Der Wunsch, alles gut und richtig zu machen, ist nichts Schlechtes. Wer allerdings übertreibt, steht sich schnell selbst im Weg. 6 Tipps gegen übertriebenen Perfektionismus und für ein einfacheres Leben.

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Perfektion: Der Wunsch, unbedingt alles richtig zu machen!

Letzte Woche ist mir wieder ein schönes Beispiel über den Weg gelaufen, wie sich jemand mit zu hohen Anforderungen an sich selbst im Weg steht: “Wenn ich etwas mache, dann will ich es auch wirklich perfekt machen”, sagte mein Bekannter mit inbrünstiger Überzeugung. Dagegen ist auch nichts einzuwenden; im Gegenteil, das Ziel ist hehr und wichtig.

Allerdings war das Vorhaben, um dessen Planung es ging, schon einmal gescheitert. Und der zweite Versuch war gerade auf dem besten Weg, wieder zu scheitern, lange bevor er überhaupt angegangen wurde. Grund: Wie der Bekannte zugab, führte sein Wunsch, alles perfekt zu machen, zu einem unglaublichen Aufwand: Denn um die angestrebte Perfektion zu erreichen, wurde ein simples Projekt durch Einbezug verschiedener Faktoren und Personen immer größer und komplexer gemacht – bis es sich schließlich als kaum noch bewältigbar entpuppte.

Perfektion ist allgegenwärtig

Keine Frage: In unserer Gesellschaft regiert die Perfektion. Man braucht nur den Fernseher einzuschalten oder Zeitschriften aufzuschlagen, schon springen uns scheinbar perfekt aussehende, gesunde und vor allem stets unsagbar gut gelaunte, glückliche Menschen entgegen.

Und es gibt Berge von Ratgeberliteratur, die Dir zeigen will, wie Du genau so wirst; wie Du also vollkommen zufrieden und glücklich lebst, den perfekten Traumjob findest oder völlig nebenwirkungsfrei Karriere machst und dabei auch noch mit links reich wirst.

Perfektion in Führung und Arbeitsalltag

Doch das Phänomen beschränkt sich nicht auf unsere persönlichen Befindlichkeiten. Gerade im Berufsalltag ist Perfektion allgegenwärtig: Arbeitnehmer sollen perfekt in das Unternehmen passen und ihre Arbeit möglichst fehlerlos erledigen.

Es zählen vor allem Stärke und Kompetenz, die durch vermeintliche Fehlerlosigkeit und den perfekten Auftritt suggeriert werden. Jeder spielt seine Rolle so gut wie möglich. Der schöne Schein zählt oft mehr als die tatsächlichen Inhalte. Dass wahre Kompetenz darin besteht, auch Fehler und Nicht-Wissen zugeben zu können, um daraus zu lernen, wird dabei gerne übersehen.

Perfekt Gestylt: Gefönte Kens und Barbies aus der Chefetage

Wohin das führen kann, hat kürzlich der ehemalige Telekom-Personal-Vorstand Thomas Sattelberger  etwas plakativ beschrieben:

“Die gefönten Kens und Barbies im Business-Outfit werden nur auf ökonomische Effizienz getrimmt, nicht zu Innovationen animiert. Die Manager in spe denken einzig in der Kategorie ‘höher, schneller, weiter’. Business Schools und Wirtschaftsfakultäten sind deshalb signifikant verantwortlich für missratene Führung im Management.”

6 Tipps für den Weg aus der Perfektionsfalle

Doch wie entgeht man, eingedenk der ganzen Einflüsse aus Umfeld und Medien, dieser Perfektionsfalle? Die folgenden Verhaltensweisen können verhindern helfen, dass Du Dir selbst im Weg stehst mit einem übertriebenen Perfektionsanspruch:

  1. Weg mit der Prokrastination: Wie mein oben erwähnter Bekannter schieben viele Leute ständig wichtige Aufgaben vor sich her, weil man Angst hat, sie nicht perfekt erledigen zu können. Das ist die klassische Prokrastination von Menschen, die unter Perfektionismus leiden. Was hilft: Machen eine Prioritätenliste und erledigen Sie wichtige Dinge sofort!
  2. Ängste abbauen: Der Wunsch nach Perfektion entsteht aus Angst und persönlicher Unsicherheit. Machen Sie sich also klar, wo Ihre Ängste liegen und bekämpfen Sie das Übel von der Wurzel her.
  3. Was kann schon passieren? Was wird passieren, wenn Sie sich einfach weniger Mühe geben? Vermutlich viel weniger als Sie im Moment glauben. Schrauben Sie Ihre Ansprüche an sich selbst einfach mal testweise ein wenig herunter.
  4. Lernen Sie, mit Kritik umzugehen: Ein Faktor, der viele Menschen zu Höchstleistungen treibt, ist der Umgang mit Kritik. Hinterfragen Sie diese ruhig mal: Hat man Sie wirklich kritisiert? Ist die Kritik gerechtfertigt? Hat Ihr Kritiker genug Ahnung von der Sache, um Sie wirklich kritisieren zu können?
  5. Lernen Sie, Entscheidungen zu fällen: Statt verbissen vor sich hinzusinnieren – schreiben Sie alles auf. Struktur hilft Ihnen, trotz Perfektions-Anspruch zu entscheiden. Und sehen Sie Dinge ruhig auch mal mit Humor, denn Lachen hilft gegen Perfektionismus.
  6. Fehler produktiv nutzen: Fehler sind menschlich. Wenn Ihnen ein Fehler unterläuft, ärgere Sie sich ruhig, dass Sie diesmal nicht perfekt waren. Aber überlegen Sie dann auch, was Sie beim nächsten Mal besser machen könnten.