Im Berliner Ellington-Hotel spielten einst Louis Armstrong, Ella Fitzgerald und Duke Ellington, später arbeitete hier die Berliner Finanzverwaltung und im Keller feierte David Bowie. Heute findet hier u.a. das jährliche HR-Barcamp statt. Was sonst hervorsticht: Der hervorragende Service.

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Haus voller Geschichte

Kein Zweifel, das 2007 eröffnete Berliner Ellington Hotel in Charlottenburg, unweit des Wittenberg-Platzes, ist ein Haus mit Geschichte und Geschichten – was aber daneben sofort auffällt, ist das, wovon ich im Vorfeld bereits viel gehört hatte: Der herausragende Service der rund 100 Mitarbeiter, die kompetent und effizient für die Gäste da sind. Es wurde Zeit, mir das persönlich einmal anzusehen.

Der erste Eindruck: Begeisterung. Eben ein typisches Stück Berlin. Entworfen von Richard Bielenberg und Josef Moser und gebaut von 1928 bis 1931 durch die Märkische Bau- und Grundstücksverwertung-AG, wurde das Gebäude unter dem Namen “Haus Nürnberg”, “Femina- oder Tauentzien-Palast” bekannt.

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Denkmalgeschützte Fassade

Sichtlich beeinflusst von dem den Bauten des Architekten Erich Mendelsohn entstanden über dem durchgehenden Ladengeschoss – auch heute noch befinden sich hier 6 Geschäfte, die als Showroom genutzt werden können – mit belichteten langgestreckte Fensterbändern die vier Obergeschosse, die ursprünglich als Büro gebaut wurden. Die Wandflächen sind mit Travertin verkleidet, gerahmt werden sie durch schmale Bänder aus dunklem Backstein unter- und oberhalb der stark profilierten Fenster.

Gegliedert wird die 185 Meter lange und weitestgehend noch intakte Fassade durch Treppenhaustürme und Erker. Die Hauseingänge und Schaufenster der Ladenfront sind in Messing gefasst – auch das trägt zum vornehmen Äußeren des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes bei.

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Die Femina

Bekannt wurde diese aber vor allem durch sein Erdgeschoss, genauer gesagt durch das rückwärtige, zweigeschossige Ballhaus, genannt “Femina”, die bereits am 1. Oktober 1929 als “Das Ballhaus Berlins” eröffnet wurde, das mit 2.000 Sitzplätzen, “zwei Riesenbars und drei Kapellen”, “täglich Tanztee. Gedeck M 2,50” und “Tanz-Attraktionen” warb.

Besonderheiten waren ein Aufzug für bis zu 16 Personen, eine Rohrpost und das hydraulisch zu öffnende Dach, das den Tanzenden den Blick auf den Sternenhimmel freigab. Dazu spielte “Tangokönig” Juan Llossas auf.

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Das Grand Café

Bereits 1931 wurde das Grand Café, das sich im Erdgeschoss genau unter dem Ballsaal befand, zu Willi Schaeffers “Cabaret für Alle” umgebaut, im Dritten Reich entwickelte sich das Haus an der Nürnberger Straße mit dem großen Ballsaal und seinen zahlreichen Nebenbars und -restaurants zum beliebtesten Swingpalast Berlins, hier traten Teddy Stauffer, Heinz Wehner und weitere berühmte Kapellmeister” mit ihren Tanzorchestern auf.

Der Ballsaal wurde während des Krieges geschlossen, doch in den übrigen Lokalitäten schwofte man weiter – bis zum bitteren Ende. Während das Vorderhaus den Krieg recht heil überstand, wurde das rückwärtige Ballhaus im Krieg schwer beschädigt. Nur die Außenmauern blieben stehen.

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Klaus Kinski sorgte für Furore

Im Erdgeschoss eröffnete im Juni 1946 das Kabarett “Ulenspiegel”, in dem Werner Finck seine Rückkehr nach Berlin und Gustaf Gründgens seine Rückkehr zum Kabarett feierten. 1948 wurde der Saal zum Kino umgebaut, 1958 wurde er zur Spielstätte des privat finanzierten “Berliner Theaters”, dessen Darstellerliste sich wie das Who is Who des deutschen Boulevardtheaters liest. Viele der alten Ufa-Stars, von Lil Dagover über Olga Tschechowa bis hin zu Grethe Weiser, aber auch Jüngere wie Günter Pfitzmann und Edith Hancke waren hier zu sehen.

Für Furore sorgte 1959 der junge Klaus Kinski, als er an zehn Tagen hintereinander Villon, Rimbaud, Oscar Wilde und Gerhart Hauptmann rezitierte. Aus der ehemaligen “Pusztastube” im Kellergeschoss wurde 1949 die “Badewanne”.

