Chefs sollen in allererster Linie an das Wohl ihres Unternehmens denken – und das bedeutet, Mitarbeiter bei Vergehen auch mal anzumeckern. Büro-Sado-Maso alla Schuld– und Sühne ist fehl am Platz.

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Büro-Sadomaso: Einmal zur Beichte bitte?

Was tun, wenn Chefs aber lieber gute Menschen sind und den Beichtvater spielen? Wie in diesem Beispiel: Herr Bock hat Mist gebaut. Seine ersten Entwürfe zur Marktanalyse, vom Vorstand letzte Woche bei ihm in Auftrag gegeben, liegen seit Tagen wie Blei in seiner Schublade. Er kommt einfach nicht aus den Puschen. Heute Abend sollte die Analyse fertig sein. Nun ist es 15 Uhr und es ist sonnenklar: Das wird nichts mehr.

Wie ein Häufchen Elend sitzt Herr Bock nun mit seinem Stückwerk im Büro seines Chefs und beichtet ihm alles. Ein wenig erinnert die Situation an Sado-Maso-Spiele, bei denen der Unterlegene am Ende dennoch die Oberhand hat.

Nur nicht unfreundlich sein!

Denn Herr Pfaff ist entsetzt: Es fehlen wichtige Daten, die Charts sind eilig zusammengeschustert und noch dazu strotzt das Ganze vor Rechtschreibfehlern. Aber dem armen Kerl auch noch den Kopf waschen? Immerhin hat der sich ja vertrauensvoll an ihn gewandt und ist auch so schon zerknirscht genug. Jetzt mit Sanktionen zu kommen, wäre ja glatt ein Vertrauensbruch!

Herr Pfaff beruhigt den armen Herrn Bock: Irgendwie wird er das mit dem Vorstand schon hinbiegen. Er sonnt sich in der Gewissheit, dass alle seine Mitarbeiter größtes Vertrauen zu ihm haben. Er wird gebraucht – ein gutes Gefühl, auch wenn es nur ums Händchenhalten geht. Und das reinste Büro-Sado-Maso sozusagen, bei dem es um Schuld, Vergebung und Sühne geht.

5 Gründe: Warum es sinnvoll sein kann, wenn Führungskräfte den Beichtvater spielen

Die Rolle einer Führungskraft als Beichtvater ist dabei eine interessante Metapher, die einige wichtige Aspekte der Führungsarbeit hervorheben kann. Ein Beichtvater ist jemand, dem man seine Sorgen, Ängste und Fehler anvertraut, um Rat, Unterstützung und Vergebung zu erhalten.

In ähnlicher Weise können Führungskräfte eine solche Rolle einnehmen, indem sie ihren Mitarbeitern einen sicheren Raum bieten, in dem sie ihre Herausforderungen und Fehler offen ansprechen können. Daher kann es für Chefs und Mitarbeiter durchaus attraktiv sein, den Beichtvater zu spielen. Denn als Beichtvater können Führungskräfte:

