorzulegen, um zu zeigen, was sich in den vergangenen fünfzig Jahren in der Autoindustrie verändert hat. Doch General Motors steuerte erfolgreich durch den größten Teil des vergangenen Jahrhunderts und konnte seine Dominanz mit Hochpreisprodukten behaupten.

Kaufanreize funktionieren nur am Anfang

Seit 1990 aber hat sich der Marktanteil von Toyota am US-Automarkt mehr als verdoppelt. 2007 war Toyotas Marktanteil von lediglich 7,8 Prozent auf 16,3 Prozent geklettert1 . In derselben Zeitspanne brach der US-Marktanteil von GM dramatisch von 35 Prozent im Jahr 1990 auf 23,8 Prozent im Jahr 2007 ein. 2008 wurde das undenkbare Realität: US-Konsumenten kauften mehr ausländische als amerikanische Autos.

Mit den Erfolgen der japanischen Konkurrenz konfrontiert, gingen GM und die anderen amerikanischen Autoproduzenten in den Neunzigerjahren dazu über, Kaufanreize zu setzen. Das Ziel war es, die schwindenden Marktanteile zu halten. GM bot Kunden, die Autos und Lastwagen kauften, massive Anreize mit Cash-back zwischen 500 Dollar und 700 Dollar. Lange Zeit funktionierten die Aktionen prächtig. Die Verkäufe von GM stiegen wieder. Aber auf lange Sicht trugen die Anreize nur zur dramatischen Abnahme der Gewinnspanne von GM bei und waren die Ursache für die hohen Schulden des Unternehmens.

Kunden als Cashback-Junkies

2007 verlor GM 729 Dollar pro Auto, vor allem wegen der Anreize. Als man erkannte, dass das Modell nicht aufrechtzuerhalten war, schränkte GM die Rabatte ein, damit gingen aber auch die Verkäufe wieder zurück. Kein Bargeld, keine Kundschaft. Die Autoindustrie hatte aus Kunden Cash-back-Junkies gemacht; die Kunden waren nicht mehr gewillt, den vollen Preis zu zahlen.

Ob »Zwei zum Preis von einem« oder »Plus Gratisspielzeug« – solche Aktionen sind derart weit verbreitet, dass wir oft vergessen, dass wir manipuliert werden. Achten wir beim nächsten Digitalkamerakauf darauf, nach welchen Kriterien wir unsere Kaufentscheidung treffen. Es ist einfach, eine Kamera zu finden, die den Anforderungen entspricht – Größe, Megapixel-Zahl, guter Preis, bekannter Markenname. Aber mit einer dieser Kameras ist vielleicht eine Aktion verbunden – eine Gratis-Hülle oder eine Gratis-Memory-Karte. Angesichts der relativen Gleichwertigkeit von Eigenschaften und Leistung gibt dieses kleine Extra nicht selten den Ausschlag für ein Produkt. Im B2B-Bereich nennt man das »Wertsteigerung«. Das Prinzip ist immer dasselbe: etwas zu verschenken, um das Verkaufsrisiko zu verringern.

Der Gipfel der Manipulation: 40 Prozent der Kunden verzichten unfreiwillig auf Rabatte

Wie beim Preis sieht man: Aktionen haben Erfolg. Manipulationen bei Aktionen sind im Einzelhandel so weit verbreitet, dass die Branche einem der angewandten Prinzipien einen Namen gab. Sie nennen das Abbruchrate. Die Abbruchrate misst den Prozentsatz der Kunden, die die Aktionen nicht in Anspruch nehmen und stattdessen den vollen Preis zahlen. Das geschieht normalerweise dann, wenn Käufer sich nicht um die notwendigen Formalitäten für die Beanspruchung des Rabatts kümmern, einem Vorgang, der vorsätzlich kompliziert oder unpraktisch gestaltet wurde, um die Wahrscheinlichkeit von Fehlern oder passiver Haltung zu steigern und die Abbruchrate hoch zu halten.

Für die Inanspruchnahme von Rabatten muss der Kunde normalerweise die Kopie einer Zahlungsbestätigung einsenden oder den Bar-Code auf einer Verpackung ausschneiden und ein Rabatt-Formular mit Produkteinzelheiten und detaillierten Angaben zum Kaufverhalten exakt ausfüllen. Die Einsendung des falschen Verpackungsteils oder die Auslassung eines Details im Antragsformular verzögert oft die Auszahlung des Rabatts um Wochen und Monate oder macht ihn ungültig. Die Rabatt-Branche hat auch einen Namen für Kunden, die sich schlicht und einfach nicht um die Beantragung der Rabatte kümmern oder die Rabattgutscheine, die sie erhalten, nie einlösen. Das sind die sogenannten Aussteiger.

