Ole Mensching

Headhunter Dr. Ole von Mensching über den Fachkräftemangel im IT-Bereich und was Bewerber tun können, um einen Job zu finden.

Dr. Ole Mensching studierte VWL und Psychologie, arbeitete bei Kienbaum Management Consultants und promovierte an der Universität zu Köln und an der University of California, Berkeley, bevor er Careerteam gründete. Als Headhunter ist er spezialsiert auf Unternehmen der Old Economy im digitalen Wandel. Ole Mensching hält Vorträge zum Thema Fachkräftemangel auf einschlägigen Veranstaltungen wie bspw. der NOHA-Conference und moderiert den OnlineKarriere-Tag, der in verschiedenen Städten Absolventen und Young Professionals in die digitale Branche vermitteln will.

Herr Dr. Menschning, haben wir in Deutschland Fachkräftemangel?

In der IT-Branche ganz sicher. Viele Unternehmen finden nicht die Spezialisten die sie brauchen. Und die digitale Industrie ist der Old Economie in den meisten Dingen um zehn Jahre voraus – auch was das Thema Fachkräftemangel angeht: Da bringt die Digitalisierung heute schon Probleme mit, die andere Unternehmen in zehn Jahren haben werden. Gleichzeitig bietet die Digitalisierung mit Ihrer innovativen Kultur enorme Chancen – auch für Fachkräfte.

Woran liegt es, dass in der Digitalbranche so ein erhöhter Bedarf herrscht?

Zum einen ist die Branche stark am Boomen. Aufgrund der niedrigen Zinsen und der anhaltenden Unsicherheit auf den Aktienmärkten wird zur Zeit verstärkt Kapital in StartUps investiert und diese erfahren dadurch ein starkes Wachstum.

Darüber hinaus bauen auch die meisten Mittelständler und Konzerne jetzt Ihre digitalen Einheiten auf und haben ebenfalls einen hohen Bedarf an digitalen Fachkräften. Gleichzeitig sind die bestehenden Fachkräfte am Markt als Digital Natives mit der digitalen Industrie gewachsen, sie kennen diese Kultur also sehr gut und sind entsprechend wählerisch.

Wie sieht es mit entsprechenden Aus- und Weiterbildungen aus?

Leider eher schlecht. Viele Unternehmen wollen nicht ausbilden, weil ihnen die professionellen Strukturen fehlen, die sie dazu benötigen würden. Auch Trainee-Programme werden von Unternehmen nur sehr zögerlich aufgelegt. So etwas zu implementieren, kostet Zeit und Geld.

Die Hochschulen hingegen kommen bei der digitalen Entwicklung kaum hinterher, so dass einschlägige Abschlüsse fehlen.

Also gute Chancen für Quereinsteiger?

Das kommt darauf an: Wenn ein Bewerber die gesuchten Fähigkeiten schon mitbringt, dann ja. Aber Unternehmen wollen eben keine Quereinsteiger, die sie erst noch anlernen müssen.

Da hat es in den letzten Jahren auch starke Veränderungen gegeben: Vor einigen Jahren suchten die Firmen noch Leute fürs Marketing, heute werden gezielt Spezialisten, zum Beispiel SEO-, Affiliate- oder Real Time Bidding (RTB) Manager, gesucht.

Wie kann dann der Einstieg in die IT-Branche gelingen?

Man muss clever sein und sich Wissen selbst aneignen, dann hat man eine Chance – z.B. indem man sich autodidaktisch in die Suchalgorithmen oder ähnliches einarbeitet. Wer clever ist und sich schnell neue Inhalte erschließt kann sich auch schnell als Experte etablieren, auch weil Expertenwissen in der digitalen Welt eine kurze Halbwertszeit hat.

Hört sich an, als wäre ein Hochschulabschluss überflüssig…

Ob man einen Hochschulabschluss hat oder nicht, ist egal. Viele digitale Unternehmer suchen gerade nicht nach Hochschulabsolventen, weil die nicht so gut Hands on arbeiten wie erfahrene Praktiker.

Eine gute Möglichkeit für den Einstieg bietet zum Beispiel eine Online-Marketing-Agentur, weil man hier viele verschiedene Bereiche kennenlernt und vieles lernen kann. Praktika können eine erste Orientierung bieten, bei den seltenen Trainee-Programmen hingegen sollte man vorsichtig sein: Oft werden schlecht bezahlte Trainees als Feuerwehr-Arbeitskraft für alle möglichen Aufgaben eingesetzt ohne dass sie in irgendeinem Bereich eine tiefere Expertise aufbauen können.