  1. Zuhören: Eine der wichtigsten Fähigkeiten eines Beichtvaters ist das Zuhören. Führungskräfte sollten ihren Mitarbeitern aktiv zuhören, ohne zu urteilen oder zu unterbrechen. Indem sie ihren Mitarbeitern Raum geben, ihre Gedanken und Gefühle auszudrücken, können Führungskräfte ein tieferes Verständnis für ihre Mitarbeiter entwickeln und ihnen helfen, Lösungen für ihre Probleme zu finden.
  2. Vertrauen aufbauen: Wie bei einem Beichtvater ist es wichtig, dass Führungskräfte das Vertrauen ihrer Mitarbeiter gewinnen. Indem sie Vertraulichkeit wahren und ein unterstützendes Umfeld schaffen, in dem Mitarbeiter sich sicher fühlen, können Führungskräfte das Vertrauen ihrer Mitarbeiter gewinnen und eine offene Kommunikation fördern.
  3. Beratung und Unterstützung bieten: Ähnlich wie ein Beichtvater können Führungskräfte ihren Mitarbeitern Ratschläge und Unterstützung anbieten. Sie können ihre Erfahrungen und Fachkenntnisse nutzen, um ihren Mitarbeitern bei der Bewältigung von Herausforderungen zu helfen und sie in ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung zu unterstützen.
  4. Lernen fördern: Ein Beichtvater bietet Vergebung und die Möglichkeit zur persönlichen Weiterentwicklung an. In ähnlicher Weise können Führungskräfte ihren Mitarbeitern helfen, aus Fehlern zu lernen und sich weiterzuentwickeln, anstatt sie für Fehler zu bestrafen. Indem sie eine Kultur der Fehlerakzeptanz und des Lernens fördern, können Führungskräfte ein Umfeld schaffen, in dem Mitarbeiter mutig genug sind, ihre Fehler anzusprechen und daraus zu lernen.
  5. Sicherheit: Insgesamt kann die Metapher des Beichtvaters helfen, die Bedeutung von Zuhören, Vertrauen, Beratung und Unterstützung in der Führungsarbeit zu betonen. Indem Führungskräfte ihren Mitarbeitern einen sicheren Raum bieten, können sie eine offene Kommunikation fördern, das Vertrauen stärken und zur persönlichen und beruflichen Entwicklung ihrer Mitarbeiter beitragen.

5 Gründe: Die Rolle von Führungskräften als Beichtvater hat Ihre Grenzen

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Rolle einer Führungskraft als Beichtvater auch ihre Grenzen hat. Führungskräfte sollten sich bewusst sein, dass sie keine professionellen Therapeuten oder Seelsorger sind und dass es Situationen geben kann, in denen professionelle Hilfe erforderlich ist. Es ist wichtig, die Grenzen der eigenen Rolle zu erkennen und Mitarbeiter bei Bedarf an entsprechende Ressourcen zu verweisen.

Die Rolle einer Führungskraft ist vielfältig und anspruchsvoll. Sie umfasst die Leitung eines Teams, das Treffen von Entscheidungen, das Setzen von Zielen und die Förderung der individuellen und kollektiven Leistung. In einigen Fällen kann es verlockend sein, auch die Rolle eines Beichtvaters einzunehmen – jemandem, dem man seine Sorgen und Ängste anvertraut und um Rat bittet. Jedoch gibt es gute Gründe, warum Führungskräfte diese Rolle nicht übernehmen sollten.

  1. Mangelnde professionelle Ausbildung: Führungskräfte sind in der Regel nicht ausgebildet, um als Therapeuten oder Seelsorger zu fungieren. Sie haben nicht die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten, um komplexe emotionale Probleme zu behandeln. Das Spielen der Rolle eines Beichtvaters kann zu unangemessenen Ratschlägen oder Handlungen führen, die die Situation verschlimmern oder die Mitarbeiter in eine Abhängigkeit von der Führungskraft … … … führen können.
  2. Interessenkonflikte: Als Führungskraft haben Sie eine Verantwortung gegenüber dem Unternehmen und dem Team. Das bedeutet, dass Sie Entscheidungen treffen müssen, die im besten Interesse des Unternehmens und der Mitarbeiter liegen. Wenn Sie die Rolle eines Beichtvaters übernehmen, können Interessenkonflikte entstehen. Sie könnten in eine Position geraten, in der Sie vertrauliche Informationen haben, die Sie nicht weitergeben können, um die Interessen des Unternehmens zu schützen. Dies kann zu einem Vertrauensbruch führen und das Verhältnis zu Ihren Mitarbeitern belasten.
  3. Zeit- und Energieaufwand: Die Rolle eines Beichtvaters erfordert Zeit und Energie. Als Führungskraft haben Sie bereits viele Aufgaben und Verantwortlichkeiten, die Sie bewältigen müssen. Das Hinzufügen der Rolle eines Beichtvaters kann zu einer Überlastung führen und Ihre Fähigkeit beeinträchtigen, Ihre eigentlichen Führungsaufgaben effektiv zu erfüllen. Es ist wichtig, Ihre Zeit und Energie auf die strategische Ausrichtung des Teams und die Erreichung der Unternehmensziele zu konzentrieren.
  4. Professionelle Unterstützung: In vielen Unternehmen gibt es bereits professionelle Ressourcen wie Personalabteilungen, Berater oder externe Dienstleister, die Mitarbeitern bei persönlichen Problemen oder Konflikten helfen können. Diese Fachleute haben die erforderliche Ausbildung und Erfahrung, um angemessene Unterstützung zu bieten. Als Führungskraft ist es wichtig, Ihre Mitarbeiter an diese Ressourcen zu verweisen anstatt selbst versuchen zu wollen, ihre Probleme zu lösen.
  5. Fokus auf die Entwicklung von Mitarbeitern: Als Führungskraft ist es wichtig, sich auf die Entwicklung Ihrer Mitarbeiter zu konzentrieren. Dies beinhaltet die Förderung ihrer beruflichen Fähigkeiten, das Coaching und Mentoring, um ihr Potenzial zu entfalten. Das Spielen der Rolle eines Beichtvaters kann von diesem Fokus ablenken und dazu führen, dass Sie sich mehr auf die persönlichen Probleme Ihrer Mitarbeiter konzentrieren, anstatt auf ihre berufliche Entwicklung.

