Welcher Beruf passt zu mir ist eine häufig gesuchter Begriff in Google. Viele Menschen suchen nach einem Job, der sie erfüllt. Weil es in der Realität dann doch schwieriger ist, das umzusetzen, zeigen wir Ihnen hier, warum Neuanfänge oft scheitern und was sie konkret dafür tun können, dass es doch noch klappt – auch für einen Neuanfang ab 50.

Berufliche Neurorientierung & Neuanfang: Runter vom toten Pferd!

Lernen vom Märchenprinz

Unser Experte für berufliche Neuorientierung heißt Tom Diesbrock. In seinem Beitrag über Selbstwirksamkeit sagt er: “Prinzen im Märchen sind eher Regisseure, die ihr Leben aktiv selbst in die Hand nehmen. Viele andere sind eher Komparsen, die passiv darauf warten, dass sich etwas ändert.”

Damit macht er deutlich, worum es bei einem beruflichen Neuanfang geht: Dass man sein Leben selbst in die Hand nimmt und aktiv seine Ziele verfolgt, statt einfach nur auf Impulse von außen zu hoffen.

Glauben Sie an Märchen?

Doch warum machen machen das nicht mehr Menschen? Die Gründe dafür hat Diesbrock in einer Beitragsserie auf Best of HR – Berufebilder.de® mit dem Titel “10 Gründe, ein totes Pferd zu reiten” aufgelistet. Man kann erkennen, wie absurd und vorgeschoben so manche Begründungen sind.

Viele Menschen verharren eben lieber wie Dornröschen im Märchenschloss und haaren auf den rettenden Prinzen, der die Dornenhecke durchschneidet, als selbst aktiv zu werden. Aber mal ehrlich, glauben Sie an Märchen? Eben!

Gesellschaftliche Faktoren

Doch es ist nicht nur der eigene innere Schweinehund Schuld an der Misere, sondern auch das gesellschaftliche Umfeld und die Mentalität können einen willigen Berufs-Umsteiger erfolgreich von seinem Vorhaben abbringen.

Eine These übrigens, der Robindro Ullah in seinem Blogpost als Reaktion auf meine Veröffentlichung eines Textes zum Thema bei RP-ONLINE kräftig widersprochen hat:

Schweinehund oder Umfeld?

So ganz stimme ich dem Beitrag allerdings nicht zu. Die Erfahrungen, die Simone Janson beschreibt, habe ich in unserem Konzern noch nicht gemacht… Mag sein, dass es in anderen Unternehmen anders aussieht, aber eigentlich dachte ich, ich würde in nem konservativen Laden arbeiten…

Da frage ich mich doch glatt: Wie sieht das in der Realität aus? Wenn ich mich zum Beispiel als geisteswissenschaftlicher Absolvent bei der Deutschen Bahn bewerbe? Denn da hat man es in der Regel tatsächlich nicht einfach.Gerechterweise muss man aber auch sagen, dass manche Leute auch einfach wenig Lust auf etwas Neues haben!

Lieber unzufrieden weiterreiten als umsatteln!

Das scheint auch die Mehrzahl der Deutschen so zu sehen: In einer Umfrage unter Arbeitnehmern fand das Beratungsunternehmen Gallup 2010 heraus: Gut 66 Prozent der Deutschen machen Dienst nach Vorschrift und zählen die Stunden bis zu Feiertagen und Urlaub.

Und gar 23 Prozent hat innerlich gekündigt. Richtig motiviert arbeiten noch ganze 11 Prozent. Aber warum ziehen diese Arbeitnehmer keine Konsequenzen? Warum wagen sie nicht einfach den beruflichen Umstieg?

Beruflicher Neuanfang ab 50

Selbst im angeblich schwierigen Alter ab 50 ist ein Neuanfang immer noch möglich und manchmal sogar leichter als mit 30 oder 40 – weil die familiären Verpflichtungen nicht mehr vorhanden sind.

Allerdings müssen Jobsuchende hier mit andern Pfunden wuchern als junge Umsteiger und ihre beruflichen Erfahrungen auf dem Arbeitsmarkt ausspielen. Dann haben sie nach einhelliger Meinung diverser Experten gute Chancen, einen neuen Job zu finden.