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Die “Badewanne”

Von einer Gruppe von Malern als uriges Künstlerlokal initiiert, entwickelte sich der Kellerclub bald zu Berlins wichtigster Jazzstätte – die aber immer auch für anderen Rummel zu haben war: für Rock’n’Roll-Preistänze etwa oder Marlon-Brando-Lookalike-Wettbewerbe.

Coca Cola war neben Bier das beliebteste Getränk, und unters Publikum mischten sich zahlreiche amerikanische GIs, um Größen wie Lionel Hampton, Ella Fitzgerald, Louis Armstrong, Count Basie, Dizzie Gillespie oder den namengebenden Duke Ellington live zu hören.

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Die Wilden Siebziger

In den Siebzigern schwenkte man auf Schlager und Disco um, 1978 eröffnete man als Diskothek “Sugar Shack” noch einmal neu. Doch die Luft war raus, auch der Nachfolger “Garage” dümpelte mehr schlecht als recht vor sich hin.

Im alten Ballhaus war es mit dem Vergnügen schon 1973 vorbei gewesen. Der einstige Kabarett-, Kino- und Theatersaal wurde zur Personalkantine der Berliner Finanzverwaltung, die 1951 die Bürogeschosse bezogen hatte.

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Ende der Siebziger Jahre ging es im Ellington Hotel noch einmal richtig los. Frank Zappa, Mick Jagger, Lou Reed, Barbara Streisand oder David Bowie feierten hier nach ihren Konzerten rauschende Feste.

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New Wave: Studio 53

Mit dem New Wave wurde der stylisch-schicke “Dschungel” zur Szene-Diskothek schlechthin, einer Art Berliner Pendant zu New Yorks “Studio 54” – in der Hausnummer 53! Wer einmal drinnen war, gehörte dazu und konnte mit etwas Glück Rio Reiser als DJ oder den zeitweiligen Berliner Nick Cave am Nachbartisch erleben.

Prince und Boy George verbrachten hier ihre Berliner Nächte. Mit dem Mauerfall und dem Techno geriet die In-Disko jedoch ins Abseits, 1993 musste sie schließen. Und auch der Nachfolger, das Edel-Restaurant “Dschungel”, reüssierte nie wirklich. Ende der 90er fiel der Laden schließlich in den Dornröschenschlaf, aus dem ihn nur selten Revival-Parties aufweckten.

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Der Saal der Senatoren

Seit 2007 ist das nun anders: Der Veranstaltungsbereich bietet auf insgesamt 1490 Quadratmetern mit zehn unterschiedlichen Räumen Platz für insgesamt bis zu 800 Personen – bei einer Tagespauschale ab 64 Euro inkl. Business-Lunch, zwei Kaffeepausen und Schreibunterlagen. Wer Beamer und Leinwand sowie High-Speed-Internet benötigt, zahlt 10 Euro mehr.

Der Saal, in dem die Finanzsenatoren ihre Pressekonferenzen gaben, ist ebenfalls erhalten. Er befindet sich im Obergeschoss eines zweiten rückwärtigen Bauteils und wird heute als Konferenz-Raum genutzt – passenderweise unter dem Namen Saal Senator bietet er auf 202 Quadratmetern Platz für bis zu 180 Personen.

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Kunst in der Femina

Prunkstück für Events ist der ehemalige Saal Femina, in dem sich heute unter gleichem Namen ein moderner Veranstaltungsraum mit 634 Quadratmetern und Platz für bis zu 600 Personen befindet.

Daran angeschlossen ist ein geräumiges, Licht durchflutetes Foyer, in dem Kaffeepausen, Empfänge oder Stehlunches durchgeführt werden können. Hier und in einem kleinen Eventraum im Erdgeschoss (90 Quadratmeter für 96 Personen) ist eine Sammlung von Werken russicher Künstler zu bewundern.

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Der Charme der Zwanziger Jahre

Doch nicht nur in den Veranstaltungsräumen, das ganze Gebäude lebt von seiner Historie: In den Treppenhäusern und einigen Sälen wurde der Charme der späten Zwanziger und frühen Dreißiger Jahre erhalten: Er findet sich in weißen und grünen Wandkacheln, Treppenhandläufen aus Messing, Stuckornamenten an den Decken und vergoldeten Schriftzügen an den Wänden. Beeindruckend sind zudem die langen Flure in den oberen Stockwerken.

Damals konnte man die innere Gliederung des Stahlskelettbaus mit Leichtsteinwänden flexibel an die Nachfrage der Mieter anpassen: Ein Büroraum von etwa 100 Quadratmetern im zweiten Stock kostete 1932 “inklusive Heizung” 270 Reichsmark im Monat; ein “kleines Einzelbüro mit Warteraum” war ab 56 Reichsmark Monatsmiete zu haben. 1938 bezog die Reichsmonopolverwaltung für Branntwein die Büros.

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Zimmer statt Büroräume

Heute befinden sich hier die 285 Zimmer und Suiten des Hotels, die preislich ab etwa 120 Euro beginnen und in minimalistischem, kühlem weiß gehalten sind – fast möchte man bedauern, dass sich der urige Berliner Charme des Treppenhauses nicht auch in den Zimmern fortsetzt, aber das Ellington Hotel lebt gerade auch von diesen Kontrasten.

