Bewerbung und Lebenslauf zeigen Bewerber mit all ihren beruflichen/fachlichen Kenntnissen und Erfahrungen, aber auch mit ihren persönlichen Merkmalen. Kann und Darf ein Ghostwriter Bewerbungen schreiben?

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Warum ist ein echter Lebenslauf so wichtig?

Die Bewerbung und der Lebenslauf zeigen nämlich nicht nur fachliche Merkmale, sondern sind auch ein Spiegel der Persönlichkeit. Daher sollten sie, so die landläufige Meinung, auch vom Bewerber selbst verfasst werden. Immerhin wird nicht nur eine Position besetzt, sondern es wird auch ein neuer Kollege gesucht. Es ist ja das Ziel eines Lebenslaufs, die Person in seiner Ganzheit und Vielfalt möglichst profilstark zu zeigen.

Gleichzeitig ist die Unsicherheit unter Bewerbern, die sich mit diesem Thema auseinandersetzten müssen, naturgemäß groß: Sie sind ja keine Experten auf dem Gebiet der Bewerbung, haben häufig nicht den Hauch einer Ahnung davon, nach welchen Kriterien Personaler Bewerber aussortieren – was liegt da Näher, als sich Rat und Hilfe bei echten Experten zu suchen?

Ghostwriting vs. Bewerbungsunterlagen – man muss differenzieren

Dennoch gibt es Dienstleister fürs Ghostwriting von Bewerbungen. Darf man das überhaupt? Und worauf sollten Bewerber achten? Wahrscheinlich sorgt genau deshalb die Frage, ob jemand Fremdes als Ghostwriter eine Bewerbung bzw. Lebenslauf schreiben sollte, für große Diskussionen.

Dabei muss man differenzieren zwischen echtem Ghostwriting, wie es z.B. auch durch Internetdienstleister angeboten wird und einer fundierten Bewerbungsberatung, bei der die Hilfe zur Selbsthilfe im Vordergrund steht. Und das sagen die Experten:

Ghostwriting von Bewerbungsunterlagen: Pro

Die Diskussion unter den Branchenexperten wurde denn auch sehr kontrovers geführt: Karriereexpertin Ute Blindert etwa schreibt:

Genau hier wäre der Ansatz zu sagen: Wenn es ein Profi besser könnte, warum nicht diesen für die Aufgaben engagieren, die man selbst nicht so gut bewältigen kann? Unternehmen nehmen schließlich auch die Hilfe von Beratern und Experten in Anspruch, wenn es darum geht, Stellenanzeigen zu formulieren und auf der Karrierewebsite auf die Vorzüge als Arbeitgeber hinzuweisen.

Auch Karriereberater Christoph Burger, der auf Kundenwunsch selbst Bewerbungsanschreiben verfasst, ist dieser Ansicht:

In der Regel bringen Kunden ihre Anschreiben mit. Und in der Regel taugen sie nichts. Natürlich übernehme ich von ihren Urversionen so viel wie möglich. Häufig bleiben aber nur einzelne Formulierungen übrig. Woran liegt das? Die meisten meiner Kunden bewerben sich nicht als Journalisten, müssen also nicht schreiben können. Die Schriftform gehört nur sehr am Rande zu den beruflichen Kompetenzen von Ingenieuren, Bankern oder Kaufleuten.

Ebenso wie Emotionsberaterin Ulrike Zecher, die das Beauftragen eines Experten sogar explizit empfehlen würde:

Eine Bewerbung ist ja ein bisschen wie Flirten: Die Haare und der Körper werden in Form gebracht, die neusten Klamotten angezogen, ein Hauch vom Lieblingsparfüm aufgetragen, schnell noch die Schuhe geputzt und auf zum coolsten Lokal in der Stadt. Wenn man dort auf seinen Traumpartner trifft, ergreift man mutig die Chance und spricht sie oder ihn an. Doch der Null-Acht-Fünfzehn-Anmachspruch ist nicht zielführend und man bekommt einen Korb…

Auf Personalblogger.net ist ein Interview erschienen, das für eine Kompromiss-Lösung plädiert:

