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Im Interview spricht Sabine Hansen Peck, Senior Vice President Human Resources, Brand und Communication der Amadeus IT Group, über Frauen im Vorstand, Frauenförderung und Fachkräftemangel in der Personalentwicklung und Familienpolitik.

Sabine Hansen Peck besitzt einen Master-Abschluss in Organisationspsychologie der Katholischen Universität Eichstätt. Zusätzlich hat sie einen MBA in International Business Management von Thunderbird, School of Global Management (USA). Seit November 2009 ist sie Senior Vice-President, Human Resources, Brand und Communications bei Amadeus und weltweit für das Personalwesen und die interne Kommunikation verantwortlich. Der Amadeus Konzern mit Zentralen in Madrid, Nizza und Erding sowie mit 71 weiteren Standorten weltweit bietet IT-Lösungen für die Tourismus-Branche. Er beschäftigt weltweit rund 13.000 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2014 einen Gesamtumsatz von 3,4177 Milliarden Euro. Hansen Peck arbeitet in Madrid und ist Mitglied des Amadeus Executive Management Teams. Zuvor war sie in leitender Human-Resources-Position u.a. bei der Citigroup und Gate Group, sowie Executive Director im Aufsichtsrat von Bank Handlowy.

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Frau Hansen Peck, in Deutschland wird ja sehr kontrovers diskutiert, ob wir überhaupt Fachkräftemangel haben, zuletzt ruderte gar der Verein Deutscher Ingenieure zurück. Wie sind Ihre Erfahrungen?

Tatsächlich ist Fachkräftemangel ein weltweites Problem, es macht sich nur in Europa und den USA besonders bemerkbar.

Es sind insgesamt zu wenig vielversprechende Bewerber auf dem Arbeitsmarkt, was einige Branchen ganz besonders trifft.

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Nun ist der Hauptsitz Ihres Unternehmens in Madrid – und Spanien gilt als Land mit hoher Jugendarbeitslosigkeit. Wie passt das zusammen?

Zum einen sind wir an 74 Standorten weltweit vertreten. Zum anderen fehlen gerade in der IT-Branche die Spezialisten.

Beispielsweise hat in jüngster Zeit das ausgesprochen starke Interesse am Thema “Daten” dazu geführt, dass Data Scientists fehlen, die die Analyse von Big Data und deren Transfer in strategische Management-Tools leisten – übrigens eine ernsthafte Herausforderung für die Zukunft.

Gerade im schnelllebigen IT-Bereich hört man diese Klage oft von Unternehmen. Fragt man dann genauer nach, investieren diese oft nicht gerne in Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter. Wie sieht das bei Amadeus aus?

Dass nicht alle Unternehmen das deutsche Ausbildungssystem nutzen, ist bedauerlich, denn es ist eines der Erfolgsfaktoren auf dem deutschen Markt.

Unglücklicherweise wurde in anderen Ländern nicht kopiert. Bei Amadeus gibt es gegenwärtig Ausbildungsprogramme an unseren deutschen Hauptstandorten in Bad Homburg und Würselen bei Aachen.

2014 haben wir 7,2 Millionen Euro in die Weiterbildung vielversprechender Mitarbeiter investiert. Dazu gehört das Corporate-Social-Responsibility-Programm “Knowledge and skills transfer” sowie das Amadeus Leadership Development Programm für Amadeus-Führungskräfte in Zusammenarbeit mit renommierten Hochschulen.

Welche Hochschulen sind das?

In Deutschland arbeiten wir beispielsweise eng zusammen mit der RWTH in Aachen für unsere Tochter TravelTainment und mit der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) für unsere Tochter Amadeus Germany in Bad Homburg.

In Spanien pflegen wir die Zusammenarbeit mit den Wirtschafts-Hochschulen Instituto de Empresa (IE) und Escuela Superior de Administración y Dirección de Empresas (ESADE) sowie für angehende Ingenieure mit den Hochschulen Universidad Autonoma de Madrid und Universidad Politecnica de Catalunya.

Aber natürlich schulen wir unsere Mitarbeiter auch innerhalb des Unternehmens – sowohl durch eTraining als auch durch klassische Präsenzseminare. Amadeus bietet auch Mentoren- und Coaching-Programme, da die Weiterentwicklung und Bindung der Mitarbeiter für Amadeus sehr hohe Priorität besitzt.

Wie viele Mitarbeiter bilden Sie aus bzw. weiter? Wieviel Prozent werden aus einem Ausbildungsjahrgang übernommen?

