plantener

In Kopenhagen will ein Gründerprogramm Startups auf die Beine helfen: Die Gewinner erhalten für drei Monate ein Büro in Kopenhagen, Geld für den Lebensunterhalt, viel Beratung und am Ende vielleicht auch einen Investor. Inklusive: Der Blick über den Tellerrand in die dänische Gründerszene.

Christopher Plantener kommt ursprünglich aus Deutschland und hat nach langer Erfahrung in der Internet und Werbebrache in den letzten 12 Jahren 5 Startups in Deutschland, Canada, Belgien und Dänemark gegründet und in weiteren gearbeitet. Heute betreibt er eine eigene online Werbeagentur Zielgut in Kopenhagen und ist für Startupbootcamp als Mentor aktive. Sein Spezialgebiet ist die Beratung skandinavischer Startups und Unternehmen bei ihrem Markteintritt und online Marketing in Deutschland.

Herr Plantener, Startupbootcamp – klingt ja schick, aber was ist das eigentlich genau?

Startupbootcamp ist ein in Kopenhagen ansässiges Gründerprogramm. Die Idee ist Startups innerhalb von 3 Monaten zu helfen von der Idee zum Produkt zu gelangen. Bis 30. Juni können sich Startups bzw. Leute mit Ideen aus ganz Europa bei http://www.startupbootcamp.dk formlos bewerben. Aus allen Bewerbern werden dann 10 Startups ausgewählt.

Und was springt für die Gründer dabei heraus?

Die Gewinner erhalten für drei Monate ein Büro in Kopenhagen, etwas Geld für jedes Teammitglied (in erster Linie um den eigenen Lebensunterhalt zu finanzieren) und werden über die 3 Monate von einem Pool von bald 100 erfahrenen Unternehmern und Mentoren begleitet. Am letzten Tag, dem sogenannten Investor Day, haben die Startups dann die Möglichkeit Ihr Unternehmen mehr als 100 europäischen Geldgebern vorzustellen um Venture Capital zu erhalten.Die erfolgreichsten zwei Unternehmen des Programms dürfen dann http://www.techstars.org auf Ihrer US Investorentour begleiten. Denn das Konzept kommt ursprünglich aus den USA (www.ycombinator.com und http://www.techstars.org) und ist dort sehr erfolgreich. Bei TechStars bewerben sich jedes Jahr 600+ Teams von denen 8 von 10 am “Investor Day” mit durchschnittlich $500.000 das dreimonatige Programm verlassen. Viele von diesen Unternehmen sind heute weltweit erfolgreich.

Wo die Idee schon aus den USA kommt – inwieweit sind die Amerikaner denn an Startupbootcamp beteiligt?

Nur insofern, als dass Startupbootcamp seit Mai 2010 offiziell der erste außereuropäische Partner von TechStars ist. Das bedeutet, dass TechStars das Programm nach kritischer Qualitätsprüfung als erstes Europäisches Partnerprogramm anerkannt hat. Das macht vieles einfacher, denn jetzt steht zumindest den besten Startups direkt der Weg in die USA und zu US Kapital und Mentoren offen.

Startupbootcamp selbst wurde allerdings 2009 von Rainmaking und Alex Farcet, einem in Dänemark lebenden Franzosen und Kenner der dänischen Startupszene, gegründed. Rainmaking ist ein dänischer Inkubator, der seit 5 Jahren erfolgreich 12 Unternehmen unter anderem auch in Deutschland an den Markt gebracht hat.

Mal abgesehen von den Ideengebern: Wer sind denn die Geldgeber für das Projekt und welche Interessen verfolgen diese mit ihrer Unterstützung?

Startupbootcamp ist selbst kein klassischer Investor und sieht sich selbst eher als Teammitglied, aber natürlich braucht ein solches Programm finanzielle Mittel. Diese wird von Rainmaking und einer Gruppe von Angle Investoren (zumeist Startupbootcamp Mentoren) finanziert. Für die Finanzierung des Programms und die bis zu € 12.000 pro Team bekommt Startupbootcamp zwischen 5-10% des neuen Unternehmens.

Die weitergehen Finanzierung der Startups soll in den allermeisten Fällen danach von externen Investoren gewährleistet werden – deswegen ja auch der Investor Day am letzten Tag des Programms. Es sind aber auch schon einige VCs als Mentor im Programm tätig. Die Teilnahme an Startupbootcamp ist aber nicht an irgendwelche anderen Bedingungen geknüpft. Wer keinen Investor braucht oder selbst einen finden möchte der kann das tun.

Klingt gut, wird sich so mancher Gründer sagen, und sich sofort bewerben wollen. Welche Voraussetzungen muss man dafür erfüllen?

Es können sich europaweit (theoretisch sogar weltweit) alle Teams bewerben die eine gute Idee haben. Die Ideen kommen oft aus dem Internetbereich, das ist aber keine Voraussetzung. Es sollten aber Ideen sein, die sich auch innerhalb von 3 Monaten zumindest ansatzweise realisieren lassen (also z.B. keine Biotech Ideen).

Ein Team besteht idealerweise aus 2-3 Leuten mit den Kompetenzen IT, Sales und Marketing. Sollte eine Kompetenz im Team fehlen, wird Startupbootcamp helfen diese vorher zu finden. Neben einer guten Idee, achtet Startupbootcamp vor allem auf die richtige Einstellung und Persönlichkeit der Gründer – ohne die wird in Skandinavien nicht an den Erfolg geglaubt.

