Berufsbild! Comedian: Brotlose Kunst oder Beruf mit Zukunft?

Wer Leute zum Lachen bringt, ist beliebt und kann im Zweifel viel Geld verdienen – denn Menschen wollen immer unterhalten werden. Doch aus den wenigsten wird eine Cindy aus Marzahn.

Prominente Comedians machens vor

Wer kennt nicht Ingo Appelt, Michael Mittermeier oder Dieter Nuhr, die allabendlich im Fernsehen ihr Publikum Lachen bringen und Applaus einstecken. Oder Mario Barth, der ganze Fußballstadien zum Kochen bringt. Auch wenn das für manch einen dem Untergang des guten Geschmacks gleicht: Comedians sind längst ein fester und wichtiger Bestandteil der deutschen Unterhaltungskultur geworden. Mit Ihren manchmal derben, manchmal subtilen Späßen leisten sie einen wichtigen Beitrag zu einer kritischen Betrachtung der Gesellschaft und regen oft genau deswegen zum Nachdenken an.

Aber was macht ein Comedian denn nun genau? Vereinfacht gesagt unterhält er das Publikum mit witzigen Geschichten, Anekdoten oder kurzen Spielszenen. Diese geben Comedians entweder allein oder mit Partnern zum Besten. Je nach persönlichem Stil setzen sie ihre Stimme sowie ausdruckvolle Gestik und Mimik ein und spielen bestimmte Rollen. Oft beziehen sie das Publikum mit ein, in diesem Fall improvisieren Comedians auch. Gegeben verwenden sie Requisiten. Für ihre Auftritte verarbeiten Comedians verschiedene Stoffe, die sie ins Lächerliche ziehen. So ironisieren sie z.B. politische Themen oder Alltagshandlungen.

Ilka Bessin: Von der Hartz IV-Empfängerin zum erfolgreichen Comedian

Die erfolgreiche Strategie von Ilka Bessin, besser bekannt als Cindy aus Marzahn, lautet: Sich über sich selber lustig machen, bevor es andere tun. Damit hat sie es weit gebracht, von der Hartz-IV-Empfängerin zur Entertainerin, von der Couch-Potatoe zur Vorzeige-Proletin. Dabei war ihr Start alles andere als Erfolgreich. Nach zwei Ausbildungen zur Köchin und zur Hotelfachfrau und berufliche Erfahrungen als Kellnerin, Barchefin und Animateurin auf einem Kreuzfahrtschiff war Ilka Bessin vier Jahre arbeitslos und schrieb in dieser Zeit 200 Bewerbungen. Dann bewarb Sie sich beim Talentabend im Quatsch Comedy Club – und gewann. Denn heimlich hatte Bessin schon als Kind davon geträumt, Clown zu werden und sich 1999 zum ersten Mal auf die Bühne getraut, im Theater eine Kreuzfahrtschiffs. Seither geht es mit ihrer Karriere steil nach oben.

Worin besteht die Tätigkeit von Comedians?

Comedians stehen allerdings nicht nur auf der Bühne, sondern erledigen darüber hinaus Organisationsaufgaben, verhandeln mit Auftraggebern, Schreiben ihr Programm selbst, wozu Recherchearbeiten notwendig sind und nehmen Pressetermine wahr.

Comedians treten in der Regel an wechselnden Orten auf, z.B. in Varietés, an Kleinkunstbühnen, in Fernsehstudios oder in Zirkuszelten. ie arbeiten häufig mit Kollegen im Team. Aufführungen finden meist abends oder am Wochenende statt. Wenn Comedians auf Tournee gehen, sind sie oft längere Zeit von ihrem Wohnort entfernt. Durch enge Produktionstermine oder kurz vor Aufführungen kann Zeitdruck entstehen.

Wie wird man Comedian? Voraussetzungen, Aus- und Weiterbildung

Um als Comedian tätig zu sein, ist eine Schauspielausbildung ist hilfreich, aber keine Voraussetzung. Einen vorgeschriebenen Ausbildungsweg gibt es nicht, Sie können theoretisch jederzeit anfangen. In der Praxis ist es wichtig, so viel wie möglich zu üben, z.B. mit dem Diktiergerät und so viele Auftritte wie möglich zu absolvieren, etwa in Varietés, Theaterensembles oder an Kleinkunstbühnen. Berufserfahrung im künstlerischen Bereich ist auf jeden Fall von Vorteil.

