Wie konzentriert und wie gut wir uns in den Situationen des Lebens verhalten, hängt von zwei Faktoren ab: Dem Ich-2 und unserer augenblicklichen Form.

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Wir sind nur so gut wie unser Ich-2

Der erste Faktor ist, dass wir immer nur so gut sein können, wie wir unser Ich-2 trainiert haben. Wenn wir beispielsweise nie gelernt haben, mit einem Auto auf regennasser Fahrbahn im Drift um die Kurve zu fahren, dann können wir diesen Vorgang niemals kontrolliert ausführen. Umgekehrt können wir das aber, wenn wir es gelernt haben, auch nur innerhalb bestimmter Grenzen.

So können wir in einem Autorennen zum Beispiel nur die Zeiten fahren, die unserem Trainingszustand entsprechen. Würden wir darüber hinausgehen und zum Beispiel noch schneller in die Kurve einfahren, als wir das im Training gelernt haben, besteht eine hohe Gefahr des Rausrutschens. Dann reagiert unser Gehirn auf der Ebene Ich-2 mit einer Stressreaktion wegen möglichen Kontrollverlusts.

Unsere momentane Form ist ein wichtiger Faktor

Der zweite Faktor für die Kontrolle im Augenblick ist unsere augenblickliche Form. Wir schwanken permanent in der Leistungsfähigkeit unseres körperlichen und mentalen Systems. Wir schwanken nicht nur innerhalb eines Tages. Wir schwanken auch innerhalb von Wochen- und Monatsrhythmen.

Vielleicht ist Ihnen auch schon einmal aufgefallen, dass Spitzensportler eine Zeit lang ziemlich oben in der Tabelle stehen und danach wieder für ein Zeitfenster absteigen, bis sie vielleicht wieder aufsteigen. Sie hören ja auch häufig, dass Moderatoren davon sprechen, dass sich ein Sportler zurzeit in einer guten oder schlechten Form befindet.

Je mehr wir etwas wollen, desto schlechter werden wir

Wir können also in den Situationen des Lebens immer nur so gut sein, wie wir es gelernt haben und was unsere augenblickliche Form im Moment zulässt. Je mehr wir nun versuchen, diesen Zustand nach oben zu korrigieren, umso mehr verwirren wir durch unseren Eingriff in die Routinen von Ich-2 das gesamte System. Wenn wir also unbedingt wollen, werden wir meistens nicht besser, sondern schlechter. Deswegen sind wir meistens dann erfolgreich, wenn wir uns selber machen lassen.

Am leichtesten gelingt uns das in Situationen, die uns nicht so wichtig sind. Umgekehrt ist die Gefahr des Unbedingt-gewinnen-Wollens umso höher, je wichtiger uns Angelegenheiten werden. Je mehr es Ihnen in Zukunft nun gelingen wird, den Alltagssituationen auch mit der Bereitschaft gegenüberzutreten, nicht unbedingt gewinnen zu wollen, umso besser werden Sie sein.

Je besser Sie verlieren können, desto eher gewinnen Sie

Und umso besser Sie sind, umso mehr kontrollieren Sie den Moment und damit wieder Ihre Zukunft. Das Loslassen des absoluten Gewinnen-Wollens geht am einfachsten, wenn man sich mit den Worst-Case-Szenarien der meisten Standard-Situationen anfreundet.

Je besser Ihr Ich-2 damit klarkommt, auch verlieren zu können, umso mehr werden Sie paradoxerweise in Zukunft gewinnen. Ich möchte das einmal anhand eines kleinen Beispiels beschreiben. Stell Sie sich vor, jedes Mal, wenn Sie Ihren Nachbarn auf der Straße treffen, spüren Sie eine starke Stressreaktion. Nachdem Sie nun dieses Buch gelesen und beschlossen haben, sich täglich in Gelassenheit zu üben, wenden Sie bei der nächsten Begegnung eine Technik an.

Unser steinzeitliches Gehirn an moderne Herausforderungen anpassen

Dadurch gelangen Sie vielleicht nicht zu vollkommener Ruhe, reduzieren aber die Stressreaktion schon merklich. Wenn Sie dies nun eine Zeit lang regelmäßig machen, werden Sie irgendwann kaum noch Reaktionen auf die Begegnung mit Ihrem Nachbarn spüren.

Selbstverständlich werden Sie ihn deswegen trotzdem nicht lieben! Aber darum geht es ja auch nicht. Es geht grundsätzlich darum, unser auf steinzeitliches Überleben getrimmtes Gehirn an moderne Herausforderungen anzupassen.

Je entspannter unsere Reaktion, desto besser das Ergebnis

Und die Herausforderungen des heutigen Lebens werden in den allermeisten Fällen nun mal nicht mehr mit Faust oder Keule gelöst. Je entspannter wir in die herausfordernde Situation unseres Lebens eintreten, umso wirksamer und überlegter werden wir uns verhalten.

Darüber hinaus haben wir den Nutzen, dass wir so einfach weniger Energie verbrauchen und entsprechend weniger Erholungsbedarf haben. Wir bleiben über den Tag hinweg frischer und konzentrierter.

Herausforderungen täglich meistern

Deswegen schreiben Sie sich an dieser Stelle noch einmal hinter die Ohren, dass Gelassenheit ein Leben lang der täglichen Übung bedarf. Es werden immer wieder Personen oder Situationen auftauchen, die uns herausfordern.

Und wir werden ab sofort diese Herausforderung sportlich annehmen und versuchen, den in diesem Moment größtmöglichen Grad an Gelassenheit aufzubauen. Und keine Übung ist umsonst, weil unsere Nervenzellen auf der Ebene Ich-2 sich das auf jeden Fall fürs nächste Mal merken. Und je länger wir diesen Weg gehen, umso mehr Grundgelassenheit entwickeln wir in Standard-Situationen, ohne dass wir irgendeine Technik anwenden müssen.