Gut. Ratten sind also perfekte Konsumenten, großartige Nutzenmaximierer und gute Kandidaten für eine Extra- Sendung “Fell-Shopping-Queen”. Und jetzt die entscheidende Frage: Warum?

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Warum kennen Tiere die Wirtschaftstheorie?

Wir können ausschließen, dass E4 oder die anderen Ratten eines der oben zitierten Lehrbücher gelesen haben, und selbst wenn sie es lesen – können Sie es verstehen? Und selbst wenn sie es verstehen, werden sie es anwenden? Eher nicht. Die Haushaltstheorie überfordert bisweilen schon Erstsemester, und die haben wenigstens Tutorien.

Oder nehmen wir Keith Chens Kapuzineräffchen: Chen bringt seinen Schützlingen die Idee von Geld bei. Sie lernen, dass man im Tausch gegen Münzen, sogenannte Tokens, Futter bekommt. Der Laborassistent zeigt eine Hand mit Futter und streckt eine leere Hand aus – legen Sie einen Token in die Hand des Assistenten, bekommen sie das Futter.

Können Affen Bücher lesen?

Jetzt kann man allerhand Experimente anstellen und sehen, wie sich die Affen verhalten, wenn man ihr Einkommen – also die Zahl der Tokens, die man ihnen gibt – ändert, oder wenn man die Preise für bestimmte Futtersorten ändert. Das Fazit von Chen: Affen kennen die Preistheorie der Ökonomen. Und befolgen sie. Sie reagieren auf Preisveränderungen, Einkommenserhöhungen und Änderungen in den Belohnungen, die sie für ihr Geld erhalten. Wetten, dass Keith Chens geschäftstüchtige Affen keine Ökonomie-Bücher lesen?

Was lustig klingt, ist eine ernste Frage, die tiefer geht als die Idee, dass Ratten keine Bücher lesen: Ökonomen wird vorgeworfen, dass ihre Modelle – auch die Modelle der Haushaltstheorie – unrealistisch sind, dass Menschen sich so nicht verhalten, dass Realität anders ist.

Eine überlebenswichtige Strategie

Und jetzt kommen ein paar Ratten – mit Tauben kann man das auch nachweisen – und halten sich an das Drehbuch, das die unrealistischen Lehrbücher skizzieren. Irgendetwas passt hier nicht. Und die Lösung liegt im falschen Verständnis davon, wie Wissenschaft und wie Menschen funktionieren. Was macht die Shopping Queen, was macht E4, was machen die Ratten?

Sie versuchen, aus ihren knappen Mitteln das Beste herauszuholen. Das klingt selbstsüchtig, ist aber evolutorisch gesehen überlebenswichtig: In einer kalten Welt der Knappheit muss man mit gegebenen Mitteln so gut wie möglich haushalten, um zu überleben. Für die Shopping-Queen ist diese Aufgabe Spaß, für den Teenager Luxus, für E4 überlebenswichtig. Wer seine Mittel, seine Kräfte falsch einteilt, wird von der Natur ausgesiebt.

Das Jäger-Shopping-Queen-Dilemma

Verlegen wir das Shopping-Queen-Experiment vom Labor in die freie Wildbahn. Gibt es hier ähnliche Probleme? Aber sicher. Jeder Jäger, der durch sein Revier streift, um Beute zu machen oder um Beeren oder Wurzeln zu sammeln, steht vor dem gleichen Problem wie unsere Ratten, Teenager und Shopping-Queens: Er hat begrenzte Mittel – vor allem Kraft und Zeit –, und muss mit diesen begrenzten Mitteln seine Energieaufnahme maximieren, Beute machen, Nahrung finden, damit er überleben kann.

Das klassische Shopping- Queen-Dilemma. Ratten, Tauben, Tiere, Menschen, Teenager, Shopping-Promis – sie alle optimieren ihr Verhalten, nicht, weil sie es in Ökonomie-Lehrbüchern gelesen haben, oder weil sie gesagt bekommen, dass sie sich so verhalten sollen – sie verhalten sich so, weil die Evolution und Tradition es ihnen beigebracht hat.

Diktatur der Knappheit – Kein Platz für Verschwender

Und wer sich nicht so verhält, wird aus dem Bauplan des Lebens entfernt. Auf der Erde ist kein Platz für Verschwender.

Und das gilt nicht nur für Shopping und Einkaufen, für Energy Drinks und Cola oder Root Beer und Tom Collins – fast alle Bereiche des Lebens beugen sich der Diktatur der Knappheit und begegnen ihr mit ökonomischem Verhalten. Ob Tier oder Mensch. Darwin lässt keine Spezies zu, die verschwenderisch ist.