Im Beruf geben wir uns Mühe, einem professionellen Bild zu entsprechen. Ganz anders sieht das in Social Media aus, da benehmen wir uns wie Gehirne in der Datenwolke. Das ist die Gefahr.

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Beruf vs. Social Media

Bier ist Bier und Job ist Job! Oder anders ausgedrückt: Im Beruf verhalten wir uns – meistens jedenfalls so – wie Chefs, Kollegen und Kunden das von uns erwarten: Nämlich Zugeknöpft. Private Dinge haben im Büro nichts zu suchen. Die leben wir in unserer Freizeit aus, wenn wir mit einer Flasche Bier vor dem Fernseher lümmeln, in die Sauna gehen und ähnliche Dinge tun, von denen Chefs, Kollegen und Kunden nicht unbedingt wissen müssen. Oder?

In den letzten Jahren hat sich durch Internet, Soziale Netzwerke und Handys schon einiges verändert und dabei wird es vermutlich nicht bleiben. Möglicherweise stehen wir vor der größten gesellschaftlichen Herausforderungen seit Beginn der Industrialisierung. Denn voraussichtlich wird sich in den kommenden Jahren unsere aller Information– und Kommunikationsverhalten und dadurch bedingt unsere Arbeits- und dementsprechend unsere Lebensweise grundlegend ändern.

Die Grenzen zwischen Beruf und Privatleben verschwimmen immer mehr

Dank Smartphone, Laptop und mobilem Internet sind wir praktisch Rund um die Uhr für Chefs greifbar. Durch Soziale Netzwerke und Standortbezogene Dienste wie 4square oder Google Latitude kann der Tag und Nacht nachvollziehen, was wir so treiben. Ein Mobilfunk-Anbieter bietet Firmenkunden sogar eine Mitarbeiter-Überwachungs-Paket per GPS an. Personaler durchforsten das Internet nach Informationen über Bewerber. Gesichtserkennungssoftware spürt auch jede noch so peinliche Momentaufnahme von uns auf Fotos im Netz auf. Und wer weiß: Vielleicht gehören Begriffe wie Freizeit und Privatsphäre bald der Vergangenheit an und wir stehen praktisch nackt im Netz?

In der Phantasie vieler Menschen bestimmt. Sätze wie “Dieses Internet da ist echt gefährlich” und “Das ist mir alles zu viel und zu privat” höre öfter, wenn ich erzähle, dass ich beruflich mit Social Media zu tun habe. Dabei sind die Panik und Verunsicherung vor dem Netz mindestens genau so groß wie die Polemik und die Unwissenheit, mit der dem Thema begegnet wird. Regelrechte Verschwörungstheorien hat sich so mancher zurechtgelegt. Und doch nutzen viele Leute das Internet dann doch irgendwie.

Internet – praktisch aber gefährlich?

Es ist ja praktisch ist, man macht das heute eben so oder man will ja beruflich den Anschluss nicht verlieren. So richtig beschäftigen mag man sich aber nicht damit – es kostet ja Zeit. Aber ein ungutes Gefühl, was andere jetzt so alles über einen erfahren, bleibt dann doch. Auch wenn sein Vergleich sicher ein wenig hinkt:

Der bekannte amerikanische Journalist und Blogger Jeff Jarvis machte sich nicht ganz zu unrecht über “diese Deutschen” lustig, die im Internet ein solches Gewese um ihre Privatsphäre machen, sich aber wildfremden Menschen in der Sauna entblösen. Und damit zeigen: Nackt sein in der Öffentlichkeit kann durchaus O. K. sein. Eben in der Sauna oder am FKK-Strand. Aber bitte nicht im Netz!

Chancen und Risiken von Social Media

Klar, diese Entwicklung kann einem schon manchmal Angst machen. Doch sie bietet auch Chancen: Wir finden über soziale Netzerke alte Freunde wieder, die über die ganze Welt verstreut sind. Wir knüpfen neue Kontakte zu Menschen, die die gleichen Dinge mögen wie wir. Und wenn wir bei Firma XY etwas kaufen oder uns bewerben wollen, stehen wir nicht mehr wie blöd vor einer mystischen Blackbox, sondern schauen hinein: Denn anderen Menschen erzählen uns via Social Media oder in Bewertungsforen, wie es wirklich um die Qualität vermeintlichen Verkaufsschlagers bestellt ist, und Service oder das Betriebsklima in einer Firma bestellt ist.

Überhaupt können wir uns heute durch das Internet viel schneller und besser über alles Informieren. Und weil nicht nur ein oder zwei sondern eine Vielzahl von Quellen zu unserer Verfügung stehen, sind wir kritischer geworden. Mehr noch: Aktionen wie das Guttenplag-Wiki, einen ganzen Verteidigungsminister zu Fall brachte, weil es in gemeinsamer, ehrenamtlicher Arbeit die Plagiatsvorwürfe gegen den Karl-Theodor zu Guttenberg bestätigte, zeigen, das das Internet auch zur politischen Meinungsbildung und für demokratische Prozesse taugt.

