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Sophia von Rundstedt leitet ein Unternehmen mit 300 Mitarbeitern und hat zwei Kinder. Ein Interview über alte Rollenmuster, Organisationsvermögen, das falsche Verhalten von Chefs und die richtige Entscheidung.

Sophia von Rundstedt leitet das Familienunternehmen von Rundstedt als CEO und alleinige Geschäftsführerin seit 2011. Sie arbeitete zunächst als Juristin für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, Mergers and Aquisitions sowie Private Equity-Transaktionen in einer internationalen Anwaltssozietät. 2003 stieg sie als Kundenbetreuerin ins väterliche Unternehmen ein und war dort u.a. Niederlassungsleiterin in Frankfurt und Mitglied des Geschäftsführungs- teams ihres Vaters, Eberhard von Rundstedt, bevor sie den Vorsitz übernahm.

Frau von Rundstedt, kürzlich wurde in einer Agentur ein Mitarbeiter entlassen, direkt nach der Rückkehr aus sechs Monaten Elternzeit. Ist das nun ein Fortschritt, dass es auch Männer trifft oder zeigt es eher, wie rückschrittlich Unternehmen sind?

Das zeigt vor allem, dass beide Seiten im Vorfeld nicht ausreichend miteinander kommuniziert haben.

Was hätte denn durch Kommunikation besser gemacht werden können?

Dann hätten Chef und Mitarbeiter gemeinsam eine informierte Entscheidung treffen können. Wenn es um die Elternzeit geht und darum, wie lange man sie nimmt, muss sich doch jeder, ob Mann oder Frau fragen: Was ist mir wichtig? Und welche Konsequenzen hat meine Entscheidung?

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Ist es mir zum Beispiel wichtig, im ersten Jahr rund um die Uhr bei meinem Kind zu sein? So wichtig, dass ich dafür in Kauf nehme, beruflich den Anschluss zu verpassen?

Man muss Unternehmen da auch verstehen, dass sie nicht einfach auf ihre Mitarbeiter verzichten können. In einem Jahr kann außerdem viel passieren. Da heißt es, gemeinsam abzuwägen und geeignete Modelle zu finden.

Ist das nicht etwas idealistisch gedacht? Die meisten Frauen würden doch ihren Kinderwunsch dem Chef gegenüber nie zugeben.

Ja, leider ist das Thema noch immer ein großes Tabu. Schuld daran sind auch die starren Gesetze, die wenig Flexibilität zulassen. Zum Beispiel dürfen Arbeitgeber ja aus Diskriminierungsgründen gar nicht nach dem Thema fragen, dabei ist es wichtig, um gemeinsam flexible Lösungen zu finden.

Ich denke da immer an eine Freundin, die in der Rechtsabteilung eines Pharmaunternehmens arbeitete. Als sie im vierten Monat Elternzeit war, kündigte ihr Chef. Das war für sie die Chance, diese Führungsposition zu übernehmen.

Also setzte sie sich mit ihren Vorgesetzten zusammen und fand folgende Lösung: An drei Tagen ging sie bereits um 14 Uhr, war dann aber abends zwischen 18 und 22 Uhr nochmal bei der Arbeit und erreichbar. An den zwei anderen Tagen kümmerte ihr Mann sich um das Kind.

Teilzeit war nicht möglich?

Teilzeit ist, wie Studien zeigen, häufig eine Karrierefalle. Ganz bis an die Spitze schafft man es eben nur mit überdurchschnittlichem Einsatz.

Allerdings bieten Führungspositionen auch wieder eine höhere Flexibilität und man kann seine Termine besser koordinieren. Nur in DAX-Vorständen ist es dann wieder anders.

Apropos DAX-Unternehmen: Sind Sie für oder gegen die Frauenquote?

Unbedingt dafür. Es muss sich auch gesellschaftlich noch einiges verändern und dazu brauchen wir weibliche Rollenvorbilder in Schlüsselpositionen.

Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter: Es sollte nicht nur eine Quote für Aufsichtsräte geben, sondern auch für die Vorstände, die ja direkt die Unternehmen steuern.

Laut einer aktuellen US-Studie scheitern Frauenkarrieren häufig an Chefs und Rollenmustern…

Es gibt da ja den schönen und leider passenden Spruch: Mitarbeiter kommen zu Unternehmen, aber sie verlassen Chefs.

Tatsächlich sollten sich Vorgesetzte aktiv darum kümmern, wie sie die Stärken ihrer Mitarbeiter fördern können, das wird oft versäumt.

