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Offenlegung & Urheberrechte: Bildmaterial erstellt im Rahmen einer kostenlosen Kooperation mit Shutterstock. Text ursprünglich aus: „Menschen entschlüsseln: Ein Kriminalpsychologe erklärt, wie man spezielle Analyse- und Profilingtechniken im Alltag nutzt“ (2015), erschienen bei Münchener Verlagsgruppe (MVG), Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags.
Von Dr. Jens Hoffmann (Mehr) • Zuletzt aktualisiert am 14.01.2024 • Zuerst veröffentlicht am 07.03.2016 • Bisher 7147 Leser, 1210 Social-Media-Shares Likes & Reviews (5/5) • Kommentare lesen & schreiben
Ein wichtiges Thema bei der Beschäftigung mit Lüge und Wahrheit ist die Körpersprache – ein Bereich, der in der realen Fallarbeit sehr wichtig ist. Auch FBI-Agenten gehen so vor.
Will ich einschätzen, ob eine Person die Wahrheit sagt, sollte ich
darauf achten, dass ich ihr ein gutes Setting gebe, also ein Umfeld,
in dem sie sich wohlfühlt und in dem sie tatsächlich anfängt, Dinge
zu berichten. Hat sie erst einmal mit dem Erzählen begonnen,
kann dies dazu führen, dass sie Sachen verrät, über die sie zuvor
geschwiegen hatte.
Bei der Wahl des Gesprächssettings ist auch der Persönlichkeitsstil
des Menschen zu berücksichtigen. Handelt es sich um eine
womöglich narzisstisch geprägte Person, kann es vorteilhaft sein,
ihr das Gefühl zu geben, sie sei etwas ganz Besonderes.
Ich habe kürzlich ein solches Gespräch mit einem jungen Mann geführt, der
im Verdacht stand, in seinem Unternehmen anonyme Schreiben an
Kollegen verschickt zu haben. Er berichtete sehr schnell davon,
dass er bereits im Alter von 22 Jahren selbständig eine Filiale
seines Arbeitgebers leitete – worauf ich bewusst antwortete, dass
das ja eine ausgesprochen beeindruckende Leistung sei.
Damit erfüllte ich bewusst die narzisstischen Bedürfnisse des Mannes.
Bauchgepinselt begann er, mir Dinge zu erzählen, bei denen er
sich unbeabsichtigt als Verfasser der anonymen Briefe verriet. Sein
Fehler war, dass er in seinem narzisstischen Höhenflug Details
nannte, die nur der Verfasser der verleumderischen Schreiben wissen
konnte. Bei einer anderen Herangehensweise wäre es möglicherweise
nicht gelungen, den jungen Mann so weit zu bringen, sich ungewollt zu verraten.
Denn wir Menschen sind sehr gut darauf gepolt, unseren Gesichtsausdruck zu kontrollieren, doch was wir mit unseren Armen oder Beinen machen, kontrollieren
wir in der Regel nicht so gut.
Ein nettes Beispiel hierfür ist das Phänomen der sogenannten happy feet. Damit ist ein entspanntes Wippen der Füße gemeint als Ausdruck von Freude. Würde man
bei einer Kartenrunde beispielsweise bei einem Gegenspieler so
ein freudiges Wippen erkennen, dann ist Vorsicht geboten, denn er
hält vermutlich ein gutes Blatt.
Um dies zu beobachten, muss man nicht einmal unter dem Tisch nachschauen. Sobald die Füße sich so freudig hin- und herbewegen, überträgt sich das auf den Oberkörper,
und das lässt sich besonders an der mitschwingenden Kleidung
gut erkennen.
Aber nicht nur beim Spiel sind die happy feet vorzufinden. Bemerkt man in Gesprächen oder Verhandlungen auf einmal, dass jemand mit dieser Bewegung der Füße anfängt und
vergnügt weiterwippt, dann signalisiert er damit unbewusst, dass er sich gerade wohlfühlt.
Man weiß mittlerweile, dass es in der Gestik Wahrheitssignale
gibt, die sogenannten Illustratoren. Wenn ich etwa das Gesagte mit
willkürlichen und damit nicht bewusst gesteuerten Gesten meiner
Hände unterstreiche, spricht das dafür, dass ich mich wohlfühle –
und dass ich die Dinge so sage, wie sie tatsächlich sind.
Ebenfalls unbewusst wird aber auch ein anderer Typ von Gesten
ausgeführt: die Adaptoren. Mit ihnen versuchen wir, unsere Emotionen
zu regulieren. Ein Beispiel wäre ein Griff ans Ohrläppchen,
mit dem wir uns zu beruhigen versuchen.
Wird eine solche Geste gezeigt, kann sie ein Signal sein, dass eine
Person sich unwohl fühlt, obwohl sie mit ihrem Gesicht vielleicht
weiterhin Souveränität vorspielen will.
Viele Faktoren sind dabei dynamisch, sie lassen sich also an der
Veränderung erkennen, die im Laufe einer Situation erfolgt. Eine
unterstreichende Gestik spricht also für eine gewisse Wahrhaftigkeit,
kommt es aber zu einem Wechsel, und der Mensch beginnt
damit, sich zu beruhigen, oder erstarrt gar, kann das eben darauf
hinweisen, dass „da etwas ist“.
Dabei sagt eine solche Veränderung natürlich nicht automatisch, dass diese Person lügt. Aber sie zeigt, dass es innerhalb des behandelten Themenbereichs etwas gibt, das
der Person unangenehm ist und ein weiteres Nachfragen ratsam
macht.
Damit verbunden ist eine weitere Grundregel menschlichen Verhaltens:
Sehen wir uns einer Gefahr ausgesetzt, haben wir drei unterschiedliche
Reaktionsmöglichkeiten. Die erste ist die Fluchtreaktion,
die zweite ist die Kampfreaktion und die dritte Reaktion
zeigt sich in einem Erstarren, was oftmals einen Totstellreflex darstellt.
Auch wenn wir uns in einem Gespräch bedroht fühlen, kann
dies dazu führen, dass wir eine dieser Reaktionen mit unseren Extremitäten
zeigen.
Wenn eine Person während eines Gesprächs plötzlich wie erstarrt wirkt, kann es sein, dass sie die Situation in diesem Moment als bedrohlich empfindet. Ähnlich sieht es aus, wenn die Füße plötzlich in eine Fluchtrichtung bewegt werden – wenn eine Person also aus einer entspannten Sitzhaltung dazu übergeht, etwa Unterschenkel und Füße nach hinten unter den Stuhl zu ziehen, sich dazu vielleicht noch mit den Händen auf der Sitzfläche abstützt. Die Fußhaltung nimmt demnach unsere Verhaltenstendenz vorweg und signalisiert hier ein „Ich will hier weg“.
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Dr. Jens Hoffmann ist Kriminalpsychologe und Experte für Profiling. Er leitet das Institut für Psychologie und Bedrohungsmanagement (I:P:Bm) und ist einer der Geschäftsführer des „Team Psychologie und Sicherheit“, einem Verbund von Kriminal- und ehemaligen Polizeipsychologen, die Unternehmen, Behörden und Personen des öffentlichen Lebens zum Thema Sicherheit beraten. Im Juni 2002 wurde er von EUROPOL in die Experten-Datenbank für europäische Polizeikräfte aufgenommen. Alle Texte von Dr. Jens Hoffmann.
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