158 Zimmer gehören zur Standard-Kategorie in der Größe von 16 bis 20 Quadratmetern. Für eine Doppelbelegung bei Konferenzen sind sie allerdings nicht geeignet, da sich die Toilette hier offen im Raum befindet. In den höheren Kategorien ist das aber anders: Insgesamt gibt es acht Kategorien, darunter drei Executive-Rooms (75 Quadratmeter), 2 Familienzimmer, zwei Turmsuiten (40 Quadratmeter) sowie vier behindertengerechte Räume.

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Frühstück im Kabarett und Gourmet-Restaurant

Wo die Kabarett- und Schauspielstars der Nachkriegszeit auf der Bühne standen, frühstücken heute die Hotel-Gäste, wobei die kantinenartige Atmosphäre sicherlich eine Reminszenz an die flexibele Tischgestaltung von Konferenzgästen zu verstehen ist.

Anders sieht das im mit 15 GaultundMillau Punkten (2016) ausgezeichneten Restaurant DUKE aus: Es verfügt über 65 Sitzplätze und eine offene Showküche. Eine raffinierte Tresen-Konstruktion verbindet das Restaurant mit der DUKE Bar und Lounge sowie dem Sommergarten. Ein separater Private Dining Room bietet zudem weitere zwölf Plätze in privater Atmosphäre.

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Der Weintresor

Eine Besonderheit befindet sich im historischen Keller des Hotels: Hinter den im Original erhaltenen tonnenschweren Stahltüren des ehemaligen Tresorraums der Oberfinanzdirektion, liegt der 35 Quadratmeter große Weintresor mit rund 300 verschiedenen Weine aus Frankreich, Italien, Spanien, Deutschland und Österreich.

Darunter finden sich Besonderheiten wie die Sassicaia Reihe 1976 bis 2008 inkl. dem “Sassi 85” und einem Barbaresco Angelo Gaja Jahrgang 1969. Der Weintresor lädt aber auch ein, bei gutem Essen und perfekter Weinbegleitung der Geschichte auf die Spur zu gehen.

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Das Jazz-Radio

Eine weitere Besonderheit befindet sich in der großräumigen Duke Bar und Lounge: Der Sender JazzRadio 106.8 mit 75.000 Hörern hat international bereits 22 Auszeichnungen erhalten hat, darunter den New York International Radio Broadcasting Award. Im Ellington Hotel überträgt er täglich live aus dem gläsernen Studio im Erdgeschoss, während die Gäste ihre Cocktails schlürfen. Außerdem gibt es regelmäßig Jazzkonzerte.

Bei so viel Geschichte bleibt nur eines zu bedauern: Das der Paternoster, mit dem die Herren der Finanzverwaltung täglich ins Büro hinauffuhren und der z.B. im Berliner Abgeordnetenhaus noch in Betrieb ist, gibt es leider nicht mehr – die Baubehörde fand ihn zu gefährlich für einen Hotelbetrieb.

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ÖPNV-Nutzung in Berlin

Für Touristen lohnt sich die Berlin WelcomeCard: Sie erlaubt freie Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln – und günstige Konditionen bei rund 200 Partnern, die Rabatte von 25% bis 50% gewähren! Außerdem erhalten Berlin WelcomeCard-Nutzer den Berlin WelcomeCard-Guide dazu, der als Reiseführer Ihren Berlin-Trip bereichert.

Es gibt sie in 12 verschiedene Ticketvarianten inklusive Berlin WelcomeCard Museumsinsel und als Fahrkarte für alle öffentlichen Verkehrsmittel – für 48 Stunden, 72 Stunden, 4, 5 oder 6 Tage ab Entwertung sowie für den Tarifbereich AB oder ABC (inklusive Flughafen Schönefeld). Sie kann Vorab online im Visit-Berlin Shop, aber auch in Hotels, an Automaten und vielen Reisebüros gebucht werden.

App-Tipp

Wer noch mehr Geschichten über Berlin hören und erleben will, kann die kostenlose App “Going Local Berlin” nutzen: Sie stellt zwölf Berliner Bezirke, 60 Kieze und mehr als 700 persönlichen Berlin-Tipps, Veranstaltungen und Restaurant-Empfehlungen vor. Die Idee dahinter: Berlin wie ein echter Berliner entdecken. Dazu bietet die App pro Bezirk eine Tour an, die auch als Video verfügbar ist und Einblick in die Atmosphäre und Highlights eines Stadtteils gib, wie etwa den Kräuterhof in Reinickendorf, Klein-Venedig in Spandau oder die “Imaginäre Manufaktur” in Kreuzberg. Die App ist auf Deutsch und Englisch verfügbar und steht zum Download unter http://app.visitberlin.de bereit.