Was ist mit Unternehmen, die schon länger existieren

? Auch Unternehmen die schon gegründet sind dürfen sich noch bewerben – allerdings sollte der Prozess noch nicht allzu fortgeschritten sein.

Welche Termine und Fristen muss man beachten?

Die Bewerbung läuft bis 30. Juni unter http://www.startupbootcamp.dk. Das Camp findet dann von August bist 30. Oktober 2010 in Kopenhagen statt.Natürlich müssen die ausgewählten Teams von Anfang August bis Ende Oktober in Kopenhagen sein und danach bereit sein, das neue gegründete Unternehmen auch weiterzuführen – dies muss übrigens nicht in Dänemark sein!

Und wie genau läuft das Programm ab?

Nach Abgabe der Bewerbung kommt es zu Telefoninterview und wenn möglich persönlichem Treffen. Wird man ausgewählt, so geht es ab August in Copenhagen los. Bei der Suche nach Unterkunft etc. wird Startupbootcamp behilflich sein.

Danach wird für 3 Monate 24/7 am Produkt gearbeitet. Grob geht’s im ersten Monat um die Strategie, im zweiten um die Realisierung und im dritten soll schon verkauft werden. In den ersten Woche gibt es die Möglichkeit alle Mentoren persönlich kennenzulernen und sich das beste Mentorenteam herauszusuchen, das einen über die 3 Monate begleiten sollen. Wer spezifische Fragen hat oder Hilfe braucht, kann sich jeder Zeit an die Mentoren wenden.

Am Ende gibt es eine große Abschlusspräsentation für Investoren, Mentoren, Freunde und andere Mitglieder der Skandinavischen Startupszene. Danach gehen 2 Startups auf Tournee in die USA und die anderen haben hoffentlich genug Kapital, Partner, Kunden und Freunde gesammelt um richtig loszulegen.

Was bringt das ganze den Deutschen Startups?

Ich denke gerade für deutsche Startups ist der Blick übern den Tellerrand nach Skandinavien sehr interessant. Wer in Deutschland gründet hat zumeist in erster Linie den deutschen Markt im Blick. Wer in Skandinavien gründet hat immer sofort den ganzen EU Markt im Blick da die Heimatmärkte viel zu klein sind. Viele dänische Startups gehen gleich auf den Deutschen Markt haben aber eben auch noch andere Märkte im Blick und sind meistens International viel besser vernetzt.

Sehen Sie denn grundlegende Unterschiede zwischen den Gründungskulturen in Deutschland und Skandinavien?

Ja allerdings: Hier gibt es vieles zu lernen, von der Unternehmenskultur und Werten über drastischen Bürokratieabbau und das die Gründung eines Startups nicht länger als 30 Minuten dauern muss. Außerdem geht es nicht erster Linie darum, den Cashflow zu optimieren, jedenfalls nicht nur, sondern auch die menschliche und soziale Seite ist hier wichtig.

Bestes Beispiel dafür sind die Jungs von Rainmaking: Das sind alles selbst waschechte Entrepreuneure, die etwas anderes machen wollten – und ich finde, dass spürt man auch stark in allen ihren Startups. Das nicht nur zu sagen, sondern auch zu leben ist sehr skandinavisch und ich denke auch viele deutsche Startups fänden das spannend.

Welches sind ihre ganz persönlichen Erfahrungen mit Startupbootcamp?

Als ich Gründer von Startupbootcamp kennengelernt habe war ich vom ersten Moment an absolut vom Konzept, den Leuten, der großen Energie und dem Netzwerk begeistert – das ist genau dass, was ich selbst immer gesucht habe. Ich habe nun selbst vor 4 Wochen in Kopenhagen an einem Startupweekend (gleiches Konzept und Veranstalter, das ganze nur auf 3 Tage komprimiert) teilgenommen: 10 Teams a 10+ Leuten gründen eine Firme in 56 Stunden.

Was ich dort selbst erlebt habe war unglaublich: Wir habe in 2,5 Tagen eine Social Media Plattform hochgezogen, einen Film und Präsentation gebaut, hatten die ersten User, haben am Sonntag Abend noch Anfragen von 3 Investoren erhalten, und waren 2 Wochen später schon bei GoogleVentures in Kalifornien vorstellig – und das alles nach 56 Stunden Arbeit.

Warum glauben Sie, ist das Startupbootcamp so wichtig für Gründer?

Unser Video war für nur ein paar Stunden bei Youtube zu sehen und wurde in der Zeit von mehreren tausend Leuten gesehen, einfach nur weil wir die Startupweekend Community anzapfen konnten. Ich habe selbst schon 5 Startups gegründet, aber das ist wohl das überwältigest Ergebnis was ich je erlebt habe! Und genau dass, können jetzt 10 andere Startups in drei Monaten in Kopenhagen erleben – ich würde es sofort nochmal machen!

Denn da ich Gründerprobleme in verschiedenen Ländern aus eigener Erfahrung kenne, glaube fest, dass so ein Konzept eine unglaubliche Hilfe für Leute mit guten Ideen aber noch nicht soviel Erfahrung ist! Deswegen wünsche ich mir, dass dieses Konzept bekannt wird – gerade auch in Deutschland.