Mehr als die Hälfte der weltweiten Amadeus-Belegschaft haben bereits an den umfassenden Trainings-Angeboten des Unternehmens teilgenommen.

Mehrere unserer Führungskräfte haben sich innerhalb unseres Unternehmens bis in ihre heutige Funktion weiterentwickelt. Ein gutes Beispiel, ist Holger Taubmann, seit 2011 unser Senior Vice President Distribution. Seine berufliche Laufbahn begann mit einer dreijährigen Ausbildung 1988 bei der Lufthansa, 1997 wechselte er als Manager Business Control zu Amadeus, wurde im Jahr 2004 Geschäftsführer von Amadeus Germany und 2010 Vice President der Region Nord-, Ost-, Zentral- und Südeuropa.

Wie rekrutieren Sie Mitarbeiter?

Wie schon erwähnt, setzen wir stark auf Aus- und Weiterbildung, um Mitarbeiter, die bereits im Unternehmen sind, an uns zu binden und weiterzuentwickeln. Für Praktika pflegen wir Vereinbarungen mit mehreren Spitzen-Universitäten auf der ganzen Welt und veranstalten Hackathons wie etwa am MIT in Boston.

Für etwa 20 bis 30 Prozent der Positionen setzen wir auf Führungskräfte spezialisierte Personalvermittlungen, Personalberatungen oder soziale Medien ein, um Mitarbeiter zu finden.

Welche Ausbildung empfehlen sie jungen Leuten, um sich für einen Job bei der Amadeus IT Group zu qualifizieren?

Es gibt viele Möglichkeiten, zu Amadeus zu kommen, und es gibt ein breites Spektrum offener Stellen. Meine Empfehlung an junge Leute ist, einen Beruf zu wählen, der ihnen wirklich Spaß macht. Denn dort, wo wir Leidenschaft entwickeln, haben wir auch Erfolg und Freude an der Arbeit.

Außerdem empfehle ich, neugierig zu bleiben. Lernen ist ein lebenslanger Prozess und hört mit dem Verlassen der Schule nicht auf. Wer das Lernen nicht verlernt, verfügt über eine wichtige Fertigkeit, um sich in der heutigen Welt auf eine veränderte Umgebung oder andere Rahmenbedingungen einzustellen.

In Deutschland gibt es auch mehrere Inititativen, die Frauen für technische Berufe begeistern sollen. Doch die haben offenbar wenig Lust.

Das kann ich so nicht bestätigen: Mehr als ein Viertel unserer technischen Belegschaft sind Frauen. Und in unserem Top-Management finden sich neben mir mit Julia Sattel und Ana de Pro noch zwei weitere Frauen.

Wir organisieren gemeinsam mit Hochschulen Girls-Days an unserem größten Entwicklungs-Standort und planen Frauen-Hackathons in unseren Entwicklungszentren mit dem Ziel, die Attraktivität eines Jobs in der IT-Branche für Frauen zu steigern.

Zudem haben wir gerade einen Chief Diversity Officer ernannt. Und Headhunter verpflichten wir, für jede Position auch weibliche Kandidaten zu empfehlen.

Klingt gut. Die öffentliche Diskussion zeigt aber, dass Frauen in einem ernsthaften Interessenskonflikt stehen zwischen Arbeit und Kindern. Oder ist das ein spezifisch deutsches Phänomen?

Das ist weder ein spezifisch deutsches Problem noch neu. Regierungspolitik und Richtlinien der Arbeitgeber können den Rahmen festlegen, am Ende ist aber die besondere Situation eines Paars oder auch einer Einzelperson der wichtige Faktor. Deutschland hat im internationalen Vergleich eine der großzügigsten bezahlten Elternzeiten eingerichtet. Und natürlich ist die Familienpolitik der nordischen Länder noch besser.

Aber nicht jedes gute Beispiel aus Land kann in einem anderen Land funktionieren. In vielen europäischen Ländern gibt es positive Entwicklungen, was die Elternzeit angeht. In Spanien beispielsweise können jetzt auch Väter Teile der Elternzeit in Anspruch nehmen – das war bisher nur Müttern möglich. Und es ist kein direkter Zusammenhang erkennbar zwischen einer Elternzeit und beispielsweise der Zahl der Frauen in Führungspositionen.

Haben es Führungskräfte mit entsprechenden finanziellen Möglichkeiten einfacher oder schwerer, Beruf und Familie zu vereinen?

