Frauen und vor allem Mütter in Führungspositionen bzw. die Vereinbarkeit von Kind und Karriere ist nach wie vor ein Thema an dem sich die Geister scheiden.

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Duale Karriere – Beide Partner sollten ihre beruflichen Ziele verwirklichen

Ein wichtiger Knackpunkt beim Thema Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist, dass beide Partner auch ihre beruflichen Ziele verwirklichen können, selbst wenn sie Kinder haben. Genau das scheint in Deutschland noch immer ein Problem zu sein, wie die jährliche von der Initiative Chefsache beauftragten Innofact-Befragung unter 1.000 Führungskräften und angehenden Führungskräften in Deutschland zeigt.

Fast zwei Drittel der Befragten mit Kindern (63 Prozent) empfinden es als schwierig oder sehr schwierig, dass beide Partner ihre Berufswünsche verwirklichen können. Für Paare ohne Kinder ist das offenbar unproblematisch: Nur neun Prozent der Kinderlosen schätzen ihre Doppelkarrieren als schwierig ein.

Gesellschaftliche Rahmenbedingungen schwierig

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Insbesondere die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen scheinen Doppelkarrieren zu verhindern, indem sie zu wenig Spielraum für flexible Rollenmodelle lassen. So wünschen sich 65 Prozent der Führungskräfte mehr Akzeptanz für zwei vollbeschäftigte Elternteile. Eine Vollzeitbeschäftigung bei Müttern wird in der Mehrheit ebenso kritisch gesehen wie eine Teilzeitbeschäftigung bei Vätern.

Zwar geben 57 Prozent der befragten Führungskräfte an, es sei gesellschaftlich akzeptiert, wenn beide Elternteile arbeiten. Aber weniger als ein Viertel (23 Prozent) ist der Ansicht, dass es gesellschaftlich akzeptiert ist, wenn nur die Mutter in Vollzeit arbeitet, bei Vätern sind es 76 Prozent.

Siemens-Personalvorständin Janina Kugel: Der Rabenmutter-Komplex?

Siemens Personalvorständin Janina Kugel kennt die Hindernisse, die sich arbeitenden Müttern in den Weg stellen, aus eigener Erfahrung, wie sie bei der Vorstellung Chancen-Reports bekundete: „Fragen Sie mich nicht, wie oft ich als Rabenmutter bezeichnet wurde“, sagte Kugel bei Ihrer Begrüßungsrede zur jährlichen Chefsache-Konferenz. Kugel hatte nach der Geburt ihrer Kinder relativ schnell wieder angefangen zu arbeiten „natürlich weil ich wusste, dass ich bei zu langer Abwesenheit raus aus dem Job bin“, wie sie zugab.

Die vollständige Gleichberechtigung und Chancengerechtigkeit der Geschlechter ist ihr daher heute ein Anliegen, doch die sieht sie nur dann erreicht, wenn beide Partner ihre jeweiligen Karriereziele verfolgen können und nicht, wie das heute oft der Fall wäre, Frauen durch Kinder finanzielle Einbußen, Stichwort Teilzeitfalle, in Kauf nehmen müssen. Daher können Siemens-Mitarbeiterinnen der Personalvorständin eine eMail schicken, wenn ihnen ihr Vorgesetzter nicht genügend Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung lässt. Das wirke, denn „Glauben Sie mir, diesen Anruf vom Vorstand möchte keine Führungskraft bekommen.“

Bundesverteidigungsministerin Ursula van der Leyen: Unterstützende Strukturen schaffen

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Auch Bundesverteidigungsministerin Ursula van der Leyen weiß, wie wichtig die richtigen Strukturen und Helfer sind um das Thema Gleichberechtigung voranzutreiben. Bei ihrer ersten Schwangerschaft musste sie sich als junge Ärztin im Krankenhaus anhören, dass es ja schade sei, sie als Arbeitskraft zu verlieren. Es sei dann ihr Chefarzt gewesen, der sie motiviert habe, gezielt auf den beruflichen Wiedereinstieg hinzuarheiten, indem er ein Jahr lang die Stelle für sie aufhob.

Beim zweiten Kind sei sie kurz vor dem Burnout gewesen, damals habe ihr eine der wenigen Frauenbeauftragten ein Jobsharing angeboten. Beim dritten Kind schließlich sei sie an der Universität Standford zum ersten mal mit dem Thema Duale Karriere in Berührung gekommen. „Die Hochschule hatte erkannt, dass sie nur dann kluge Köpfe anzieht, wenn sie beiden Partnern eine Perspektive bietet. Daher wird zwar Leistung im Beruf verlangt, aber auch darauf geschaut, dass sich beide Partnergleichermaßen um ihre Kinder kümmern.“ Es sind nicht zuletzt solche Erfahrungen, die der Bundesverteidigungsministerin zeigten, wie wichtig ein ermutigendes Umfeld ist – und genau das möchte sie auch politisch umsetzen.