Best of HR – Berufebilder.de®-Autorin Katharina Daniels zeigt in ihrer zweiteiligen Serie sehr schön, wie ein solcher Neustart in der Lebensmitte gelingen kann.

Es gibt erfolgreiche Quereinsteiger

Tatsächlich gibt es viele Beispiele erfolgreicher Quereinsteiger. Die frühere ÖTV-Vorsitzende und spätere Kanzlerberaterin Monika Wulf-Mathies etwa begann ihre Karriere als Historikerin und kam als Seiteneinsteiger in Politik und Wirtschaft. Ab 2009 war sie Managerin bei der Deutschen Post DHL und ist seit 2009 dort Beraterin des Vorstandes ist. Über ihre Karriere sagt sie heute: “Man braucht Engagement und Fleiß, Leistungswillen, Freude an der Arbeit, Zielstrebigkeit und Beharrlichkeit, Risikobereitschaft, ein gesundes Selbstbewusstsein, Durchsetzungsfähigkeit und Entscheidungsfreude, und nicht zu vergessen: Glück!”

Auch viele andere haben es geschafft, ungewöhnliche Karriewege zu gehen: Der Politikwissenschaftler Johannes Lenz etwa gelangte über viele Umwege in die Kommunikationsabteilung einer Werbeagentur, der Historiker Stephan Zeilinger wurde Referent in einer Kanzlei für Patentrecht und den Mathematiker Robindro Ullah verschlug es in die Personalabteilung der Deutschen Bahn.

Quereinsteiger werden belächelt

Das zeigt: Quereinstiege sind alles andere als selten. Dennoch gelten Menschen, die nach ihrer Ausbildung etwas ganz anderes machen, nach wie vor als Exoten und haben es entsprechend schwer.

Sie werden von gradlinigen Karrieristen belächelt, den ehemaligen Kollegen beargwöhnt und von so manchem Personaler nicht ganz voll genommen. Schon bei der Bewerbung müssen sie besser sein als die anderen und sich später im Berufsalltag imm wieder neu unter Beweis stellen.

Das Ideal ist schnurgerade!

Grund für den Argwohn: Noch immer gilt in Deutschland ein schnurgerader Lebenslauf als das Ideal. Man macht eine Berufsausbildung oder absolviert ein Hochschulstudium auf einen bestimmten Beruf hin – und diesen übt man dann sein ganzes Leben lang aus. Wer von diesem Ideal abweicht, muss schlecht in seinem Job sein – oder er ist einfach ein unzuverlässiger Mitarbeiter.

Der Grund: Personaler bleiben gerne auf der sicheren Seite – denn wenn sich die Entscheidung hinterher als falsch herausstellt, könnten sie ja leicht in Erklärungsnöte kommen. Dennoch müssen Unternehmen umdenken: Neue Aufgabenbereiche und Berufsbilder entstehen aufgrund der technologischen Veränderungen heute zum Teil schneller, als die Hochschulen ausbilden können. Das erfordert auch von Kandidaten eine höhere Flexibilität und die Bereitschaft zum lebenslangen Lernen.

Mut zur Neuorientierung

Wer sich neu orientieren will, dem hilt Tom Diesbrock mit seiner Auffassung und Beratung weiter: Das menschliche Gehirn ist so ausgelegt, dass wir gerne an Vertrautem und Bewährtem festhalten, uns Neues aber Angst macht.

Daher behalten wir lieber einen sicheren Job, als etwas Neues auszuprobieren. Menschen, die genau dieses Riskio eingehen, gehören also zu den engagierteren und mutigeren.

Berufliche Neuorientierung in 3 Schritten

In einer weiteren Artikelserie zeigt Diesbrock, der selbst ein Medizinstudium abgebrochen hat und heute als Coach arbeitet, wie man bei der beruflichen Neuorientierung gezielt und planvoll vorgeht und was das mit dem digitalen Wandel zu tun hat.

Und er macht allen Mut, die nochmal von vorne anfangen wollen: “Das Gehirn wird heute als lebenslang lernfähig angesehen. Wenn Sie sich mit 70 noch entscheiden, japanisch zu lernen haben Sie dafür also die ausreichende Hardware.”