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Offenlegung & Urheberrechte: Sie finden bei uns Statements & Interviews von und mit Prominenten & wichtigen Persönlichkeiten – darunter Hollywoodstars, Ex-Regierungschefs & Manager. Das Bildmaterial wurde vom jeweiligen Meinungsgeber zur Verfügung gestellt. Text ursprünglich aus: “E-Commerce-Strategien für produzierende Unternehmen: Mit stationären Handelsstrukturen am Wachstum partizipieren” (2014), erschienen bei Springer Gabler Verlag, Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags.
Von Markus Fost (Mehr) • Zuletzt aktualisiert am 22.07.2024 • Zuerst veröffentlicht am 16.10.2014 • Bisher 4578 Leser, 1292 Social-Media-Shares Likes & Reviews (5/5) • Kommentare lesen & schreiben
Prof. Dr. Gerrit Heinemann leitet das eWeb-Research-Center an der Hochschule Niederrhein lehrt die Fächer Betriebswirtschaftslehre, Management und Handel lehrt. Im vierten und letzten Teil des Interviews geht es um kooperative Geschäftsmodelle im E-Commerce.
Heinemann studierte Betriebswirtschaftslehre in Münster und promovierte als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Marketing bei Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Heribert Meffert. Er begann seine außeruniversitäre Laufbahn als Zentralbereichsleiter für Marketing bei der Douglas Holding AG, bevor er zur Kaufhof Warenhaus AG wechselte, dort ein Trainee-Programm nachholte und anschließend Warenhausgeschäftsführer wurde. Als Zentralgeschäftsführer der Drospa Holding kehrte er zurück zur Douglas-Gruppe, wechselte dann zur internationalen Unternehmensberatung Droege und Comp. und führte dort das “Competence Center Handel und Konsumgüter”. 2005 erhielt Heinemann einen Ruf an die Hochschule Niederrhein. Er ist Autor mehrerer Fachbuch-Bestseller zu E-Commerce-Themen und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der buch.de internetstores AG.
Dies hängt meiner Einschätzung nach primär von der Markenstärke eines Herstellers ab. Wenn die Marke stark genug ist, kann es auch am risikolosesten sein, nicht auf den Handel zu hören. Letztlich stellt es auch ein Risiko dar, aufgrund der zu starken Einbindung des Handels zu einer Kompromisslösung zu gelangen, welche kontraproduktiv ist.
Das Thema E-Commerce verlangt eine kompromisslose Kanalexzellenz. Überall wo Händler integriert worden sind (z. B. in Verbundgruppenmodelle), führen die Kompromisse dazu, dass die Kanalexzellenz konterkariert wird und das Konzept dadurch eine Totgeburt wird.
Aus meiner Sicht ist die Kritik der Händler nicht das größte Risiko, sondern ich sehe vielmehr die Kompromisslösungen, die ein Hersteller aus Rücksicht auf den Handel eingeht, als das viel größere Risiko. Die Händler zu fragen, kann im Zweifel auch ein großes Risiko sein, denn im Zweifel verstehen die nicht viel von E-Commerce.
Hier empfehle ich, in Stufenmodellen zu arbeiten. Der Vorteil in Branchen mit niedrigem Reifegrad ist, dass die Entwicklungsgeschwindigkeit im E-Commerce wesentlich geringer ist als in onlineaffinen Branchen wie Büchern, Reisen oder Elektronik.
Daher empfiehlt sich auch für Branchen mit einem niedrigen E-Commerce-Reifegrad eine multioptionale Lösung, mittels welcher man sich bestmöglich auf die zukünftige Entwicklung vorbereitet.
Darauf habe ich ja eingang schon geantwortet. Das hängt meiner Einschätzung nach primär von der Markenstärke eines Herstellers ab.
Mit einem Blick über den Teich in die USA können wir am Beispiel Macy`s sehen: Macy`s hatte bis 2008 einen Sturzflug – ähnlich wie Karstadt und Co. – erfahren. Durch eine konsequente Mobilisierung aller Investitionsmittel ist es Macy`s mit einer radikalen Lösung gelungen, alle Vertriebskanäle miteinander zu verschmelzen und eine No-Line-Lösung aufzubauen.
Mit einem hochprofitablen Wachstum ist Macy`s glänzend aus der Krise hervorgegangen und heute exzellent in allen Kanälen positioniert. Damit hat Macy`s das Warenhaus neu erfunden. Eine solche Strategie gilt es, auf Markenhersteller zu adaptieren, um besonders erfolgreich sein zu können.
