Über die Geschäftspraktiken von Amazon wurde ja in der Vergangenheit viel diskutiert. Doch während die einen noch klagen, dass man gegen den Internetriesen politisch vorgehen müsse, haben findige Unternehmer – Zufall oder nicht – Konzepte entwickelt, um Amazon die Marktführerschaft abzutrotzen. Allerdings: Nur eines ist wirklich gut durchdacht.

Mit Schmetterlingen gegen Amazon

Seit vergangenen Donnerstag ist der Tolino Shine im Handel. Der Tolino soll ein Gegenentwurf zu Amazons Kindle sein. Zusammengeschlossen haben sich hierbei die Buchhändler Weltbild, Thalia, Hugendubel und Club Bertelsmann sowie die Deutschen Telekom. Beworben wird das ganze u.a. mit einer aufwändigen TV-Kampagne, in der Schmetterlinge Buchregale zum Fliegen bringen.

Indes, die Schwächen des Produkts offenbart der obige Test von Chip.de. Die sind nämlich nicht nur technischer Natur, sondern liegen auch im Grundkonzept: Bücher, die die Kunden bei Amazon gekauft haben, können sie auf dem Tolino nämlich nicht nutzen.

Eine gute Möglichkeit verspielt

Das dürfte allen bisherigen Kindle-Kunden den Wechsel erheblich erschweren. Trotz aller Resentiments gegen den Giganten. Hier verspielt man die Möglichkeit, gegenüber Amazon ein Alleinstellungsmerkmal mit einem offenen System aufzubauen.

Ja klar, das hat System. Die Kunden sollen gefälligst bei Weltbild, Thalia und Co kaufen. Würde man das aber wirklich ernst meinen, würde man das Lesegerät verschenken. Oder wie wäre es mit: “Wir tauschen jedes Kindle in ein Tholino um?”

Kunden einsperren funktioniert nicht!

Ohne solche Aktionen sehe ich bei der neu geschmideten Anti-Amazon-Allianz kaum Chancen. Denn wann werdet Ihr endlich lernen, dass es sich höchstens Monoplisten leisten können, Kunden im Internet einzusperren?

Viel mehr Sinn macht da die Idee von Fairnopoly. Das Berliner StartUp will bewusst auf die bei Amazon und Zalando kritischen Geschäftspraktiken verzichten und adressiert Kunden und Händler mit einer bewusst sozialen Haltung.

Genossenschaft mit Nutzerzuspruch

Als Zeichen ihres heren Zieles die Genossenschaft als Rechtsform erwählt – über deren ideale Eignung Rechtsform für das Internetzeitalter ich schon vor einiger Zeit schrieb. Das scheinen mittlerweile auch die Nutzer so zu sehen, die durch die Spenden auch Genossenschaftsanteile erwerben. So schreibt Martin bei netzwertig.com:

Im Rahmen einer Crowdfundingkampagne statteten 861 Personen das Berliner Unternehmen mit insgesamt 213.413 Euro aus – deutlich mehr als das Minimalziel von 50.000 Euro. Wenn fast 1.000 Menschen privates Vermögen für ein Onlineprojekt bereitstellen, dann ist dies ein deutliches Indiz für eine vorhandene Nachfrage..

Es scheint also auch ohne Schmetterlinge und Riesenwerbebudget zu gehen. Martin Weigert bezweifelt allerdings, dass der soziale Wille die nächste Konsumattacke überlebt. Wir wollen es hoffen – genau solche Konkurrenten braucht Amazon!