People Analytics ist in der HR-Szene ein heißdiskutiertes Thema. Wieviele Daten kann, wie viele darf man eigentlich auswerten. Nicht nur wegen Trump macht das vielen Menschen Angst.

HR Big Data & People Analytics: Gib mir Deine Daten & ich werde zum Trump

Wahlsieg Donald Trumps: Wie gefährlich ist Big Data?

Der Wahlsieg Donald Trumps in den USA sorgte 2016 für heftige Diskussionen über die Wirkungsweisen Sozialer Medien – was die Einflussnahme durch Facebook betraf, aber auch darüber, ob die Macht von Big Data negativ verwendet werden könnte, um Einfluss zu nehmen.

Das Thema betrifft auch direkt das Recruiting: Mit People Analytics wollen Unternehmen die Auswahlverfahren im Personalwesen verfeinern. Meine Meinung zu dem Theam ist ja: Wenn Bewerber wüssten, was genau Unternehmen und Personaler da in ihrer Black Box alles mit Bewerberdaten anstellen können und wollen, die Empörung wäre vermutlich groß. Vom Auslesen von Nutzerprofilen über Eignungs-Diagnostikverfahren bis hin zu Persönlichkeitsrechte reicht die Liste. Gut für die Recruiting-Szene, wenn die Desinformation so groß ist. Liebe Bewerber, schlaft einfach weiter, damit die Unternehmen in Ruhe weiter Daten auswerten können.

Datenanalyse mit Tücken

In den Sozialen Medien sorgte im Nachgang von Donald Trumps Wahlsieg unlängst ein Beitrag über Big Data und Psychometetrie für aufgeregte Diskussionen. Hannes Grassegger und Mikael Krogerus erzählten unter dem Titel “Ich habe nur gezeigt, dass es die Bombe gibt” für die Schweizer Seite “Das Magazin” die Geschichte des Psychologen Michal Kosinski, der eine Methode entwickelt hat, die Menschen anhand ihres Verhaltens auf Facebook systematisch analysieren soll. Sie basiert auf der Psychometrie, ein Bereich der Psychologie, mit deren Hilfe man versucht, die Persönlichkeit eines Menschen zu vermessen.

Das geschieht mit der sogenannten Ocean-Methode, nach der sich der Charakter jedes Menschen anhand von fünf Persönlichkeitsdimensionen einordnen lässt, den sogenannten Big Five. In der Psychologie ist die Methode längst zum Standard bei der Persönlichkeitsbeurteilung geworden. Neu ist allerdings ihre Verknüpfung mit Big Data. Denn während zur Beurteilung bislang das Ausfüllen komplexer Fragebögen erforderlich war, hat gerade Facebook die Datengewinnung erheblich vereinfacht. Und mehr noch, die Daten erlauben es sogar, Menschen gezielt zu manipulieren. Genau mit diesem Hinweis sorgte der Text für viel Gesprächsstoff in den Sozialen Medien, denn die Autoren berichteten weiter, wie die Forschungsergebnisse von Kosinski gezielt eingesetzt wurden, um den Brexit und die Wahl Donald Trumps herbeizuführen.

Zwischen Panik und Entwarnung

Während die einen nun panikartig vor den Gefahren des Internets warnen, geben die anderen in “Es-ist-schon-alles-nicht-so-schlimm”-Manier Entwarnung. Dabei werden private Daten nicht nur aus Social-Media-Profilen gerade im Personalbereich schon seit Jahren genutzt, um mehr über Stellensuchende und auch die eigenen Angestellten zu erfahren. So überwachte die Deutsche Bahn jahrelang den gesamten eMail-Verkehr sämtlicher Mitarbeiter und verpflichtete sich hinterher selbst, Bewerber nicht mehr zu googlen.

Die Daimler AG wurde mit dem Big-Brother-Award ausgezeichnet, weil das Unternehmen Blutproben von Bewerbern nimmt. Und längst bedienen sich Hochschulen und Unternehmen sogenannter OnlineAssessment-Verfahren, z.B. der Hamburger Cyquest GmbH, um mehr über die Studien- und Jobeignung ihrer Aspiranten zu erfahren. Dabei braucht man für Persönlichkeitsanalysen noch nicht einmal komplexe Tools: Chrystal beispielsweise ist eine für jeden nutzbare Chrome-Erweiterung, die “ein Persönlichkeitsprofile aus dem Netz saugt, das bis in Nuancen hinein zutrifft”, wie der Journalist Raoul Fischer konstatierte.

Daten sammeln – nichts Neues im Recruiting

Daten sammeln ist also auch hier nichts Neues, neu ist lediglich das Ausmaß – und das wirft Fragen nach dem rechtlichen Rahmen und auch der Moral auf. Während ich noch vor einigen Jahren bei Interviews von Personalern zu hören bekam, die beruflichen eMails der eigenen Mitarbeiter zu monitoren, gehöre eben dazu oder was in privaten Facebook-Profilen stehe, habe keine Auswirkungen auf das Recruiting, hat das Thema mittlerweile andere Dimensionen gewonnen:

Die Studie “Social Media for Selection? Validity and Adverse Impact Potenzial of a Facebook-Based Assessment” weist eben genau nach, dass Recruiter, die mittels Facebook-Profil die Eignung von Bewerbern abschätzen wollen, Kandidaten aufgrund ihrer Hautfarbe oder ihres Geschlechts systematisch schlechter bewerteten; Big Data Diagnostik befördert also Diskriminierung im Recruiting. Das wirft die Frage Stellensuchende gut daran tun, möglichst wenig Informationen in Sozialen Netzwerken über sich preis zu geben – oder ob sie sich durch solche Selbstschutzmaßnahmen erst recht verdächtig machen. Und auch im Hinblick auf Persönlichkeitsrecht und Datenschutz ist die Nutzung von Big Data juristisch nicht ganz ohne, wie ein Beitrag auf Lead Digital zeigt.

Vertrauen in die Arbeitgebermarke nicht verspielen

Unternehmen, die solche Analysen nutzen wollen, um mehr über ihre Bewerber zu erfahren, sollten sich daher genau überlegen, welche Risiken sie damit eingehen: Neben rechtlichen Problemen riskieren sie damit auch, dass hochqualifizierte Bewerber das Vertrauen in eine Arbeitgebermarke verlieren und sich anderswo nach einem Job umsehen.