Die größte Herausforderung ist es heute, eine Investitionsentscheidung in der notwendigen E-Commerce-IT-Landschaft zu treffen, welche die notwendige Funktionalität der nächsten Jahre abbilden muss. Auch wenn diese Investitionen gestuft sind, ist es das größte Risiko für Markenhersteller, hier auf das falsche Pferd zu setzen.
Die meisten Hersteller haben für derartige Investitionen nur einen Schuss frei. Bei Macy`s hat dieser Schuss gesessen, bei JC Penny hingegen nicht, weshalb sich dieser US-Einzelhändler in der Restrukturierung befindet. Etliche Markenhersteller mussten aufgrund der falschen E-Commerce-Systementscheidung saniert werden.
Hierbei ist es elementar, dass sich Markenhersteller für die richtigen Dienstleister entscheiden, um nicht am Ende mit falsch dimensionierten Lösungen und langfristigen Verträgen den Break-Even nicht mehr zu erreichen.
Aus meiner Sicht ist es am wichtigsten, sich die richtigen Kompetenzen in der richtigen Dosierung ins Haus zu holen. Hierbei sollten produzierende Unternehmen darauf achten, sich reine E-Commerce Spezialisten ins Haus zu holen, und von großen Beratungsgesellschaften, die unter anderem auch E-Commerce-Consulting-Dienstleistungen anbieten, eher Abstand nehmen.
Hier empfiehlt sich immer eine kombinierte, multioptionale Lösung, um für alle denkbaren Varianten, die man heute noch nicht vorhersehen kann, “warmgelaufen” zu sein. Die multioptionale Lösung soll händlerverträglich sein, jedoch muss ein Hersteller auch in der Lage sein, den Hebel rasch auf alternative Absatzkanäle umzulegen.
Letztlich entscheidet der Endkunde, welchen Beschaffungskanal er wählen möchte. Wenn sich also ein Endkunde bewusst dafür entscheidet, das Produkt über den Online-Shop des Herstellers zu kaufen, dann hätte er das Produkt nicht im Handel gekauft.
Letztendlich partizipiert der Händler in einem kooperativen E-Commerce-Modell trotzdem an dem Online-Kauf, indem er eine Provision erhält. Der Vorteil der Hersteller liegt darin, dass der Partizipationsgrad des Handels in einem kooperativen E-Commerce-Modell jederzeit angepasst werden kann, da der Hersteller sämtliche Prozesse bereits selbst ausführt.
Ein solches “Flexible Response” Modell stellt aus meiner Sicht die risikoärmste Form eines E-Commerce-Modells dar, um auf die unsichere Zukunft möglichst gut vorbereitet zu sein.
Richtig, mit dieser These bin ich absolut d’accord.
Hier teile ich die Meinung von Herrn Diekmann und stehe im ständigen Austausch mit ihm in Bezug auf IT-Landschaften.
Richtig. Suchmaschinen werden jedoch auch zunehmend von anderen Modellen abgelöst, die man auf dem Schirm haben sollte. Für die Produktsuche werden anstatt Suchmaschinen wie Google zunehmend Portale wie Amazon eingesetzt. Zudem muss berücksichtigt werden, dass Kunden, welche die Marke kennen, gezielt die Herstellerwebseite aufrufen.
Deswegen sollte diese heutzutage ein Flagshipstore sein. Untersuchungen zeigten, dass die Herstellerwebseite ähnlich häufig wie Suchmaschinen zur Produktsuche verwendet wird.
Dies ist nicht so teuer, jedoch genauso wichtig, was häufig vernachlässigt wird. Markenhersteller haben immer eine organische Suche jenseits der Suchmaschine. Je besser und optimierter die Webseite eines Herstellers konzipiert und SEO-optimiert ist, desto besser ist auch das Suchmaschinenranking, ohne dass SEM-Investitionen erfolgen müssen.
Ohne ein SEO-Spezialist zu sein, ist es wichtig, dass sämtlicher Content, unerheblich ob dieser für Printmedien oder das Internet erstellt wurde, SEO-optimiert erfolgt.
Häufig werden auch gedruckte Flyer elektronisch archiviert und in das Internet gestellt. Die Mühe lohnt sich also, generell einen SEO-Spezialisten zur Optimierung der Texte einzusetzen.
Sehe ich genauso. Wenngleich dies auch abhängig vom E-Commerce-Reifegrad des Unternehmens ist. In der höchsten Evolutionsstufe der digitalen Reife ist es möglich und auch sinnvoll, wieder zusammenzugehen.