Neue Kommunikationsformen verändern unsere Arbeitsweise

Die neuen Kommunikationsformen verändern auch unsere Arbeitsweise: Sie wird nicht nur schneller und effizienter, arbeiten ist auch von jedem Ort und zu jeder Zeit möglich. Also nicht mehr von 9 bis 5 tagaus tagein malochen, sondern mehr persönliche Freiheit: Immer mehr setzt sich auch in Deutschland durch, dass Arbeitnehmer nicht an feste Arbeitzeiten und -orte gebunden sind, sondern von überall her arbeiten können, wann sie wollen. Internet und Social Media helfen auch, sich seinen Job nach den eigenen Vorstellungen zu schaffen.

Einfach das zu tun, was man mag und am Besten kann. Die Kontakte zu finden, die man dazu braucht. Einige Musiker, die über die Videoplattform youtube bekannt geworden sind, haben erfolgreich vorgemacht, wie man relativ einfach eigene, kreative Ideen verwirklichen und sein Publikum erreichen kann. Denn komplexe, teuere Vertriebsstrukturen sind nicht mehr, unbedingt nötig. Und in Social Media geht es auch nicht, selbst wenn das manche meinen, um die meisten Follower und die höchsten Fanzahlen. Vielmehr sind die wichtigsten Marketing-Instrument gute Ideen und die eigene Persönlichkeit. Denn was zählt, ist die offene, authentische Kommunikation zwischen Menschen.

Wer auf Kundenwünsche eingeht, gewinnt

Es “gewinnt” am Ende nicht zwangsläufige, wer das meiste Geld hat, um mit Werbung auf sich aufmerksam zu machen. Sondern derjenige, der auf Fragen, Bedürfnisse und Wünsche seiner Mitmenschen eingeht. Denn Social-Media ist kein Vertriebsweg, es ist ein Kulturraum. Einer, in dem wir enspannt miteinander sprechen und in dem wir als echte Menschen mehr und mehr das professionelle Bild, dass wir abgeben wollen, verdrängen. Die Vermischung von Beruflichen und Privaten Aspekten könnte dazu beitragen, die Welt ein Stück ehrlicher und offener zu machen. Wer weiß, am Ende finden wir es vielleicht sogar befreiend, nackt im Netz zu stehen – wie in der Sauna oder am FKK-Strand.

Ich gebe zu, der Idee von einer demokratischeren, offeneren, freieren und ehrlicheren Welt dank Social Media haftet etwas Idealistisches an. Denn wie bei jeder Innovation ist auch hier das Missbrauchspotenzial groß. Ehrliche, authentische Kommunikation mag total Klasse sein: Doch vielleich ist jemand, der bei Twitter total cool und sympathisch rüberkommt in Wirklichkeit ein stubenhockender Langweiler, der sich halt einfach nur darauf versteht, im Netz lustige Sprüche loszulassen.

Internet als Manipulationsmaschine?

Und natürlich haben mit allen Wassern gewaschene PR-Strategen längst kapiert, wie sie ihre Kunden via Facebook und co. besonders offen und sympathisch erscheinen lassen – weil es sich einfach besser verkauft. Es ist schön, dass wir im Netz Informationen über Unternehmen, Behörden und Politiker finden; diese Möglichkeiten sollten wir auch unbedingt nutzen, um uns besser zu informieren.

Aber auch Behörden, Geheimdienste und Unternehmen haben natürlich Soziale Netzwerke längst als Informationsquelle entdeckt, um uns genauer zu durchleuchten. Schließlich hat auch der sonnige Traum vom freien, flexiblen Arbeiten seine Schattenseiten: Denn was flexibel heißt, bestimmen leider oft Chef und Kunde; “Allways on”, wie es in der Internetszene euphemistisch heißt, sind dann eben nicht nur Laptop und Handy sondern auch man selbst steht schnell auf ständiger innerer Bereitschaft. Dauerstress und Überlastung sind die Folge.

Gefahren im Internet – auf die eigene Haltung kommt es an

Gefahren im Internet – es gibt sie also tatsächlich. Vielleicht sollte man sie besser als Herausforderungen bezeichnen, die durch die neuen Technologien entstanden sind und mit denen wir noch lernen müssen, umzugehen. Zum Beispiel, indem wir für uns selbst das richtige Maß an Offenheit und Ehrlichkeit erkennen, jeder für sich, und einhalten. Zugeknöpft, leicht bekleidet oder eben ganz nackt. Indem wir das Spiel um Authentizität im Netz zu durchschauen und für unsere Zwecke einsetzen, um zum Beispiel den Job zu finden, den wir wollen und der zu uns passt.