Mein Fazit geht in Richtung Kompromiss… Lassen wir doch erst einmal jedem sein Geschäftsmodell, ohne dass wir Lug und Trug Platz einräumen. Die Nachfrage bestimmt bekanntlich das Angebot und wenn Menschen heute weniger Zeit und Musse haben, sich selber um jedes Anschreiben und um jeden auf die Stelle getuneten CV zu schreiben, so können das doch mit ruhigem Gewissen Profis übernehmen.

und Contra

Aber natürlich gibt es auch Gegenmeinungen, die kritisieren, dass beim Bewerbungs-Ghostwriting vor allem Ehrlichkeit und Authentizität auf der Strecke bleiben:

Karriereberaterin Svenja Hofert etwa kritisiert die durch solche Dienstleister entstehenden Hochglanzbewerbungen:

Denn wir haben hier nicht nur schon viele grafische Wunderwerke von Nichtgrafikern, sondern auch Text-Erzeugnisse gesehen, oft von Dienstleistern erstellt, die aus Werbung oder Marketing kommen und selbst nie Personalentscheidungen fällen mussten. Das merkt man oft schon daran, dass sie gar nicht verstanden haben, was der Bewerber eigentlich macht und worauf es in seiner Funktion besonders ankommt.

Lars Hahn und Martin Salwiczek von LVQ finden es grundsätzlich ok, Bewerbern bei ihrer Bewerbung mit Rat und Tat zur Seite zu stehen – aber eben nur als Hilfe zur Selbsthilfe:

Wenn wir jetzt mal auf unsere LVQ-Teilnehmer kommen: Die unterstützen wir bei den Bewerbungen doch auch dahingehend, dass wir ihnen die formalen Basics vermitteln und für die Sichtweise des Arbeitgebers auf die Bewerbung sensibilisieren. Sie sollen in der Lage sein, selbst Anschreiben zu entwickeln. Hilfe zur Selbsthilfe sozusagen.

Coach Christian Müller schließlich findet den Einsatz eines Ghostwriters unehrlich gegenüber dem Arbeitgeber und sogar nutzlos:

Neben diesem Vertrauensbruch – denn genau das ist es für mich – halte ich Anschreiben von Ghostwritern auch für nutzlos. Nur hervorragende Ghostwriter schaffen es, den Stil und die Persönlichkeit des Bewerbers widerzuspiegeln. Gelingt das, kann ein solches Anschreiben tatsächlich hilfreich sein.

Die Grenzen sind fließend

Genau das ist auch das Fazit, zu dem die Diskussion um das Thema Ghostwriting bei Bewerbungen gelangt: Hilfestellung und Beratung, Hilfe zur Selbsthilfe, sind völlig O. K. und sogar nützlich, weil Bewerber nunmal keine Bewerbungsexperten sind.

Eine von A-Z durchgepimpte Bewerbung, bei der am Ende ein Kunstprodukt an den Arbeitgeber in Spe geschickt wird, ist jedoch nicht nur nutzlos sondern am Ende sogar auch schädlich. Denn was bringt die tollste Bewerbung, wenn sich am Ende nicht die Fachkenntnisse und die Persönlichkeit des Bewerbers widerspiegeln?

Tipps für das finden des optimalen Dienstleisters

Wer sich also an einen Dienstleister oder eine Beratung wendet, um Bewerbung und Anschreiben zu verbessern, der sollte vor allem auf die nötige Seriosität und eine gut Beratung achten.

Denn gerade bei Dienstleistern, die einen überhaupt nicht kennen, besteht schnell die Gefahr, dass einem eine Persönlichkeit aufgestülpt wird, mit der man selbst nichts zu tun hat, die Bewerbung aber Aussagekraft und Authentizität vermissen lässt. Wie stellt man also sicher, dass das Ergebnis der Bewerbung auch mit einem selbst zu tun hat? 10 Tipps.