Richtig, Amazon bietet die größten Umsatzchancen, allerdings auch die größten Risiken bis hin zu einer faktischen Abhängigkeit, die in zahlreichen Branchen schon allgegenwärtig ist. Pure-Player bzw. Marktplätze sehe ich nicht als das wichtigste Element einer E-Commerce-Strategie.
Ich würde jedoch sagen, dass die Einschätzung über den richtigen Umgang mit Portalen und Marktplätzen ein sehr wichtiges Element jeder E-Commerce-Strategie für eine Marke sein sollte.
Dies geht jedoch über reine Pure-Play-Konzepte hinaus. Hier kann ein Markenhersteller ggf. mit Wettbewerbern erwägen, als Option einen eigenen Marktplatz zu gründen. Aktuell tut dies jedoch noch kein Hersteller, da ein solches Modell einen hohen E-Commerce-Reifegrad voraussetzt.
Hinsichtlich Amazon empfehle ich eine kontrollierte Zusammenarbeit, in welcher der Hersteller die Intensität bestimmt. Wichtig ist, dass Hersteller sich der Gefahren durch Amazon bewusst sind und wissen, wie damit umzugehen ist.
eBay halte ich für einen geeigneten Marktplatz für Markenhersteller, da eBay stark in die Richtung Markenshops expandiert und Preiserosionen dort nicht im Fokus stehen werden. Obwohl der Aufwand, auf eBay zu verkaufen, im Vergleich zu Amazon höher ist, sehe ich eBay-Markenshops als absolut empfehlenswerte Plattform für Hersteller und Markenanbieter.
Sehe ich genauso.
Hier empfehle ich Herstellern mit genügend Selbstbewusstsein, proaktiv auf das Thema E-Commerce zuzugehen. Darüber hinaus ist dies auch ein Test für die Stärke einer Marke. Der Hersteller sollte im E-Commerce-Terrain die Führung übernehmen und den Handel dabei unterstützen. Keinesfalls sollte sich ein Hersteller auf die E-Commerce-Kompetenz seiner Händler verlassen.
Hinsichtlich möglicher Sanktionen für E-Commerce-Strategien der Hersteller zeigt mir die Erfahrung, dass die Ängste der Hersteller häufig nicht berechtigt waren. Wichtig ist es, dass der Hersteller die E-Commerce-Strategie gegenüber dem Handel offen kommuniziert. Hier empfiehlt es sich als Hersteller, dem Handel eine beratungsorientierte Information zur E-Commerce-Strategie zu geben.
E-Commerce ist und bleibt Chefsache. Insofern muss die Abteilung direkt der Geschäftsleitung unterstellt sein. Einige Unternehmen beginnen bereits damit, das Vorstandsressort E-Commerce zu schaffen.
Absolut d’accord. Zu dieser These stimme ich Ihnen 100 % zu.
Sinnvoll ist eine multioptionale Lösung, welche verschiedene, komplexe Distributionsformen von eigenem Retailing bis hin zu Verbundlösungen mit dem (Groß-)Handel ermöglicht. Wichtig hierbei ist, dass eine solche Option auch das Thema Internationalität berücksichtigt und Anbindungen an Marktplätze ermöglicht.
Stark im Kommen sind auch interaktive Plattformen als zusätzliche Absatzkanäle, die weit über die Funktionalität der bisherigen Marktplätze hinausgehen. Plattformen wie DaWanda und etsy.com rüsten massiv auf, sodass davon auszugehen ist, dass in Zukunft Alternativen zu Amazon und eBay bestehen werden.
Diese sogenannte Reintermediation, d. h. die Neuerfindung von Intermediären im digitalen Bereich, wird dazu führen, dass traditionelle intermediäre Händler und Fachhändler zunehmend ersetzt werden. Daher ist es wichtig, dass Hersteller diese Tatsache in ihrer E-Commerce-Strategie berücksichtigen. Von radikalen Outsourcinglösungen, wie z. B. der Auslagerung eines exklusiven Markenshops an den Handel, rate ich ab.
Richtig, allerdings resultieren die Probleme vielmehr daraus, dass Hersteller am Anfang falsche Weichenstellungen vorgenommen haben, die über selektivere und kontrollierte Absatzwege hätten verhindert werden können. Dies im Nachhinein auszugleichen, gestaltet sich jedoch schwierig.
Hier empfehle ich eine stärkere Kontrolle im Absatzkanal, was zu selektiveren Distributionsmodellen führt. Es gibt auch Marktplätze bzw. marktplatzähnliche Modelle, die diese Kontrolle zulassen, weil sie geschlossen sind.