Indem wir uns nicht von anderen sagen lassen, welche Netzwerke gerade total angesagt, sondern Social Media so nutzen, wie es uns gefällt und wie es zu uns passt. Und indem wir lernen, mit den Anforderungen der ständigen Erreichbarkeit umzugehen, die Technik auch mal abzuschalten und uns nicht von dem ständigen (gedachten) Kommunikationszwang verrückt machen lassen. Sicher, sich damit auseinanderzusetzen, bedeutet Arbeit. Aber es ist notwendig, schon damit es einem nicht so geht wie ausgerechnet Regierungssprecher Steffen Seibert, der einst schrieb:

“Je mehr ich aber übers Twittern lese, desto schwieriger kommt es mir vor, arbeite also lieber ohne theoretischen Unterbau.” 

Die 10 größten Gefahren von Social Media

Lieber unwissend zu bleiben, weil einem das Wissen zu kompliziert erscheint, ist keine Lösung. Doch wie können wir diese Herausforderungen meistern?

  1. Gruppenzwang: Alle reden von Social Media und jeder will dabei sein. Genau damit fängt die Manipulation auch schon an.
  2. Allways on: Soziale Netzwerke und Mobile Techniken suggerieren uns, nichts verpassen zu dürfen. Manch einer zeigt im Offline-Zustand sogar regelrecht Entzugserscheinungen. Wer nicht lernt, nein zu sagen und abzuschalten, wird irgendwann vor Überforderung zusammenbrechen.
  3. Zeitverlust: Hier noch ein Tool, da die neuste App. Internet und Soziale Netzwerke sind voll von Ablenkungen, die uns die Zeit rauben. Wenn wir nicht stringent organisieren, verzetteln wir uns.
  4. Facebook-Depression: Wer hat die meisten Follower bei Twitter und die meisten Friends bei Facebook? Schwanzvergleiche sind im Netz sind unsinnig und depremierend. Wie entkommt man dem?
  5. Identitätsverlust: Im Netz verschwimmen die Grenzen zwischen öffentlich und privat, zwischen Authentizität und Selbstdarstellung immer mehr. Wer nicht aufpasst, verliert sich dabei selbst.
  6. Datenverlust: Vor allem Google und Facebook zielen immer mehr darauf ab, für viel Nutzer Komplettanbieter für verschiedenste Kommunikationsdienste zu werden. Doch wer alle seine Daten einem Anbieter anvertraut, riskiert, diese zu verlieren.
  7. Imageverlust: Ob gezieltes Mobbing oder einfach nur Kritik an der eigenen Person – der Ruf im Internet ist schnell ruiniert. Das zu kontrollieren ist kaum möglich. Was helfen kann, ist ein vernünftiges Reputationsmanagement.
  8. Datendiebstahl: Wer sich in Sozialen Netzwerken bewegt, dem könnte nicht nur die Wohnung ausgeräumt werden, weil Diebe stets wissen wo man ist, auch wichtige Daten können ausgespäht werden. Wie kann man das verhindern?
  9. Überwachung: Gesichtserkennung, an Unternehmen übertrgene Standortdaten, Googlende Personaler, Verdeckte Ermittler bei Facebook. Wie gehen wir mit solchen Gefahren um?
  10. Manipulation: Als Gläserner Mensch, der sich mit ähnlichen denkenden Freundn umgibt und seine gesammelten Lebensgewohnheiten ins Netz stellt, werden wir auch durchschaubar. Das macht uns vorausberechen- und manipulierbarer.

Alliens vom anderen Stern: Social-Media-Muffel und Web-2.0-Euphoriker

Die Media Agentur Universal McCann jährlich die Wave Studie. Für die letzte Ausgabe wurden 37.600 Internetnutzer in mehr als 50 Ländern befragt. Das macht Wave 5 zur umfassendsten globalen Studie zum Thema Social Media weltweit. Die Ergebnisse sind überraschend – oder vielleicht auch nicht, wenn man weiß, was in Deutschland so los ist.

Kleiner Test: Social-Media-Crack oder Technikmuffel?

  1. Was bedeutet +1? a) Eine Schulnote b) Die Erinnerung, dass ich noch etwas kaufen muss c) Ein Button, mit dem ich in Google+ anzeigen kann, dass ich einen Beitrag besonders gut finde
  2. Wofür steht RSS? a) Ein Ausdruck der Freude: Richtig Super Sache b) Really Simple Syndication: Ein Service, mit dem Sie die neusten Inhalte einer Website in einem RSS-Reader abonnieren können c) Ein Verkehrshinweis: Rechte Spur Standstreifen
  3. Was ist ein Hashtag? a) Ein Laut bei Niesen b) Ein Tag, den man zugekifft mit Hasschisch verbracht hat c) Ein Schlagwort (nicht nur) bei Twitter, das mit einem # (englisch hash) eingeleitet und das das Auffinden von Themen erleichtert
  4. Was bedeutet Share? a) Das Weiterleiten von Artikeln oder Beiträgen (nicht nur) bei Facebook im Sinne von “die Information mit anderen teilen” b) Ich teile meinen Besitz mit allen  c) Ein Kartenspiel, bei dem alle ihre Karten auf den Tisch legen müssen wenn einer Shar (mitteilen) ruft
  5. Was bedeutet die Abkürzung DM? a) Deutsche Mark b) DM – Die Drogerie-Markt-Kette c) Direct Messages, persönliche Nachrichten zwischen zwei Nutzern bei Twitter.