Für die Wirtschaft liegen die kurzfristigen Vorteile der Rabatte und anderer Manipulationen auf der Hand: Ein Rabatt bringt den Kunden letztlich dazu, den vollen Preis für ein Produkt zu zahlen, das er möglicherweise nur deshalb kaufte, weil er mit einer Teilrückerstattung rechnete. Aber an die 40 Prozent der Kunden erhalten niemals den Preisnachlass, den sie erwartet haben. Man könnte das eine Steuer für schlecht organisierte Käufer nennen, und die Einzelhändler bauen darauf Die Marktaufsicht hat die Kontrolle der Rabatt-Industrie verstärkt, aber mit mäßigem Erfolg. Die Rabatt-Einlösung bleibt schwerfällig, und das bedeutet Geldgewinn für den Verkäufer. Eine glänzende Manipulation. Aber zu welchem Preis?

3. Manipulation durch Angst

Wenn jemand eine Bank mit einer Banane in der Tasche überfällt, wird die Anklage auf bewaffneten Raubüberfall lauten. Niemand war tatsächlich in Gefahr erschossen zu werden, aber es ist der Glaube der Opfer, dass der Räuber eine wirkliche Waffe in der Hand hält, der für das Gesetz zählt. Aus gutem Grund. Der Räuber bedroht seine Opfer, weil er weiß, dass sie ihm aus Angst gehorchen werden. Das Spiel mit der Angst, die durch eine reale oder eingebildete Bedrohung ausgelöst wird, stellt wahrscheinlich die wirkungsvollste Manipulation einer Masse dar.

Angst macht Fakten zweitrangig

»Niemand wurde bisher gefeuert, weil er IBM einen Auftrag gegeben hat«, hieß es in einem alten Werbespot, der ein Verhalten widerspiegelt, das von der Angst diktiert wird. Angestellte in Beschaffungsabteilungen, deren Aufgabe es ist, die besten Lieferanten für ihre Firma zu finden, wiesen bessere und preiswertere Produkte nur deshalb ab, weil sie von kleinen Firmen oder unbekannten Marken angeboten wurden.

Die reale oder eingebildete Angst, dass der Job auf dem Spiel stand, wenn etwas schiefging, reichte aus, um ihre Aufgaben zu vernachlässigen, ja sogar den Firmeninteressen zu schaden. Wenn Angst im Spiel ist, sind Fakten zweitrangig. Tief in unserem Überlebenstrieb verankert, kann sie nicht mit Daten und Fakten bekämpft werden.

So funktionieren Terrorismus und Kindererziehung

So funktioniert Terrorismus. Nicht die statistische Wahrscheinlichkeit, dass jemand Opfer einer Terrorattacke werden könnte, kann die Bevölkerung lähmen, sondern die Angst, dass es tatsächlich geschehen könnte. Die Macht der Angst, uns zu manipulieren, wird freilich meist für weit harmlosere Zwecke eingesetzt. Wir setzen Angst als Mittel in der Kindererziehung ein. Wir setzen Angst ein, um Menschen zur Befolgung eines Moralkodexes anzuhalten. Angst wird regelmäßig in Anzeigen staatlicher Einrichtungen eingesetzt, beispielsweise bei Kampagnen für die Sicherheit von Kindern, bei AIDS-Aufklärungskampagnen oder um das Anlegen von Sicherheitsgurten zu propagieren.

Fernsehzuschauer in den Achtzigerjahren wurden mit Anti-DrogenEinschaltungen geradezu bombardiert, darunter denen einer staatlichen Einrichtung im Rahmen eines nationalen Programms gegen Drogenmissbrauch von Teenagern: »Das ist dein Gehirn«, sagte ein Mann mit einem unbeschädigten Ei in der Hand. Dann schlug er das Ei in eine Bratpfanne mit spritzendem, heißem Öl. »Das ist dein Gehirn unter Drogeneinfluss, … noch Fragen

So wirkt die Angst

Eine andere Einschaltung zielte darauf ab, kecken Teenagern eine Höllenangst einzujagen: »Kokain macht nicht sexy, … es macht tot.« Politiker, die behaupten, ihre Gegner erhöhen Steuern und kürzen Ausgaben im Sicherheitsbereich, oder Sondereinspielungen in den Abendnachrichten, die den Eindruck erwecken, Gesundheit und Sicherheit stehe auf dem Spiel, wenn nicht um 23 Uhr der Fernseher eingeschaltet wird; im einen wie im anderen Fall wird versucht Angst zu machen. Firmen arbeiten ebenfalls mit Angst, sie nutzen unsere tief sitzende Unsicherheit, um Produkte zu verkaufen. Man will uns einreden, dass uns etwas Schlimmes zustoßen könnte, wenn wir ein bestimmtes Produkt oder eine bestimmte Dienstleistung nicht erwerben.