Das Partnermodell von Zalando oder auch der eBay-Markenshop sind markenverträgliche Plattformlösungen, bei denen Preisverhau nicht allgegenwärtig ist. Amazon hingegen nutzt die Preisaggressivität bei Markenartikeln egoistisch, um damit auch mehr Frequenz für Eigensortimente zu schaffen.
Künftig wird es im Bereich der Marktplätze noch sehr viel differenziertere Modelle geben. Markenanbietern würde ich raten, eher Dinge sein zu lassen, bevor man eine zu schnelle, unüberlegte Partnerschaft eingeht. Vor allem in Bezug auf Marktplätze sind Pricingstrategien irreversibel.
Richtig, allerdings ist der erhöhte Preis- und Margendruck häufig selbst verschuldet, da vielen Herstellern und deren Händlern der Einfallsreichtum fehlt, sich über andere Kriterien als über den Preis zu differenzieren. Aus meiner Sicht haben es manche Marken überhaupt nicht nötig, sich über den Preis zu differenzieren.
Leider differenziert sich der Handel häufig über den Preis und nimmt die Haltung ein, dass der Preis im Internet niedriger sein muss als stationär. Dies muss jedoch gar nicht sein. Ich empfehle dem Handel, die Vorteile, die das Online-Shopping hat, herauszustellen.
Schließlich hat der Kunde dadurch eine Zeitersparnis durch geringere Lieferkosten, als wenn er in die Stadt fahren muss. Beispielsweise hat Amazon es im Büchersegment trotz Preisbindung geschafft, die gesamte Branche neu aufzurollen. Jeder Buchhändler kann analog zu Amazon auf Sortimentsgroßhändler, die unmittelbar liefern können, zugreifen. Insofern wäre es auch anderen Händlern möglich gewesen, ein ähnliches Konzept wie Amazon auf die Beine zu stellen.
Ich glaube, dass es schwierig ist, ein solches selektives System nachträglich einzuziehen. Auch adidas hat den Vertrieb auf Marktplätzen zu lange ausufern lassen und versucht, dies nun zu beheben. Jedoch wird auch ein selektives Vertriebssystem nicht per se, sondern nur unter bestimmten Voraussetzungen funktionieren.
Viele Hersteller verstehen bis heute nicht, wie der moderne Kunde tickt. Der Kunde hat durch das mobile Internet die totale Markttransparenz, was dazu führt, dass er Preisvergleiche durchführen kann. Der moderne Kunde möchte künftig selbst bestimmen, ob er eine Beratung im Handel beanspruchen möchte, und ist nur noch bereit dafür zu bezahlen, wenn er sich aktiv dafür entschieden hat. Daher ist es meiner Einschätzung nach erforderlich, dass der Handel und auch die Hersteller ihre Geschäftsmodelle neu bewerten.
Die qualitativen Anforderungen an eine optionale Beratungsleistung, die monetär vergütet wird, werden massiv steigen. Künftige Geschäftsmodelle sollten die Anforderungen der Konsumenten berücksichtigen, indem sie den Kunden die Produkte vergünstigt, ohne Beratung anbieten und sich die optionale Beratung monetär vergüten lassen. Auch ein selektives Vertriebsmodell wird sich nur dann durchsetzen können, wenn dadurch ein echter Vorteil für den Kunden geschaffen wird. Dies sehe ich bei vielen selektiven Vertriebsmodellen nicht.”
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Markus Fost ist Gewinner des Vendor Awards und im Business Development sowie als Referent des Vorstandes bei metabo tätig.Markus Fost, B.A. cand. MBA, geboren 1984, studierte Betriebswirtschaftslehre an der HfWU Nürtingen-Geislingen. In seiner beruflichen Tätigkeit für namhafte Industrieunternehmen und Beratungsgesellschaften konnte er umfangreiche Erfahrungen im E-Commerce Bereich sammeln. Markus war insgesamt neun Jahre bei der Graupner GmbH und Co. KG beschäftigt, zuletzt im Jahr 2009 – 2010 als Kaufmännischer Leiter/CFO. Im Jahr 2009 wurde ihm der Vendor Award Aufsteiger des Jahres von Amazon.de im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Graupner GmbH und Co. KG verliehen. Derzeit ist Markus Fost beim Elektrowerkzeughersteller metabo im Business Development und als Referent des Vorstandsvorsitzenden (CEO), sowie des Finanzvorstandes (CFO) tätig. Mehr Informationen unter www.all-ecommerce.de Alle Texte von Markus Fost.
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