Auswertung des Social Media Tests

Richtig sind die Antworten 1c, 2b, 3c, 4a, 5c.

Sie haben 0-1 richtige Antworten: Gratulation, Sie sind ein echter Social-Media Muffel. Wahrscheinlich haben Sie bisher einfach noch keine Zeit oder Lust gehabt, sich mit dem Theman zu beschäftigen. Aber: Es könnte Sinn machen, sich die Sache mal anzuschauen.

Sie haben 2-3 richtige Antworten: Sie haben schon ein wenig Ahnung vom Thema und wahrscheinlich schon erste Erfahrungen gemacht. Die könnten Sie noch ein wenig vertiefen.

Sie haben 4-5 richtige Antworten: Kompliment, Sie sind ein echter Social-Media-Crack. Wahrscheinlich twittern und facebooken Sie schon auf allen Kanälen. Ihnen kann man nichts mehr vormachen.

Wer zu spät kommt, wird vergessen

Die Studie zeigt schlicht: Länder mit einer geringen Internetverbreitung, wie beispielsweise China und Indien, weisen eine umso höhere Nutzung von Social Media auf. Ganz anders in Deutschland: Obwohl hier mehr als 80 Prozent der Menschen einen Internetzugang haben, nutzen weniger als 40 Prozent der Befragten Social Media. Damit liegt Deutschland weit abgeschlagen auf den hinteren Rängen. Das manifestiert sich noch, wenn man sich anschaut, wie viele Kontakte die Leute denn so durchschnittlich in verschiedenen Ländern pflegen. International die Nase vorne haben, mit 66 Kontakten, die Italiener, die damit jedes Klischee zu bestätigen scheinen. Ein durchschnittlicher US Amerikaner bringt es auf 53 Freundschaften. In Deutschland hat die Zahl der Kontakte innerhalb einese Jahres seit der letzten Wave-Untersuchung von 14 auf 41 deutlich zugenommen. Aber nur der durchschnittliche Franzose hat noch einen Kontakt weniger.

Auch die Gründe der Nutzung sind je nach Land etwas unterschiedlich. Zwar suchen die meisten vor allem Spaß und Unterhaltung im Netz. Für 18,2 Prozent der Deutschen und 17,4 Prozent der Franzosen ist aber auch Selbstmarketing ein wichtiger Aspekt – aber nur für 10,5 Prozent der Italienier. Geld zu verdienen, ist hingegen in China (16,3 Prozent) und Indien (20,2 Prozent) ein wichtiger Aspekt, auch in den USA ist das für immerhin noch 11,6 Prozent der User ein Motiv. In Deutschland, Frankreich und Italien spielt das jeweils nur für ca. sieben Prozent der Nutzer eine Rolle. Überhaupt scheint man in China, Indien und den USA einen deutlich aktiveren Zugang zum Netz zu haben: Kreative Selbstverwirklichung, der Wunsch neues zu lernen oder Wissen und Erfahrungen zu teilen sind hier deutlich mehr ausgeprägt als in Deutschland, Frankreich oder Italien.

Sind die Unterschiede spürbar?

Mag sein, dass sich solche Unterschiede nicht zwingend nur an Ländergrenzen festmachen lassen. Aber sie sind spürbar. Beispiel Italien: Da ist Facebook omnipräsent, wie ich im Urlaub letztes Jahr selbst feststellen durfte. Der Pförtner im Hotel oder die Gaderobiere im Museum vertreiben sich die Wartezeit zwischen zwei Gästen damit. In Zug und U-Bahn hört man Leute viel Öfter darüber sprechen als in Deutschland. Und statt Internet-Cafes fand ich im tiefsten italienischen Süden eine Bäckerei, die mit Brot und – nein, nicht Spielen aber fast! – Facebook wirbt. Denn das Ausbreiten des eigenen Lebens vor den Facebook-Freunden – von Urlaubs- und Bikini-Fotos über Hochzeitsfotos bis hin zu Bildern von schwangern Bäuchen und dem frisch geborenen Nachwuchs scheint in Italien zur liebsten Freizeitbeschäftigung avanciert zu sein. Jedenfalls gewinne ich diesen Eindruck immer wieder aus Neue, wenn ich mir die Profile meiner zahlreichen italienischen Facebook-Freunde so anschaue.

In Deutschland gibt es das natürlich auch. Aber doch weniger extrem. Die Deutschen sind, vor allem was Facebook angeht, weitaus misstrauischer. Das schlägt sich z.B. in den Nutzerzahlen nieder: Zwar ist Facebook laut Google-Trends auch in Deutschland mit 13 Millionen Nutzern mit weitem Abstand das größte Soziale Netzwerk. Wie das Magazin t3n allerdings berichtet, ist der hierzulande der Abstand zu anderen Netzwerken wie YouTube, Wer-kennt-wen oder den VZ-Netzwerken national nicht so groß ist, wie im internationalen Vergleich. Die Deutschen müssen aufpassen, dass sie im Internationalen Vergleich nicht abgehängt werden!