  1. Am Anfang sollte eine gute, fundierte Beratung stehen: Der Dienstleister sollte sich mit Ihnen, ihrem Lebenslauf, ihren Qualifikationen und ihrer Persönlichkeit eingehend beschäftigen. Nur dann entspricht die – im besten Fall gemeinsam erstellte Bewerbung – auch ihrer Persönlichkeit.
  2. Fragen Sie gezielt nach den Qualifikationen des Beraters: Gibt es eine Psychologische Ausbildung? Wie sieht die bisherige Reputation aus? Gibt es Feedback von Kunden, z.B. im Internet? Und wird Ihre Bewerbung von Fachkräften erstellt oder nur von Studenten, die sich nebenher etwas dazu verdienen wollen?
  3. Vor allem Online-Dienstleister verschicken eingangs gerne einen Vorbereitungsbogen. Achten Sie darauf, welche Punkte in diesem abgefragt werden: Ergänzen diese Punkte die Informationen aus ihrem Lebenslauf? Oder dienen Sie nur der Abfrage von Fakten?
  4. Wichtig ist, dass sich solche Vorbereitungsbögen auch mit den Fragen hinter den Fakten beschäftigen: Warum möchten Sie sich auf diese Stelle bewerben? Was ist Ihre Motivation? Worin sehen Sie selbst Stärken und Entwicklungspotenziale? Wie schätzten Sie sich selbst als Führungsperson ein? Wie agieren Sie im Team? Was sind persönliche Merkmale, die Sie auszeichnen?
  5. Im Zuge der Analyse sollten dann zunächst oberflächlichen Fakten unter die Lupe genommen werden: Persönliche Daten, Unternehmenszugehörigkeit, Positionswechsel, Wechsel des Unternehmens, absolvierte Ausbildungen und Weiterbildungsgänge sowie Kenntnisse im EDV- und Fremdsprachenbereich. Es gibt Dienstleister, die es beim Abfragen dieser Fakten belassen und daraus einen Lebenslauf zimmern. Von diesen bitte die Finger lassen.
  6. Darüber hinaus sollte nämlich der bisherige Lebenslauf  näher untersucht werden, zum Beispiel: Welche Fähigkeiten und Kompetenzen haben Sie in der konkreten Situation erworben? Welchen Herausforderungen standen Sie gegenüber? Welche dieser Herausforderungen haben Sie wie gemeistert? Welche Verantwortungsbereiche haben Sie bereits übernommen?
  7. Schließlich geht es darum, die Persönlichkeit des Bewerbers zu erkennen und darzustellen. Nur mit den bekannten Fakten aus dem Lebenslauf ist das kaum möglich, bzw. es handelt sich um rein subjektive Spekulation. Spätestens an diesem Punkt trennt bei den Dienstleistern die Spreu vom Weizen: Kommen in dieser Analyse auch die psychologischen Kenntnisse des Beraters zum tragen, d.h. kann er ihre Stärken überhaupt gezielt analysieren?
  8. Ganz wichtig ist natürlich dabei, dass Sie als Kunde mit dem Berater eines oder mehrere persönliche Gespräche führen können, damit dieser möglichst viel über ihre persönliche Motivation erfährt. Gerade preiswertere Online-Dienstleister führen solche Gespräche gerne am Telefon, besser ist natürlich ein persönliches Gespräch. In diesem sollten Ihre Ziele, Ihre Bewerbungsmotivation, Ihre aktuelle Situation und die Vergangenheit thematisiert werden. Denn nur so erhält der Berater einen Eindruck von Ihrer Person als Ganzes.
  9. Mehr Leistung kostet natürlich auch mehr – das muss Ihnen klar sein. Preiswerte Online-Anbieter, die Ihre Daten nur in geschliffene Formulierungen gießen, kosten natürlich deutlich weniger als ein Berater mit fachlicher und persönlicher Expertise, der sich ausführlich mit Ihnen und Ihrem Lebenslauf auseinandersetzt. Das sollte es Ihnen wert sein.
  10. Am Ende jeder Beratung sollte eine Feedbackschleife sehen. Sie sollten dabei zunächst einen Entwurf Ihrer Bewerbungsunterlagen erhalten, in welchem Sie alle Aspekte (Design und Layout, Struktur, Inhalt und Sprache) kommentieren und – idealerweise im Rahmen eines weiteren Bewerbungsgespräches – Ihre eigene Note einbringen können. Nur so können Sie sicher sein, dass Ihre Bewerbung auch wirklich Ihnen entspricht.