Es ist nicht einfach, das Gleichgewicht zwischen einer Karriere und der Kindererziehung – oder auch der Pflege alter Eltern – zu finden, egal in welcher Position man ist. Es bedeutet immer, mit Zeit und Verpflichtungen zu jonglieren und Kompromisse zu erreichen – was für weibliche Vorstände mit entsprechendem verfügbarem Einkommen möglicherweise einfacher ist.

Es gibt einige bekannte Beispiele für weibliche Führungskräfte, die erfolgreich die richtige Balance gefunden haben, etwa Sheryl Sandberg, Chief Operating Officer bei Facebook, zwei Kinder, Christine Lagarde, geschäftsführende Direktorin des Internationalen Währungsfonds, zwei Kinder, Susan Wojcick, Chief Executive Officer von YouTube, zwei Kinder, oder Ana Patrica Botin, Chief Executive Officer von Santander, drei Kinder.

Ich glaube auch nicht, dass finanzielle oder steuerliche Fragen eine zentrale Rolle spielen, wenn es darum geht, Kinder zu bekommen oder nicht. Viele mehr müssen Arbeitgeber die Lebensumstände ihrer Angestellten verstehen und sich zu Eigen machen sowie ihnen in allen Lebensphasen Unterstützung zukommen lassen und Flexibilität ermöglichen. Meiner Meinung nach braucht es nicht nur eine andere Politik, sondern auch Veränderung in den Köpfen aller Beteiligten.

Wie sieht das konkret bei Amadeus aus?

Genau das ist unser Ziel an allen Amadeus Standorten. Wir strengen uns sehr an, um unseren weiblichen Angestellten Möglichkeiten zur beruflichen Entwicklung zu eröffnen, während genug Raum für die Familie bleibt.

In Bad Homburg, einem unserer Haupt-Standorte in Deutschland, sind 20 Prozent unserer Manager weiblich und, wie bereits erwähnt, ein Viertel der 500 Angestellten kommt in den Genuss flexibler Arbeitszeiten.

An anderen Standorten bieten wir zum Beispiel flexible Arbeitsverträge und -Zeiten, Möglichkeiten zum Home-Office, umfassende Unterstützung für persönliche und familiäre Themen, steuerbegünstigte Krippen- und Kindergarten-Entgelte, Elternzeiten für Mütter wie auch für Väter und vieles mehr.

Was ist bei diesen Anstrengungen herausgekommen?

Darüber hinaus gibt es mehrere Initiativen, um die Zahl der Frauen bei Amadeus zu erhöhen, insbesondere in den Funktionen mit technischem Bezug. Beispielsweise unterstützen wir das 2014 gegründete Amadeus Women Network. Dieses Programm hat es sich zum Ziel gesetzt, die Berufs- und Karriere-Entwicklung der Frauen bei Amadeus wie auch die WorkLife-Balance zu verbessern.

Bei Amadeus gibt es auch erfolgreiche weibliche Führungskräfte, die ihre berufliche Karriere verfolgen, während sie Kinder groß ziehen. Dazu gehören Ana de Pro, unser Chief Financial Officer, und Cristina Fernández, unser Head of Investor Relations, um nur einige zu nennen.

Welche Vorteile hat ein Unternehmen von Frauenförderung?

Eine ganze Reihe von Studien hat gezeigt, dass ein gemischter Vorstand einem Unternehmen in jeder Hinsicht zu Gute kommt und zu besseren Unternehmensergebnissen führt. Was Frauen im Vorstand angeht, ist es aber noch ein langer Weg, trotz vieler Fortschritte in den vergangenen Jahren.

Das Executive Committee von Amadeus besteht zu 30 Prozent aus Frauen, und tatsächlich bringen wir andere Erfahrungen, Denkweisen und Problemlösungs-Strategien mit an den Vorstandstisch. All das fließt positiv in die Diskussionen ein. Darüber hinaus bedeuten 30 Prozent genug kritische Masse, um den Wandel der Unternehmenskultur hin zu mehr Vielfalt voranzubringen.

Denn eine alternde Bevölkerung mit sinkenden Geburtenraten wird Unternehmen dazu zwingen, mehr Kreativität zu zeigen, wenn es um die Attraktivität für neue Mitarbeiter geht. Das ist einer der Gründe, wenn auch nicht der einzige, warum Vielfalt so wichtig ist. Wir brauchen Männer und Frauen, verschiedene Kulturen und mehrere Generationen an den Arbeitsplätzen.


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