Meine kleine Reihe zu deutschen und internationalen Coworkingspaces geht weiter. Diesmal habe ich das gerade frisch gegründete Birojnica in Riga, Lettland, unter die Lupe genommen. Es ist nicht nur das erste, sondern auch das bislang einzige Coworking-Space in der lettischen Hauptstadt – mit einem interessanten BusinessKonzept.

Die Lage

Diesmal habe ich das gerade frisch gegründete Birojnica in Riga, Lettland, unter die Lupe genommen. Es ist nicht nur das erste, sondern auch das bislang einzige Coworking-Space in der lettischen Hauptstadt – mit einem interessanten Business-Konzept und kostenlosem Meeting-Raum.

Das Birojnica macht einen guten ersten Eindruck: Es liegt mitten im Berga Bazars, einer Galerie mit Cafes und kleinen exklusiven Läden nicht allzu weit weg vom Hauptbahnhof.

Vor dem dem Birojnica sitzen ein paar Coworker und arbeiten in der Sonne, in der Umgebung  sicher sehr angenehm.

Der erste Eindruck

Auch im Inneren ist der Eindruck ausgesprochen positiv: Ein heller Raum mit Tischen, an denen Leute mit Laptops arbeiten. Einer hat sich auch einen großen Computer mit großen Bildschirm mitgebracht. Ein Tresen, an dem Getränke ausgeschänkt werden. Nur die hellen, schlichten, gebogenen Holzstühle sehen für stundenlanges sitzen zum Arbeiten mal wieder ziemliche unbquem aus.

Dass der Raum allerdings eher an ein Cafe mit Buchhandlung erinnert, ist keine Zufall: Tatsächlich ist Birojnica genau das: Ein Coworking-Space, das innerhalb einer Buchhandlung mit angegliedertem Cafe entstand. Genau das ist das Geschäftskonzept, wie mir Mitbegründer Marcis Rubenis erzählt.

Internationale Suche nach dem besten Geschäftsmodell

Rubenis (oben links im Bild) hat das Birojnica gemeinsam mit Rolands Puhovs (unten rechts im Bild), Sandris Murins, Lauris Baltiš, Maris Berziš gegründet. Die fünf sind vorab durch ganz Europa gereist, um sich bestehende Coworking-Spaces in anderen Städten Europas anzuschauen und für sich das beste Geschäftsmodell zu finden.

“Einige Coworker sagten, es funktioniert gut, andere haben Problem, ihre Kosten hereinzubekommen”, erklärt Rubenis. “Da wollten wir vorsichtig sein”.

Gesucht: Eine pragmatische Lösung

Denn die Coworking-Idee sei in Lettland einfach noch nicht so bekannt: “Zwar finden viele die Idee gut, weil ihnen zu Hause arbeitend die Decke auf den Kopf fällt.” Aber die Letten, so sagt Rubenis, seien auch sehr pragmatisch und sparsam: “200 Euro und mehr im Monat zahlt hier einfach niemand für einen Arbeitsplatz.”

Daher habe man nach einer Lösung gesucht, den Kunden ein wirklich gutes Angebot zu machen – und diese schließlich habe sich das Satori, in dem vorher schon eine Buchhandlung mit Café, bestand, für die Lösung angeboten:

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Idee entstand aus persönlichen Bedürfnissen

“Wir gehen dahin, wo die Leute die Leute ohnehin schon arbeiten. Sprich in ein Café mit Buchhandlung wie das Satori. Die Leute zahlen dann ein paar Euro, um einen besseren Service zu bekommen und arbeiten zu düfren” erklärt Rubenis.

Die Idee ist aus den persönlichen Bedürfnissen der Gründer entstanden: “Ich habe als Freelancer auch zu Hause gearbeitet, ” erzählt Rolandis Puvhos. Am Anfang sei das auch sehr prouktiv gewesen. Aber dann habe er alles gemacht, nur nicht gearbeitet.. “Wir dachten uns: Das Problem haben sicher viele Leute.”