»Alles 36 Sekunden stirbt ein Mensch an den Folgen eines Herzanfalls«, heißt es in der Werbung eines lokalen Herzspezialisten. »Gibt es Radon bei dir im Haus? Bei deinem Nachbarn schon!« ist auf dem Lkw einer Firma zu lesen, die Dienstleistungen zur Überprüfung der Schadstoffbelastung in Haushalten anbietet. Und dann gibt es da natürlich die Versicherungsbranche, die Lebensversicherungen mit dem Slogan »Bevor es zu spät ist« anbietet. Wer Verkäufe mit der Warnung verbindet, dass es negative Folgen habe könnte, wenn man ein Produkt nicht kauft, setzt den Käufern mehr oder weniger mit vorgehaltener Pistole unter Druck, das »bessere« Produkt zu kaufen. Kann sein, dass er nur mit »Bananen« arbeitet. Aber es wirkt.

4. Die Macht der Wünsche

»Mit dem Rauchen aufzuhören ist kinderleicht«, sagte Mark Twain. »Ich habe es schon hundertmal geschafft.« Angst treibt uns, das Negative zu vermeiden. Botschaften, die unsere Wünsche ansprechen, ziehen uns zu dem hin, was wir herbeisehnen.

So wirkt die Macht der Wünsche

Verkäufer betonen oft, wie wichtig es ist, Ansprüche zu wecken, das heißt, jemandem etwas anzubieten, was er gerne hätte, und ihm die Möglichkeit zu geben, es mit dem Kauf eines bestimmten Produkts oder einer bestimmten Leistung schneller zu bekommen. »Sechs Schritte zu einem glücklicheren Leben«, »Mit Bauchmuskeltraining zur Traumgröße«, »Reich werden in nur sechs Wochen.« Alle diese Ankündigungen manipulieren. Sie locken uns mit Dingen, die wir haben wollen, oder versprechen uns, das zu werden, was wir sein wollen.

Obwohl positiv, sprechen Wunschbotschaften am wirkungsvollsten diejenigen an, die über keine Disziplin verfügen, die nicht daran glauben, dass sie ohne Hilfe fähig sind, ihre Träume zu verwirklichen (was zeitweise aus verschiedensten Gründen auf jeden von uns zutrifft). Überspitzt könnte man sagen, dass wir uns mit einer Wunschbotschaft leicht dazu überreden lassen, Mitglied in einem Fitnesscenter zu werden, dass wir aber inspiriert sein müssen, um tatsächlich drei Mal in der Woche hinzugehen.

Wer ist anfällig für die Wunsch-Manipulation?

Wer einen gesunden Lebensstil hat und sich regelmäßig körperlich betätigt, spricht nicht an auf Slogans wie »In sechs Schritten zum Traumgewicht«. Anfällig sind vor allem diejenigen, die keinen gesunden Lebensstil haben. Es ist bekannt, dass viele Leute Diät um Diät testen, um eine Traumfigur zu bekommen. Aber egal, welche Diät sie wählen, immer wird betont, dass regelmäßige körperliche Bewegung und eine ausgewogene Ernährung die Ergebnisse verbessern.

Mit anderen Worten: Es braucht Disziplin. In jedem Januar, wenn wir versuchen, die guten Vorsätze fürs neue Jahr vom gesünderen Leben zu verwirklichen, nehmen die Einschreibungen in Fitnesscentern um zwölf Prozent zu. Aber nur ein Bruchteil der Fitnessbegeisterten besucht es auch noch am Ende des Jahres. Wunschbotschaften können ein bestimmtes Verhalten hervorrufen, doch es wird nicht von langer Dauer sein.

Wunschbotschaften im B2B-Bereich

Wunschbotschaften sind nicht nur am Konsumentenmarkt wirksam, sie funktionieren auch im B2B-Bereich. Große wie kleine Firmenmanager wollen erfolgreich sein; sie treffen Entscheidungen, stellen Berater an und implementieren Systeme, um das erwünschte Ziel zu erreichen. Nicht dass die Systeme schlecht wären, aber wir sind oft nicht in der Lage, sie konsequent umzusetzen. Ich kann hier aus eigener Erfahrung sprechen. Im Lauf der Jahre habe ich viele Systeme oder Abläufe implementiert, um den »Erfolg zu haben, den ich mir wünsche«, bin aber immer innerhalb von zwei Wochen wieder zu meinen alten Gewohnheiten zurückgekehrt.