Gehirne in der Datenwolke

Gründe dafür? Einige! Die vielbeschworende deutsche Innovationsfeindlichkeit, die Angst von Managern und Politikern vor dem Machtverlust durch zu viel Transparenz, die Ressentiments von Datenschützern und vor allem auch das Konkurrenzdenken und Polemik der meinungsbildenden Medien. Harald Martenstein, u.a. Redakteur beim Berliner Tagesspiegel, ließ sich 2009 in seiner Kolumne bei der ZEITüber die Belanglosigkeit des Twitterns aus.  “Wenn ich wollte, könnte ich ununterbrochen mithilfe moderner Maschinen kommunizieren und Menschen, die ich kaum kenne, inhaltsarme Minitexte senden.”  Der Tenor seiner Kritik: Was kann man in 140 Zeichen denn schon Sinnvolles von sich geben? Im gleichen Jahr erschien Das Buch “Payback: Warum wir im Informationszeitalter gezwungen sind zu tun, was wir nicht tun wollen, und wie wir die Kontrolle über unser Denken zurückgewinnen”, in dem Frank Schirrmacher, Mitherausgeber der FAZ, seine Überforderung durch das Internet bekannte. Er schreibt von Systemen, die unsere Intelligenz überfordern, Konzentrationsstörungen und von einem Computer, der in der Lage ist, unser Gehirn umzuprogrammieren.

Damit löste er eine heftige Diskussion um die Gefahren des Internets aus, die auch 2011 noch nachwirkt: In Ihrem Buch “Digital ist Besser” arbeiten sich die Autoren Kai-Hinrich und Tim Renner regelrecht an den Internet-Vorurteilen vom Typ Schirmacher ab. Immer noch besser als der Journalist Sascha Adamek: Der schürt mit seinem Reißer “Die Facebook-Falle” regelrecht die Ängste seiner Leser, indem er sich wenig differenziert über das Beliebteste Soziale Netzwerk und dessen Machenschaften auslässt. Denn auch wenn Facebook mit Vorsicht zu genießen ist, zeigt das Buch vor allem eines: Nämlich dass in Deutschland auch heute noch das Geschäft mit der Angst vor dem bösen, bösen Internet hervorragend funktioniert. Wie subjektiv solche Meinungen sind, weil sie in der Regel auf persönlichen, emotionalen Erfahrungen des jeweiligen Autors basieren, von persönlichen Erfahrungen beeinflusst   werden, zeigte kürzlich Bill Keller, der Chefredakteur der eigentlich für ihre fortschrittliche Internetintegration bekannten “New York Times”. Der hatte seiner 13-jährigen Tochter die Nutzung von Facebook erlaubt, die daraufhin in wenigen Stunden ihrem Profil 171 Freunde hinzugefügt hatte. Für Keller war das ein ähnlich schockierendes Erlebnis, als habe er ihr eine Pfeife mit Crystal Meth in die Hand gedrückt. Daraufhin begann Keller, sich Gedanken über die negativen Auswirkungen des Netzes zu machen – und kam zu einem vernichtenden Ergebnis:  Das Internet verdummt und verweichlicht die Menschen und beraubt sie grundlegender Fähigkeiten wie Informationsspeicherung, Rechnen oder Orientierungssinn. Denn, so polemisiert Keller, Gehirne in die Datenwolke outzusourcen sei ja deutlich bequemer als selbst zu denken – doch führe das dazu, dass wir einen Teil von uns selbst verlieren.

Dass solche und ähnliche Pauschalkritiken am Internet sind ziemlich absurd sind, hat Christian Stöcker, Ressortleiter Netzwelt bei Spiegel Online, sehr treffend entlarvt:  “Die wenigsten von uns können heute noch Körbe flechten, Brot backen oder mit Ochs, Egge und Pflug ein Feld bestellen – letzteres würde uns schon rein körperlich überfordern… Der Niedergang der Menschheit fing demnach spätestens mit der Erfindung dampfbetriebener Landmaschinen an, wenn nicht schon mit dem Einsatz von Zugpferden.”

Aliens in der Echokammer

Wie kommen aber solche Vorurteile zustande? Wie Eli Pariser, President der amerikanischen Bürger-Initiative MoveOn.org feststellt, sind sogenannte Echokammern daran schuld, dass viele Diskussionen im und über das Netz einfach aneinander vorbeilaufen. Pariser hat im Sommer 2011 zu diesem Thema ein Buch, veröffentlicht, dem er den passenden Titel “The Filter Bubble” verpasste. Wie entstehen nun aber solche Filterblasen? Der Grund ist im Prinzip eine höchst menschliche Schwäche: Jeder Mensch sucht sich in der Regel Menschen, die ähnlich denken wie er selbst – sei das nun im realen Leben oder im Internet. Auch Zeitungsleser beispielsweise abonnieren in der Regel am liebsten Medien, die ihre eigene Meinung widerspiegeln. Soziale Netzwerke allerdings verstärken diesen Effekt noch, weil man nicht mehr auf Freunde und Bekannte vor Ort angewiesen ist, sondern sich schnell und einfach gleichgesinnnte in Communities auf der ganzen Welt suchen kann.