Billiger und mit kostenlosem Meeting-Raum

Ein paar Euro, das sind umgerechnet 5 Euro am Tag, 9 Euro in der Woche und etwa 30 Euro im Monat. Damit ist das Birojnica bedeutend billiger als alle bisher getesteten Coworking-Spaces, die monatlich zwischen 150 und 230 im Monat kosten.

Dafür erhalten die Nutzer jedoch die Möglichkeit, den Drucker und den Meetingraum kostenlos zu benutzen, wenn dieser gerade frei ist. Nur wer reservieren will, zahlt extra. Noch ist der fensterlose Hinterraum des Cafés jedoch nicht fertig. Und auch eine Ablage sucht man vergeblich.

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Ohne Telefon, aber dafür mit Facebook-App

Ob auch WLAN und Telefon im Preis mit inbegriffen sind, will ich wissen. “WLAN ist in den meisten lettischen Cafés ohnehin frei” erklärt Rubinis. Und Telefon sei nicht geplant: “Das brauchen die Leute schlicht nicht, heute wickelt man seine Kommunikation übers Internet ab!”

Abgesehen davon, dass das für meine Bedürfnisse eher problematisch wäre, gefällt mir aber eine andere Idee sehr gut: In Zukunft sollen alle User, die sich über das WLAN einloggen, sehen können, wer gerade online ist und wer gerade für Kooperationen zu Verfügung steht.

Einchecken wie bei Forsquare

Man kann sich dann in einer Facebook-Appeinloggen und bekommt einen Badge dafür – ähnlich wie bei 4sqare. Die User sollen sich über die App dann auch zu aktuellen Projekten austauschen können.

Hinter der Idee stehen jahrelange Erfahrung in Application-Building und Game-Design sowie Erfahrungen im PR-Bereich – das ist es tatsächlich, mit dem die fünf Gründer bislang ihr Brötchen verdienen.

Werbung durch Munpropaganda

Die Einkünfte aus dem Coworking-Space teilen sie mit den Betreibern des Cafés. Bereits nach einer Woche hätten sie bereits ca. 40 Kunden.

Das läge vor allem daran, dass das Coworking-Space bereits vor seiner Eröffnung in der ganzen Stadt bekannt gewesen sei, und zwar ganz ohne Werbung, nur über Mundpropaganda, weil, so fügt Marcis Rubenis grinsend hinzu, “in Riga sowieso jeder jeden kennt.”

Ob das Modell überall funktionieren würde?

Mir gefällt am Birojnica vor allem die Preisgestaltung gut. Ich bin mir aber nicht sicher, ob so etwas überall funktionieren würde. Wenn ich mir vorstelle, dass die Besucher in Cafés, in denen sie bislang umsonst gearbeitet haben, nun aufgefordert werden, für ihre Anwesenheit zu bezahlen?

Andererseits müssen die Café-Besucher nun nicht mehr ständig irgendwas bestellen, um hier in Ruhe arbeiten zu können. Der Tagessatz ist billiger als drei Kaffees. Und seit ich selbst mal mit rüdem Tonfall aus einem Café rausgeworfen wurde, weil ich nicht rechtzeitig nachbestellt habe, weiß ich so etwas tatächlich zu schätzen.

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Kooperationspartner gesucht

Und für viele Cafés sind die sogenannten Coffeehousworker ein wirtschaftliches Problem, wie ich mir habe sagen lassen. Warum also nicht gleich eine Coworking-Kooperation eingehen und mehr Geld verdienen?

Das haben auch die Gründer des Birojnica erkannt und glauben an die Zukunftsfähigkeit ihrer Idee. Bis Ende des Jahres, so Rubenis ehrgeiziger Plan, will er das Modell an fünf Orten in Riga etabliert haben. Dabei denkt er nicht nur an Cafes, sondern auch eher ungewöhnliche Arbeitsorte wie Supermärkte. Und auch im Ausland sucht er nach Kooperationspartnern.