Unconscious Bias in der Männerdomäne

Dabei sprach van der Leyen auch selbstkritisch über die Männerdomäne Bundeswehr „Wir verlieren junge Frauen, weil ihre Vorgesetzten ihnen nicht zutrauen, Generalin zu werden und sie nicht entsprechend fördern. Den Offizieren ist das häufig gar nicht bewusst und sie sind dann sehr erstaunt, wenn wir sie darauf aufmerksam machen“, verdeutlichte van der Leyen, was wohl für viele Unternehmen gilt:

Die unbewussten Vorurteile, die sogenannte Unconscious Bias, erschwert in vielen Fällen eine objektive Leistungsbeurteilung. „Daher sollten Vorgesetzte genau belegen müssen, wen sie fördern wollen und warum“. Duale Karrieren zu fördern läge auch im Interesse der Unternehmen, die sonst Gefahr laufen, gut ausgebildete Fachkräfte zu verlieren: „Auch qualifizierte junge Männer wollen nicht in Angestaubten Unternehmen arbeiten. Und am Ende geht es auch darum, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen. Dabei müssen alle gemeinsam zusammen arbeiten: Die Politik, die Unternehmen und jeder für sich persönlich“

Doch das umzusetzen, ist für den Einzelnen leider nicht so ganz einfach: Kita-Plätze und flexible Arbeitszeit-Modelle, die es Frauen und Männern ermöglichen, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren sind noch oft Mangelware. Und mal davon abgesehen, dass Teilzeit oder auch nur früh nach Hause gehen in vielen Branchen und Unternehmen nicht gerade karrierefördernd ist und nicht umsonst die Quote für mehr Frauen in Führungspositionen diskutiert wird: Deutsch ist wahrscheinlich die einzige Sprache, die das Wort “Rabenmutter” kennt.

Frauen arbeiten: In anderen Ländern längst normal

Während es in anderen Ländern völlig normal ist, dass Mütter berufstätig sind, werden deutsche Mütter dafür schief angeschaut – vom Chef, von Kollegen, anderen Müttern oder der eigenen Familie. Ich erinnere mich, wie irritiert eine brasilianische Kollegin war, als ich sie fragte, wie sie mit zwei Kindern ihren Job als Reisejournalistin hinbekäme.

Es sei ganz normal, dass Frauen in Brasilien arbeiten, gab sie zur Antwort. Und ich erinnere mich an das anonyme Buch einer deutschen Top-Managerin und Mutter, die sagt, dass eine weibliche Führungskraft mit Kind nicht in das gängige Weltbild passe. Greift die Aussage, Kind und Karriere sei vor allem eine Frage der Organisation, also zu kurz?

Ex-Staatschefin Vigdís Finnbogadóttir Frauen müssen sich mehr zutrauen

Ja, sagt die ehemalige isländische Staatschefin Vigdís Finnbogadóttir, als alleinerziehende Mutter immerhin 16 Jahre lang im Amt, die ich vor einigen Jahren in Berlin interviewte. “Organisation” und “Ich habe mir Hilfe gesucht” sagt zwar auch sie. Aber Vigdís Finnbogadóttir sagte am Ende unseres Interviews etwas ganz Entscheidendes: Frauen müssten sich selbst mehr zutrauen. Sie selbst habe man erst überreden müssen, sich zur Präsidentin wählen zu lassen

Ihre Tochter, erzählte sie mir, ist heute selbst Mutter und teilt sich mit dem Ehemann die Kindererziehung. Die Kleine ist in der Kita, beide haben einen Vollzeitjob; wenn der eine mal länger arbeiten muss, springt der andere ein. “Wenn man Geld verdient, muss man eben einen Teil für die Kinderbetreuung ausgeben”, sagte Vigdis Finnbogadottir. Und: “Man muss miteinander kooperieren.”

Frauen – zu wenig Lust auf Macht?

Damit hat sie den Nagel auf den Kopf getroffen: Neben all den den gesellschaftlichen Schwierigkeiten, die mit dem Thema Vereinbarkeit von Kind und Karriere verknüpft sind, gibt es auch noch den persönlichen Aspekt.

In ihrem Buch “Lust auf Macht“ zeigen die Autorinnen Andrea Och und Katharina Daniels, dass sich Frauen nur allzu oft ihrer eigenen Stärken nicht bewusst sind, und dass sie Macht sogar oft negativ assoziieren. Dabei kann Macht ja auch persönlicher Freiraum bedeuten. Und als einen der wichtigsten Tipps auf dem Weg zur Macht geben die Autorinnen ihren Leserinnen genau das mit auf den Weg, was auch Vigdís Finnbogadóttir betonte: Kooperation und Networking.

Angst vor dem Kontrollverlust?

Genau da aber liegt der Hase im Pfeffer: Wenn das nötige Selbstvertrauen fehlt, wird es auch schwierig, Arbeit, gleich welcher Art, an andere abzugeben. Denn nur wer sich selbst etwas zutraut, kann andere überhaupt um Hilfe bitten. Es könnte einem das Hilfe-Suchen ja als Schwäche ausgelegt werden.

Genau deshalb haben viele Frauen ein Problem damit, Aufgaben an andere zu übertragen. Aber auch deshalb, weil ihnen das Vertrauen fehlt, dass der Job schon gut gemacht wird. Weil sie die Kontrolle nicht verlieren wollen.

Mehr Kooperation und Selbstvertrauen

Oder weil sie dem Chef, den Kollegen oder auch dem Ehemann zeigen möchten, dass es nicht ohne sie geht – bis sie unter dem übermenschlichen Arbeitspensum zusammenbrechen. Genau daran scheitern viele Mütter, die Kind und Karriere unter einen Hut bekommen wollen. Natürlich gibt es die gesellschaftlichen Hürden. Natürlich ist es für wohlhabende Frauen einfacher, entsprechende Hilfe auch finanziell zu organisieren. Natürlich ist ein ermutigendes Umfeld wichtig.

Dennoch finde ich – und da gebe ich Vigdís Finnbogadóttir recht – es ist auch an jeder Frau, selbst etwas an den Umständen zu ändern. So schrieb eine pakistanische Journalistin am Ende eines Artikels in der WELT: “So treffe ich in Deutschland mehr Frauen, die sich Kindern und Partnern widmen, und weniger Frauen, die sich auf ihre Karriere und sich selbst konzentrieren, als unter meinen Freundinnen in Pakistan.”


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