Das klingt bequem, kann aber zu einer einseitigen Wahrnehmung führen, weil man nicht nur per RSS-Reader, Twitter- oder Facebook-Stream ständig Nachrichten erhält, die die eigene Meinung bestätigen. Nein, durch das Verlinken, Liken und Retweeten wird man in seinen eigenen Ansichten auch noch permanent bestätigt. Und mehr noch: Seit Google 2009 die personalisierte Suche eingeführt hat, mit der jeder nur noch Ergebnisse angezeigt bekommt, die genau auf ihn zugeschnitten sind, sind auch die Informationen via Google, für die meisten Menschen unbestritten die Suchmaschine Nr. 1 für Anfragen aller Art, in der Regel schon vorsortiert. Das übrigens auch, wenn man sich gar nicht bei Google angemeldet hat; dann nämlich werden die Suchanfragen und angeklickten Websites standardmäßig in einem Cookie 180 Tage lang gespeichert und Sie erhalten die auf Sie zugeschnittenen Suchergebnisse aufgrund dieser Daten. Machen Sie sich doch mal den Spaß und vergleichen Sie, was bei Ihnen und einem Bekannten zu genau dem gleichen Suchbegriff herauskommt.

Informationen und Links, die mich wirklich interessieren, passgenaue Suchergebnisse – das klingt natürlich alles sehr bequem, kann aber dazu führen, dass jeder sich bald nur noch in der eigenen Echokammer bewegt, in der zwar ständig widerhallt, was man denkt, die aber im Extremfall hermetisch abgeschlossen nach außen ist, so dass neue und andere Meinungen keine Chance haben. Das ist dann der Grund, warum viele Diskussionen im und auch zum Internet praktisch komplett aneinander vorbeilaufen. Jeder schmorrt im eigenen Sud und spricht nur über statt miteinander. Warum auch nach Übereinstimmungen suchen, wenn jeder Nutzer der Notwendigkeit eines Kompromisses durch Eintritt in “seine” Filterblase ausweichen kann? Bei Google lässt sich die personalisierte Suche auf der Suchergebnisseite noch rechts oben durch Klick auf Einstellungen > Webprotokoll deaktivieren. Aber das Grundproblem in den Köpfen ist damit eher nicht gelöst.

Herrenmenschen mit asozialer Komponente?

Einer der bekanntesten deutschen Internet-Vordenker, Sascha Lobo fand für dieses Gebaren harrsche Worte und sprach von faschistoiden Tendenzen, digitalen Herrenmenschen und asozialen Komponenten. So schrieb er in seiner Spiegelkolumne über das Verhalten der  deutschen Internetszene:  “[Es] herrschen problemverschärfend Gruppendenken und Abschottung. Nirgendwo drückt sich das deutlicher aus als in der ungeheuren Hybris der Netz-People gegenüber allen anderen. Nicht nur, dass wir viel zu oft vergessen, dass noch immer fast die Hälfte der Bevölkerung mit dem Internet nichts zu tun hat. Wir ignorieren auch unsere Abhängigkeit von den Leuten, die wir mit Spott überschütten und denen wir oft mit Häme und Verachtung begegnen. Wenn wir sie überhaupt beachten, die Ahnungslosen, die Internetausdrucker, die Offliner.”

Wie das in der Realität aussieht, habe ich vor einigen Monaten live erlebt, als auf einer Medien-Konferenz der TAZ, die sich ausdrücklich dem Thema Social Media widmete, kulturkonservative Bildungsbürger auf  Vertreter der Internetkultur prallten: Wenn Diskussionsrunden nach wie vor darüber gestritten wird, ob das Internet nun die Kultur kaputt macht oder nicht, statt ganz reele Chancen und Gefahren zu thematisieren die mit der neuen Entwicklung einher gehen, dann kommt mir das vor, als lebten da Menschen in zwei unterschiedlichen Parallell-Universen. Naja, das ist vielleicht ein wenig übertrieben: Aber vom anderen Stern sind sie definitiv und unterschiedliche Sprachen sprechen sie auch. In ihrer Echo-Kammer haben sie auch gar nichts anderes gelernt. Man fragt sich nur: Wer sind eigentlich die Aliens?