Was ich mir wünsche, ist ein System, das Systeme vermeidet, die mir alle Wünsche erfüllen. Aber ich würde es wahrscheinlich nicht lange verwenden. Die kurzfristigen Antworten auf langfristige Wünsche sind auch in der Welt der Wirtschaft präsent. Eine Freundin von mir, ein Unternehmensberaterin, bekam von einem milliardenschweren Unternehmen den Auftrag, bei der Umsetzung von Zielen und Wünschen zu helfen. Das Problem war, dass die Manager bei allen Fragen die schnellere, billigere Lösung der besseren, langfristigen Lösung vorzogen, wie sie mir erklärte. Genauso wie notorische Diätkunden »hatten sie weder die Zeit noch das Geld, es gleich beim ersten Mal richtig zu machen«, sagte sie über ihren Kunden, »aber sie haben immer die Zeit und das Geld, alles noch einmal zu machen.«

5. Manipulation durch Gruppendruck

»Vier von fünf Zahnärzten empfehlen Trident«, wird in der Kaugummiwerbung getrommelt, um das Produkt schmackhaft zu machen. »Eine doppelt anonymisierte Studie an einer Top-Universität kam zum Ergebnis …«, heißt es in einer Info-Einschaltung. »Wenn das Produkt gut genug für Profis ist, dann ist es auch gut genug für dich«, geht die Werbeleier weiter. »Mit einer Million und mehr zufriedenen Kunden« wirbt eine andere Einschaltung. Da wird Gruppendruck aufgebaut.

Gruppenzwang erzeugt Ängste

Verkäufer behaupten, dass die Mehrheit der Bevölkerung oder eine Expertengruppe ihr Produkt vorzieht, und versuchen damit dem Käufer einzureden, dass ihre Produkte einfach besser sind. Der so ausgeübte Gruppendruck funktioniert, weil wir glauben, dass die Experten mehr wissen als wir. Gruppendruck funktioniert nicht, weil die Mehrheit oder der Experte immer Recht hat, sondern weil wir fürchten, dass wir selbst unrecht haben.

Manchmal wird Prominentenwerbung eingesetzt, um neben anderen Verkaufsargumenten Gruppendruck aufzubauen. »Wenn er das hat«, so die Suggestion, »dann muss es gut sein.« Das ist sinnvoll, wenn etwa Tiger Woods Golfprodukte von Nike oder Golfbälle von Titleist gutheißt. (Tatsächlich ist es auf den Deal mit Tiger Woods zurückzuführen, dass Nike in der Golfwelt Fuß fasste.) Aber Tiger bewirbt auch Autos von General Motors, Dienstleistungen im Bereich Management-Consulting, Kreditkarten, Lebensmittel und Tag-Heuer-Uhren, die »speziell für Golfer« entworfen wurden3 . Die Uhr weist übrigens eine Schockresistenz mit Maximalwert von 5 000-g auf, ein Schock, dem wohl eher der Golfball als der Golfspieler ausgesetzt ist. Aber Tiger wirbt dafür, also muss sie in Ordnung sein.

So funktioniert Werbung mit Testimonials und Prominenten

Die Werbung von Prominenten soll unsere Wünsche ansprechen und unsere Sehnsucht, so wie sie zu sein. Am klarsten zeigte das die Nike-Kampagne »Ich will wie Mike sein«4 , die Jugendlichen weismachen wollte, sie könnten wie Michael Jordan werden, wenn sie NikeProdukte verwenden würden. Bei vielen Prominentenwerbungen fällt es aber schwer, einen Zusammenhang zu erkennen. Sam Waterston, berühmt durch die TV-Serie »Law & Order«, bewirbt beispielsweise die Online-Verkaufsplattform TD Ameritrade. In seinem Fall ist nicht ganz klar, was ein Schauspieler, der damit bekannt geworden ist, dass er manische Mörder verurteilt, für die Marke wert ist. Es ist wohl seine »Vertrauenswürdigkeit«. Aber nicht nur die leicht zu beeindruckenden Jugendlichen sind Ziel von Gruppendruck.

Die meisten von uns wurden schon einmal von einem Verkäufer unter Druck gesetzt. Hat schon einmal ein Verkäufer versucht, Ihnen eine »Büro-Lösung« mit dem Argument zu verkaufen, dass 70 Prozent Ihrer Konkurrenz die Dienste seiner Firma in Anspruch nimmt, warum also nicht auch Sie? Aber könnte es nicht sein, dass 70 Prozent der Konkurrenz aus Dummköpfen besteht? Könnte es nicht sein, dass diesen 70 Prozent Anreize oder so niedrige Preis geboten wurden, dass sie der Versuchung einfach nicht widerstehen konnten? Dieses Verhalten hat nur ein Ziel: Kaufdruck zu erzeugen. Wir sollen den Eindruck gewinnen, dass uns etwas entgeht oder alle außer uns Bescheid wissen. Besser, man richtet sich nach der Mehrheit, nicht wahr?