Comedians verbinden ausgeprägten Humor mit schauspielerischen bzw. darstellerischen Fähigkeiten in der Rollen- und Körperarbeit. Komödiantisches Talent ist Grundvoraussetzung für den Beruf. Außerdem braucht man eine große Leidenschaft. Um Erfolg zu haben, ist es wichtig, ein Gespür für die Vorlieben des Publikums zu haben und dies in der Darbietung umzusetzen. Dazu benötigen Sie eine gute Beobachtungsgabe, aber auch Hintergrundwissen über die von ihnen ironisierten Themen.

Wie macht man sich Selbständig?

Als selbständiger Comedian sind Sie freiberuflich tätig. Das bedeutet, Sie benötigen lediglich eine Steuernummer beim Finanzamt. Eine Gewerbanmeldung ist nicht erforderlich, aber Sie müssen sich über die günstig Künstlersozialkasse versichern, sofern Comedian ihr Hauptberuf ist und Sie damit mehr als 3900 Euro im Jahr verdienen. Weitere Informationen unter http://www.kuenstlersozialkasse.com.

Wo liegen die beruflichen Chancen?

Das wichtigste als Comedian ist, neben guten Witzen und einem ausgefeilten Programm, bekannt zu werden. Ziel muss es sein, den eigenen Namen als Marke mit Wiedererkennungswert zu etablieren. Dafür ist es wichtig, einen eigenen Stil zu entwickeln und nicht andere Künstler zu imitieren. Das Publikum muss wissen, für welche Comedy man steht. Das bedeutet auch, keine 08/15 Witze zu reisen, sondern seinem Comedy-Programm eigenen Charakter zu verleihen.

Der im Fernsehen ausgestrahlte Quatsch-Comedy-Club in Berlin beispielsweise hat vielen deutschen Comedians zu Ruhm verholfen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, sich auf lokalen Kleinkunstbühnen zu etablieren. Noch relativ neu ist die Möglichkeit, sich im Internet bekannt selbst zu machen, z.b. via youtube, twitter und/oder mit seinem eigenen Blog. Auf jeden Fall sollte man verschiedene Kanäle Nutzen.

lost-on-stage.de war das erste deutsche Stand-Up Comedy Portal im Internet und präsentiert die besten Newcomer, Shooting Stars und Nachwuchstalente der Comedyszene. Stand-Up Comedy ist ja populärer als je zuvor. Live-Programme von etablierten Künstlern wie Mario Barth oder Hape Kerkeling blühen auf allen Kanälen. Der Bedarf an neuen Gesichtern ist enorm und doch sieht man immer die gleichen Gesichter, während die Masse an unbekannten Stand-Up Talenten überall in Deutschland ihr Programm auf Kleinkunstbühnen vor einem sehr begrenzten Publikum aufführt.

Brotlose Kunst oder ein Beruf mit Zukunft?

Die deutsche Unterhaltungsbranche boomt: In schwierigen Zeiten flüchteten die Leute ins Kino oder Theater, suchen nach Antworten oder tauchen in Gegenwelten ein. Heute sind es bequeme Streamingdienste und Videoplattformen wie YouTube, die Menschen faszinieren und unterhalten. In der Filmwirtschaft hat es in den vergangenen Jahren sogar einen kleinen Gründerboom gegeben, denn der neueste deutsche Film ein ausgewiesener Exportschlager. Viele Filme deutscher Regisseure finden immer schneller auch einen internationalen Vertrieb. Dazu haben die Komödienerfolge der vergangenen Jahre ebenso beigetragen wie zeitgeschichtliche Dramen. Mit “Das Leben der Anderen” hat 2007 ein Film zu einem Thema der deutschen Zeitgeschichte einen Oscar als bester ausländischer Film gewonnen. Geschichten von glaubwürdigen Figuren in der zeitgenössischen Realität sind wieder in. Der deutsche Film kehrt in die Wirklichkeit zurück und er liefert damit Antworten auf aktuelle Fragen der Menschen in der Gegenwart.

Für die gesamte Kunst– und Unterhaltungsbranche bedeuten solche Erfolge, dass auch die sogenannten brotlosen Künste in den nächsten Jahren zu einem stetigen Wachstum der Kreativwirtschaft beitragen werden. Das zeichnet sich bereits jetzt schon an den Zahlen: Design, darstellende Künste und der Kunstmarkt wuchsen in den vergangenen Jahrzehnten rapide und werden wohl weiter wachsen – auch wenn Corona für gewisse Einbußen sorgte, von denen sich die Branche bald erholt haben dürfte: Zu groß ist der Unterhaltungsbedarf von Menschen und zu spannend sind für die Künstler und Kulturschaffenden die digitalen Möglicheiten.

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