Der Bremer Psychologieprofessor Peter Kruse hat die Diskussion um die Gefahren des Internets analysiert und ist zu dem Schluss gekommen, dass sich hier zwei unterschiedliche Gruppen mit gänzlich unterschiedlichen Wertvorstellungen gegenüber stehen, die Schwierigkeiten haben, einander überhaupt zu verstehen. Wie Aliens eben! Kurse wertet dazu die Profile von 200 intensiven Internetnutzern im Hinblick auf die (unbewusst angewendeten) Wertemuster wissenschaftlich aus und stellte fest: Diese nehmen nach ihren Werten zwei unterschiedliche Cluster ein: Da ist zum einen eine Gruppe, die das Digitale lebt und es als wesentlichen Teil ihrer Sozialisation erlebt – Kruse nennt sie die Digital Residents. Daneben gibt es eine zweite Gruppe – die so genannten Digital Visitors –,die das Internet zwar nutzt, es aber letztlich nur als Instrument versteht und daher die damit einhergehenden gesellschaftlichen Veränderungen ablehnt. Genau das wird aber nach Kruse zu erheblichen Schwierigkeiten führen, denn die Veränderungen, die das Internet ausgelöst hat, sind systembedingt und können nicht mehr gestoppt werden – außer, wenn man das Internet ausschalten würde. Insofern ist laut Kruse die Diskussion, ob das Internet eine Gefahr darstellt, ein gänzlich falscher Ansatz, vielmehr wären ein “grundlegendes Umdenken” und der Abschied von etablierten Regeln erforderlich.

Hauptsache Hipp?

Doch nicht nur die Kritiker übertreiben, sondern auch die Web-2.0-Euphoriker. Das sind diejenigen, die in Social-Media-Anwendungen grundsätzlich das Allheilmittel für so ziemlich alles sehen: Für Unternehmen, um neue Kunden zu gewinnen, für Bewerber, um einen Job zu finden, für Personaler, um neue Mitarbeiter zu recrutieren. Kurzum als Mittel zum Glück. Vor allem aber natürlich für den eigenen Geldbeutel, wenn sie unbedarften Kunden ihre Dienstleistung als Social-Media-Berater aufschwatzen: Egal ob es es passt oder nicht, schließlich ist es ja trendig, hipp und angesagt.

Mal abgesehen von den unzähligen Top-Tipps zur Social-Media-Nutzung, die in ihrer inflationären Masse nicht gerade glaubhaft wirken, treibt der manchmal schon krampfartige Wunsch, irgendwas mit Internet und Interaktion machen zu wollen, mitunter merkwürdige Blüten. Das ZDF beipielsweise sendete im April 2011 den interaktiven Krimi “Wer rettet Dina Foxx?”, der im TV begonnen und im Internet von den Nutzern aufgelöst werden sollte. Die Quote blieb jedoch mit 670.000 Zuschauern überschaubar – und das, obwohl das ZDF einen beachtlichen Werbeaufwand für sein Experiment betrieben und dieses sogar auf der Blogger-Konferenz re:publica präsentiert hatte. Wer sich dann tatsächlich auf die Suche nach dem Mörder begeben wollte, wurde bitter enttäuscht, weil der Server, von dem aus die Mörderjagd im Internet beginnen sollte, zusammenbrach. Zwei Tage später wurde die zum Mitmach-Krimi geschaltete Website “freidaten.org” sogar Opfer eines Hackerangriffs – alle Daten und Backups gingen verloren.  Die Macher konnten die User nur bitten, sich nochmals zu registrieren und von vorne anzufangen. Nun mag man darüber streiten, ob das ZDF besser bei seinen Leisten geblieben wäre, statt dem Jugendwahn hinterherzuhecheln oder ob eine gute Idee einfach nur schlecht umgesetzt war. Das peinliche Beispiel zeigt jedoch, was passieren kann, wenn man sich allzu unbedarft auf neue Kommunikationsformen einlässt, ohne diese wirklich verstanden zu haben. Und es zeigt, dass es Risiken gibt, die man trotz aller Begeisterung für das Medium nicht unterschätzen sollte.

Datenschutz und Datensicherheit sind ein wichtiger Aspekt dabei. Aber nicht der Einzige. Unternehmen z.B. laufen Gefahr, durch falsche Erwartungen in Social-Media sehr viel Geld in den Sand oder ihren guten Ruf aufs Spiel zu setzen. Und auch Privatpersonen können sich allzuleicht in den Gefahren des Web 2.0 verzetteln und dabei viel Zeit verschwenden oder mehr über ihr Privatleben preisgeben, als ihnen eigentlich Recht ist. Zeit also, darüber zu sprechen, wie man Social-Media wirklich nutzt.

Wie nackt wollen wir im Netz stehen?

Die Balance halten ist, was das Internet und Soziale Netzwerke angeht, in jeder Beziehung ein gutes Stichwort. Denn abschalten und können und wollen wir es nicht mehr, dazu ist es viel zu sehr Teil unseres Lebens geworden. Und einfach draußen bleiben ist auch keine Lösung: Es schneidet uns selbst vom Informationsfluß ab, macht uns aber gegen Angriffe von Außen nicht weniger verwundbar. Die einzige Lösung besteht darin, dass wir Lernen müssen uns mit dem Thema Social Media insgesamt kritisch auseinanderzusetzen.

