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Dr. Stefan Kannewischer erzählt im Interview, warum er Flüchtlinge aus unternehmerischen Gründen eingestellt hat, wie erfolgreiche Integration gelingen kann – und was noch besser funktionieren könnte.

Dr. Stefan Kannewischer ist Geschäftsführer der Kannewischer Management AG und der Kannewischer Collection, zu der 6 Thermen in ganz Deutschland gehören. Nach seinem BWL-Studium in St. Gallen arbeitete er u.a. als Berater bei Bain und Company in London, Frankfurt und München, ehe er in das Familienunternehmen einstieg. Seine Doktorarbeit schrieb er über die Privatisierung von öffentlichen Freizeitinfrastrukturen am Beispiel von Bädern. Zudem ist Präsident des IAKS International und Mitglied in zwei Fachkommissionen des IOC (Internationalen Olympischen Komitees).

Herr Dr. Kannewischer, momentan ist die Diskussion von Flüchtlingen wieder in vollem Gange, gerade sehen wir die Bilder aus Chemnitz in den Nachrichten. Sie selbst beschäftigen in Ihrem Unternehmen Flüchtlinge. Sind Sie ein Idealist?

Ja, ich bezeichne mich schon als ehrgeizigen Idealisten. Aber die Einstellung von Flüchtlingen basiert nicht auf idealistischen Motiven.

Der Blick auf die Politik lässt anderes vermuten. Wo liegen dann Ihre Motive?

Als im September 2015 die Titelseiten erstmals von Flüchtlingsdiskussion bestimmt wurden, haben wir uns überlegt, ob wir etwas tun können und was. Danach dauerte es noch ein halbes Jahr, bis wir ein erstes Vorstellungsgespräch mit einem Flüchtling führen konnten.

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Dieser war zum damaligen Zeitpunkt allerdings schon seit vier Jahren in Deutschland. Heute muss ich aus der Erfahrung klar sagen: Die Integration Flüchtlingen in Arbeit hilft auch Unternehmen!

Bitte erklären Sie das etwas ausführlicher.

Der Hauptgrund ist sicher, dass es seit einiger Zeit nicht mehr Arbeitskräfte in Deutschland gibt – zumindest können wir das für unsere Branche so sagen.

Der deutsche Arbeitsmarkt ist leergefegt und die Qualität derer, die sich bei uns bewerben, ist oftmals sehr schlecht bis hin zu arbeitsunwillig. Alternativ sind die Gehaltsforderungen unrealistisch.

Wie viele Flüchtlinge haben Sie eingestellt?

Insgesamt sechs.

In welchen Positionen arbeiten diese?

Vier Personen arbeiten als Küchenhilfen im Restaurant, einer als Auszubildender zum Restaurantfachmann und einer als Gästebetreuer in ThermenLandschaft und SaunaPark

Können Flüchtlinge Ihrer Meinung nach die Fachkräftelücke in Deutschland schließen?

Wir haben die Flüchtlinge ja eher in Hilfskraftpositionen eingestellt. Diese Lücke lässt sich teilweise sehr gut schließen. Auch eine Ausbildung ist in einigen Positionen vorstellbar.

Allerdings: Viele Flüchtlinge sind nicht mehr jung, haben teilweise eine Familie dabei und möchten dann nicht mehr mit einem Gehalt für einen Auszubildenden leben müssen. Was zur Folge hat, dass sie sich nur bedingt weiterqualifizieren wollen oder können.

Es wird ja oft kritisiert, die Flüchtlinge seien nicht ausreichend qualifiziert: Wie viel zusätzliche Arbeit mussten Sie aufbringen, um die Mitarbeiter zu integrieren?

Bei unserem Mitarbeiter in ThermenLandschaft und SaunaPark war die Anstrengung am größten. Unsere Mitarbeiter dort haben permanenten Gästekontakt und müssen gut deutsch sprechen, was bei ihm am Anfang nicht gegeben war.

Daher haben wir ihn vier Monate zusätzlich mitlaufen lassen und erst danach wie alle anderen Mitarbeiter eingeteilt. Dafür haben wir einen Gehaltszuschuss vom Arbeitsamt bekommen. Bei den Küchenhilfen hat das schneller funktioniert und war in etwa vergleichbar mit dem Einlernen eines neuen Mitarbeiters.

Welches waren die größten Hürden dabei?

Die Sprache ist das größte Handicap. Jemand, der gar kein Deutsch spricht, kann bei uns auch nicht anfangen zu arbeiten.

Ein weiteres Thema sind möglicherweise andere Wertvorstellungen und Weltanschauungen: Einer unserer Mitarbeiter hat z.B. nicht verstanden, dass es Frauen in Führungspositionen gibt, denen er als Mann sich unterordnen musste. Das hat am Anfang manchmal zu Diskussionen geführt.

Und was ist umgekehrt notwendig, damit die Integration der Flüchtlinge ins Arbeitsleben reibungslos funktioniert?

Das Wichtigste für eine erfolgreiche Integration ist sicherlich, dass die Flüchtlinge eine Arbeit bzw. eine Aufgabe haben, die es Ihnen ermöglicht, am Leben in Deutschland teilzunehmen. Dann klappt das Erlernen der Sprache auch sehr gut und schnell.

Außerdem ist es für alle wichtig, eigenes Geld zu verdienen und nicht von den Behörden abhängig zu sein. Das schafft Selbstvertrauen. Das konnten wir bei allen Flüchtlingen in unserem Hause beobachten.

Was müsste sich Ihrer Meinung nach ändern, um Unternehmen das Einstellen von Flüchtlingen zu vereinfachen?

Uns ist nur einer von insgesamt sechs Flüchtlingen über die Agentur für Arbeit vermittelt worden. Alle anderen kamen durch eine Initiative einer Privatperson zustande, die sich an uns gewandt hat.

Wir haben also keinen richtigen Ansprechpartner, dem wir unsere freien Stellen für Flüchtlinge anbieten können. Über die Agentur für Arbeit kommen auch aktuell keine Bewerberangebote von Flüchtlingen zu uns, egal für welche Stelle.

Es gibt mittlerweile einige Internetplattformen welche Flüchtingen Arbeit bieten. Dort kann man sich als Unternehmen präsentieren. Allerdings funktioniert das nur für Großstädte, nicht für ländliche Gebiete in denen sich unsere Thermen befinden.

Vom Standpunkt des Unternehmers: Lohnt es sich in Mitarbeiter zu investieren, die möglicherweise wieder abgeschoben werden?

Es ist sicher sinnvoller, in Deutschland bereits anerkannte Flüchtlinge einzustellen.

Wie gut hat die Integration in den Arbeitsalltag und Arbeitsabläufe allgemein funktioniert?

Wir haben damit nur gute Erfahrungen gemacht. Da sie den ganzen Tag von deutschsprechenden Mitarbeitern umgeben sind, lernen sie die Sprache sehr schnell und integrieren sich schnell und gut im Arbeitsalltag. Und auch in das Team mit dem sie zusammenarbeiten.

Wie wurden die Flüchtlinge von den anderen Mitarbeitern aufgenommen?

Bei uns hat das super funktioniert! Die Flüchtlingsmitarbeiter unternehmen teilweise auch privat etwas mit ihren deutschen Kollegen und sind voll akzeptiert, da sie ja auch die gleiche Arbeit machen wie die Kollegen.


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