Beichtväter sind bequem und verantwortungslos

Um noch einmal zu unserem Eingangsbeispiel zurückzukehren: Leider hat Herr Pfaff nämlich vergessen, dass es sein Job ist, Leistung einzufordern. Konsequenzen bei mangelnder Leistung? Auf keinen Fall! Das wäre autoritär und absolut von gestern. Außerdem ist Nachsicht leichter, bequemer und kuscheliger. Nimmt Herr Pfaff sich überhaupt selber ernst? Oder hat er nur seinen Beruf verfehlt?

Seine Mitarbeiter haben sehr schnell spitz bekommen: Wenn Sie dem Chef ihre kleinen und großen Sünden beichten, erlangen sie – schwupps – sofortige Absolution. Zum Gewohnheitsrecht mutierte Nachsicht zeugt aber nicht von Größe sondern beweist lediglich Führungsschwäche und zieht mit absoluter Sicherheit Probleme nach sich. Probleme mit den Mitarbeitern, die sich entspannt zurücklehnen und immer weniger tun.

Grenzen setzen ist wichtig

Und Probleme mit all den Mitarbeitern, die ihre Arbeit ordentlich machen. Denn die werden dazu immer weniger Lust verspüren. Die Hemmschwelle, lausige Qualität abzuliefern sinkt ins Bodenlose. Und irgendwann gibt es einen großen Knall. Nicht von Herrn Pfaff, der wird dann irgendwo anders Wohlfühlfelder aufbauen. Jemand anderes wird mit der Axt kommen – und eine Schneise hinterlassen.

Es ist daher wichtig, die Grenzen der eigenen Führungsrolle zu erkennen und professionelle Unterstützung anzubieten, wenn Mitarbeiter mit persönlichen Problemen oder Konflikten konfrontiert sind. Indem Sie sich auf Ihre eigentlichen Führungsaufgaben konzentrieren und Ihre Mitarbeiter an die richtigen Ressourcen verweisen, können Sie ein gesundes und produktives Arbeitsumfeld schaffen.

Fazit: Keine Beichte ohne Buße

Insgesamt sollten Führungskräfte die Rolle eines Beichtvaters nicht übernehmen. Beichte ohne Buße funktioniert nicht. Schützen Sie Ihre Mitarbeiter nicht vor den Folgen ihres Handelns. Das ist unfair und respektlos. Denn auch wenn einzelne oder gar ein ganzes Team gewohnt ist, ungestraft ineffizient sein zu können, wird irgendwann. Wenn Sie dagegen eine klare Linie vorgeben, kann eine Schieflage erst gar nicht entstehen.

Mit Klarheit meinen wir nicht autoritäres Gehabe! Wer autoritär ist, lässt seinen Mitarbeitern keinen Handlungsspielraum. Klarheit heißt: Ich als Chef habe alles im Auge. Und wenn die Arbeit nicht gemacht wird, dann werde ich einschreiten. Mit einer solchen Vorgabe wissen die Mitarbeiter genau, woran sie sind. Und sie haben die Chance, ein eventuelles Fehlverhalten abzustellen.