Umgekehrt ist aber auch der Mitarbeiter gefragt, seine Stärken und Ziele aktiv zu äußern. Ohne mich wiederholen zu wollen: Ein ständiger Dialog ist wichtig. Und der Mut, sich gegebenenfalls einen neuen Job zu suchen, wenn die Rahmenbedingungen nicht mehr stimmen.

Sie selbst haben zwei Kinder und leiten ein Unternehmen mit 300 Mitarbeitern – wie bekommen Sie das unter einen Hut?

Das ist vor allem eine Frage der Organisation: Meine Reisetätigkeit beschränkt sich zum Beispiel auf Deutschland und ich halte mich an die Regel, nicht mehr als zwei Nächte pro Woche weg zu sein. Da mein Partner ebenfalls ein Unternehmen führt, müssen wir hier Kompromisse finden.

Wir haben mit einer Kita gute Erfahrungen gemacht, zusätzlich hatten wir eine 450-Euro-Kraft für den Haushalt und Aupair-Mädchen. Das heißt natürlich auch, Vertrauen haben und Arbeit abgeben. Und man muss auch Abstriche im Haushalt machen.

Nun ist nicht jeder Ehepartner zu Kompromissen bereit…

Das ist natürlich ein ständiger Balanceakt und gerade als Frau muss man seinen Partner immer wieder aufs Neue überzeugen. Das ist auch für mich seit 10 Jahren ein ständiges Ringen.

Und das Pendel ist ja nie ganz in der Mitte sondern schwingt je nach Lebensphase mal in die eine oder andere Richtung mehr aus. Wenn aber ein Partner gar nicht zu Kompromissen bereit ist, sollte man sich als Frau oder auch als Mann überlegen, inwieweit die Beziehung trägt.

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70 Prozent Ihrer Mitarbeiter sind weiblich. Sind Schwangerschaften für Unternehmen nicht auch ein Kostenfaktor?

Natürlich kostet es etwas mehr, wenn Mitarbeiterinnen aufgrund von Schwangerschaften ausfallen. Aber man darf auch den Vorteil nicht vergessen: Indem man sich um seine Mitarbeiter kümmert, bindet man sie umso stärker an das Unternehmen.

Wenn mir eine Mitarbeiterin von einer Schwangerschaft berichtet, setzen wir uns zusammen und finden eine Lösung. Natürlich muss man auch damit rechnen, dass es zum Beispiel mit dem Kita-Platz nicht ganz optimal klappt, dann muss man nachjustieren.

Kinderbetreuung ist ja auch nicht billig. Können sich nur Managerinnen Kinder leisten?

Es kommt ja immer darauf an, von wem wir sprechen. Vor allem Akademikerinnen sollten ihre langfristigen Ziele im Auge behalten: Es mag sein, dass in den ersten Jahren das Gehalt sogar durch die Kinderbetreuung ganz aufgefressen wird. Doch der Wiedereinstieg in den Beruf wird deutlich schwerer, je später er erfolgt..

Hinzu kommt, dass ja mit der Zeit die Kosten für die Kinderbetreuung sinken, gleichzeitig kommt man mit der Karriere voran und verdient mehr Geld – beruflich am Ball zu bleiben, zahlt sich also aus und es stimmt daher nicht, dass sich nur Managerinnen Kinder leisten können: Man muss das immer langfristig kalkulieren.

Ist Rabenmutter für Sie ein Schimpfwort?

Natürlich kenne ich solche Vorurteile auch persönlich. Da braucht man ein dickes Fell. Ich bin im Netzwerk Working Moms e.V. mit vielen tollen Frauen vernetzt – und da lachen wir gemeinsam über solche Sprüche. Wenn mir mein Beruf Freude macht, strahlt das doch auch auf Kinder und Partner ab.

Das Problem ist doch viel eher, dass Frauen in allem perfekt sein wollen: Als Geliebte, Mutter, Ehefrau und im Job – und das funktioniert einfach nicht. Viel wichtiger ist doch, dass im Großen und Ganzen alles in Balance ist, selbst wenn mal hier und da etwas schief läuft.

Da helfen Rollenvorbilder und solche Netzwerke, in denen man sich mit Gleichgesinnten über Tipps in allen Lebenslagen austauschen kann. Das wird oft unterschätzt. Ohnehin glaube ich, dass gerade ein Paradigmenwechsel stattfindet: Von den um die 30-Jährigen, die ich kenne, will jedenfalls keine aufhören zu arbeiten, wenn der Nachwuchs da ist.


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