Das Internet und Soziale Netzwerke stellen uns vor gesellschaftliche Herausforderungen stellen, die wir dringend diskutieren müssen. Darüber, ob sich die Trennung zwischen Berufs- und Privatleben in Zukunft überhaupt noch aufrecht erhalten lässt oder ob es nicht in Zukunft eine neue Lebens- und Arbeitsform geben wird: Eine, die uns die Chance und die Freiräume lässt, uns als menschliches Individuum selbst zu verwirklichen, statt uns in feste Unternehmensstrukturen und Arbeitszeiten einzuzwängen. Die uns nicht zu neuen, allseits verfügbaren Sklaven mobiler Technik und unsere Chefs macht. Und darüber ob wir bestehende Datenschutzgesetze lockern müssen, um jungen Unternehmen wirtschaftliche Spielräume zu ermöglichen oder sie verschärfen, um Verbraucher zu schützen.

Kontrolle behalten oder abgeben?

Letztendlich bedeutet das, darüber nachzudenken, inwieweit wir die Kontrolle über unsere Daten und unsere Privatsphäre behalten oder doch ein Stück weit abgeben wollen – in der Hoffnung auf eine tolerantere, offenere Gesellschaft, die aber auch die Gefahren von Totalitarismus und  Manipulation kritisch im Auge behält. Oder ob wir statt neuer Ideen weiterhin in bestehenden gesellschaftlichen Denkmustern verharren, wie Martin Weigert zur Einführung des Digitalen Radiergummis so treffend kritisiert hat: “Die Idee eines digitalen Radiergummis ist wieder einer dieser kläglichen Versuche, neuartige Entwicklungen in das Korsett früherer, nicht hinterfragter Konventionen zu pressen, statt die Chancen zu sehen, welche sich aus dem Wandel und der damit verbundenen Transparenz ergeben.

Kein Mensch hat eine weiße Weste. Jeder hat Fehler begangen oder Dinge getan, die er/sie bereut. Statt zu lernen, mit dieser Erkenntnis umzugehen, wird krampfhaft versucht, das Bild des perfekten Individuums aufrechtzuerhalten. Das Problem sind nicht die Party- und Trinkbilder von Jugendlichen, sondern die Haltung derjenigen, die Menschen davon ausgehend bewerten, ihnen den angestrebten Job deshalb nicht anbieten und ganz vergessen, dass sie selbst erst kürzlich mit einem heftigen Kater aufgewacht sind.”

Aber auch jeder Einzelne muss für sich individuell abwägen, wie er Soziale Netzwerke nutzt. Zum Beispiel ohne ständig das dauernde schlechte Gewissen, irgendetwas zu verpassen. Ohne uns durch die vielen großen und kleinen Unwichtigkeiten unsere Zeit stehlen zu lassen. Ohne sauer oder deprimiert zu sein, das andere mehr Facebook-Freunde oder mehr Follower bei Twitter haben. Ohne zu viel von uns preiszugeben, dabei aber authentisch zu bleiben.  Ohne uns ganz nackt zu machen, aber gleichzeitig Wissen und Informationen mit anderen teilen.

Eine Frage des Vertrauens

Und wenn dieser individuelle Weg so aussieht, wie Johny Häusler ihn so treffend und ironisch in seinem Blog Spreeblick beschreibt, dann scheint das zunächst  wenig rational, aber zutiefst menschlich:

“Ich vertraue der Regierung nicht, verlasse mich aber sehr wohl auf die Demokratie. Und obwohl ich Google relativ viel anvertraue, vertraue ich auch Google nicht, sonder verlasse mich… ja. Worauf eigentlich? Auf mein gutes Gefühl? Darauf, dass Google schon nichts schlimmes machen wird und das Geschäftsmodell, mit dem ich mich arrangiert habe, für immer beibehalten wird? Darauf, dass niemand jemals die Google-Server hacken wird, darauf, dass keine Regierung der Welt per Gesetz Zugriff auf diese Server einfordern wird? Darauf, dass kein einziger der Google-Mitarbeiter mit Datenbankzugriff jemals bestochen wird, sich einen schlechten Spaß erlaubt oder einfach einen Fehler macht? Die Wahrheit ist: Ich verlasse mich auf gar nichts. Im Umgang mit Google (und anderen Internet-Dienstleistern) gehe ich immer davon aus, dass morgen – vielleicht nur durch einen dummen Zufall – meine sämtlichen Daten offen liegen. Ich bemühe mich daher dafür Sorge zu tragen, dass in einem solchen Fall meine Peinlichkeiten im Meer der noch viel peinlicheren untergehen würden und behalte wirklich Privates bei mir. Das geht nicht ganz so weit, wie es… Eric Schmidt empfiehlt (“Wenn es etwas gibt, dass sie niemanden wissen lassen wollen, dann sollten sie es vielleicht gar nicht erst tun”), aber mir genügt es.”

All das geht nicht von heute auf morgen. Es erfordert, dass wir Erfahrungen machen und Fehler. Dass wir daraus lernen. Dass wir austauschen, diskutieren, unser Wissen teilen. Dass wir kritisch neue und alte Ideen hinterfrage, aber ohne dabei in Panik zu verfallen. Denn nur so lassen sich die Herausforderungen als Chance nutzen. Angst vor der Zukunft ist keine Lösung!