Schäfer

Burkhard Schäfer macht in seinem Ausbildungszentrum in Berlin-Wedding benachteiligte junge Menschen fit für den Arbeitsmarkt und das Leben. Zum Start einer aktuellen Charity-Aktion erzählt er Im Interview, worauf es beim Umgang mit Jugendlichen ankommt und was Unternehmen bei der Berufsausbildung besser machen könnten.

Burkhard Schäfer war u.a. Sozialarbeiter, Personalleiter einer Stiftung, die Werkstätten in Haftanstalten unterhält, Beisitzer beim Arbeitsgericht und arbeitete bei der Berliner Senatsverwaltung, bevor er die Leitung des SOS-Berufsausbildungszentrums Berlin-Wedding übernahm. Schäfer machte zunächst den Realschulabschluss auf einer kaumännischen Schule und lernte Werkzeugmacher. Die Kombination aus Ausbildung und Mittlerer Reife ermöglichte ihm, an einer Fachoberschule Fachabitur zu machen. Er studierte zunächst Sozialpädagogik an einer Fachhochschule, später dann Erziehungswissenschaften.

Herr Schäfer, wie viele Jugendliche betreuen Sie in Ihrer Einrichtung?

Insgesamt 250 Jugendliche, davon 160 Azubis in 10 Berufen aus Dienstleistung und Handwerk und 90, die in der berufsvorbereitenden Orientierung noch herausfinden, welcher Beruf ihnen liegt. Dazu komme 100 Mütter, die sich auf den beruflichen Wiedereinstieg vorbereiten.

Viele Unternehmen beklagen sich heute, dass sie keine geeigneten Auszubildenden finden. Was sagen Sie dazu?

Die Unternehmen müssen mehr auf die Bedürfnisse der Jugendlichen eingehen. Bisher fordern sie ja vor allem, dass die Jugendlichen sich nach ihnen richten und praktisch schon fertig in die Ausbildung kommen. Stattdessen sollten Sie die jungen Leute als Persönlichkeit da abholen, wo sie stehen. Aber ihnen natürlich auch die Regeln vermitteln.

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Haben Arbeitgeber zu hohe Ansprüche?

Die Ideale, die ein Unternehmen gerne nach Außen vermitteln möchte, muss es selbst auch vorleben. Die Jugendlichen sind aber sehr kritisch und merken ganz genau, wenn Anspruch und Wirklichkeit nicht zusammenpassen. Es heißt ja so schön: “Wie es in den Wald hineinschallt…” – das trifft auch hier zu.

Bitte nennen Sie ein konkretes Beispiel: Wo könnten sich Arbeitgeber mehr auf die Bedürfnisse von Jugendlichen einstellen? Und was haben sie davon?

Na zum Beispiel junge Mütter. Für Arbeitgeber oft ein K.O.-Kriterium. Dabei sollten Unternehmen gerade die besonders fördern, weil sie extrem gut organisieren können und in der Regel auch schneller und fleißiger sind. Ideale Arbeitnehmer also. Dafür müssten die Unternehmen dann bei den Arbeitszeiten flexibler sein. Oder auch Leute mit Behinderung: Wir hatten hier z.B. einen Kochazubi mit Hörschwierigkeiten – aber seinen Job hat er 1A gemacht.

Was machen Sie anders als Unternehmen auf dem ersten Arbeitsmarkt?

Eben genau das: Wir gehen auf die Leute ein und fragen sie, was sie wollen. Dann stellen wir einen Förderplan und eine Zielvereinbarung auf. Dafür stehen neben den Meistern auch Lehrer und Sozialpädagogen zur Verfügung – ein ziemlicher Aufwand also. Regeln gibt es natürlich auch: Wer stiehlt oder mit Drogen handelt, fliegt raus. Das mach ich den Jugendlichen gleich zu Anfang klar.

Was sind das denn für Leute, die zu ihnen kommen?

Junge Menschen mit so genanntem Förderbedarf, die von den Jobcentern, dem Jugendamt oder den Arbeitsagenturen hierher geschickt werden, weil sie nirgendwo anders gefördert werden können. Vor allem müssen die Jugendlichen aber auch selbst Lust haben, eine Ausbildung zu machen.

Sie sprachen von hohem Aufwand: Lohnt sich der?

Natürlich. Die jungen Leute merken ja, dass wir uns um sie kümmern. Und nicht nur das: Wer beispielsweise im Service unseres Ausbildungsrestaurants “Rossi” eine Ausbildung macht, bekommt gleich auch ein positives Feedback im Kundenkontakt. Dorthin kommen sogar Gäste von McKinsey oder der Polizei. Das stärkt das Selbstbewusstsein! Und das ist ja das, worauf es ankommt: Die Persönlichkeitsbildung!

Wie hoch ist denn die Erfolgsrate?

65 % unserer Jugendlichen schaffen einen Abschluss der IHK oder Handwerkskammer.

Und wie viele finden hinterher einen Job?

Genaue Zahlen haben wir nicht, weil wir hinterher nur noch zu einem Drittel der Jugendlichen Kontakt haben. Wer aber mal einen Beruf gelernt hat, kommt immer irgendwo unter, weil er die Disziplin aufgebracht und gemerkt hat, dass durch Leistung etwas erreichen kann. Wie zum Beispiel einer unserer Auszubildenden zum Maler und Lackierer, der jetzt als Musiker arbeitet. Denn die Leute lernen hier ja nicht primär für den Arbeitsmarkt, sondern fürs Leben.

Was tun Sie, um die Jugendlichen im ersten Arbeitsmarkt unterzubringen?

Wir arbeiten zum Beispiel mit verschiedenen Kooperationspartnern zusammen, die unseren Auszubildenden Praktika ermöglichen – zum Teil auch im Ausland. Manchmal werden dann auch Auszubildende übernommen.

Apropos Kooperationspartner: Wie finanzieren Sie sich?

Unser Ausbildungszentrum hat 70 Mitarbeiter und kostet 5 Millionen Euro im Jahr. Drei Millionen bekommen wir von den Arbeitsagenturen, dem Jugendamt und den Jobcentern. Zwei Millionen muss ich durch Spenden und das, was wir selbst mit dem Restaurant oder Handwerksleistungen erwirtschaften, reinhohlen.

Machen Sie dafür Öffentlichkeitsarbeit oder Werbung?

Wir haben dafür leider keine Mittel, aber unsere Kooperationspartner verschaffen uns immer wieder mit gezielten Aktionen mediale Aufmerksamkeit. Zum Beispiel die Hotelgruppe Marriott, die jetzt im Februar die Benefizaktion “You Eat, We Give” in den über 280 europäischen Häusern gestartet haben: Wer hier Essen geht, unterstützt mit einem Euro pro Gedeck die Förderung benachteiligter junger Menschen. Je nach Land werden von Marriott unterschiedliche Projekte gefördert, aber der gesamte Erlös aus Deutschland kommt uns zu Gute.


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