Jeder Zweite leidet unter übermäßigen Ängsten. Angst ist eine zentrale Emotion. Sie wirkt wie eine Alarmanlage, die vom limbischen System oder emotionalen Gehirn ausgeht. Was kann man gegen sie tun?

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Wie entsteht Angst im Gehirn

Es gibt einen regelrechten zerebralen Kreislauf der Angst. Zuerst alarmieren die Sinne die Amygdala (den »Mandelkern«), den Sitz des unbewussten Angstgedächtnisses, anschließend bewertet der Hippocampus diesen Alarm und vergleicht ihn mit früheren Erfahrungen. Der präfrontale Cortex schließlich kontrolliert die automatischen Angstreaktionen und wählt unter Berücksichtigung der sensorischen, emotionalen, persönlichen und kulturellen Informationen aus. Übermäßige Ängste schreibt man heute einer Überaktivität der Amygdala zu.

Die Emotion Angst ist daher eine komplexe Kombination von biologischen Mechanismen und Erinnerungen. Die Angst tritt im Rahmen einer Geschichte, einer Situation oder eines Szenarios auf. Diese Emotion ist in der Biografie verwurzelt (der Theorie des amerikanischen Psychologen Silvan Tomkins zufolge ist der Affekt biologisch, das Gefühl psychologisch und die Emotion biografisch). Das eröffnet einen völlig neuen Weg, der die Ängste in einem anderen Licht erfasst und sich dabei auf innovative Konzepte stützt, die der Öffentlichkeit nur wenig oder gar nicht bekannt sind.

Das Leben als geordnetes System

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2007 wiesen der amerikanische Physiker Graham Fleming und seine Forschungsgruppe der University of California und des Berkeley Lab nach, dass die Photosynthese (der bioenergetische Prozess, der es den Pflanzen und bestimmten Bakterien ermöglicht, durch Nutzung des Sonnenlichts organische Materie zu bilden), einer der grundlegendsten Prozesse des Lebens, nicht durch einen genau definierbaren Faktor geregelt wird, sondern durch die Beziehung zwischen verschiedenen Molekülen. Diese Entdeckung bestätigt, dass das Leben in allen seinen Formen in einem System geordnet ist, das von zahlreichen Beziehungen beeinflusst wird. Der Science-Fiction-Film Avatar von James Cameron erlebte einen phänomenalen Erfolg. Darin wird ein Planet Pandora beschrieben, auf dem alle Lebewesen, Pflanzen und Tiere in einer Symbiose leben, verbunden durch ein gewaltiges neuronales Netzwerk.

Die Ureinwohner, die Na’vis, werden durch den Abbau von Rohstoffen durch profitgierige Menschen bedroht. Mithilfe aller lebenden Spezies gelingt es den Na’vis, ihre Welt zu retten. Genau wie Pandora ist auch der Planet Erde ein Organismus, auf dem die verschiedenen Lebensformen miteinander verknüpft sind und auf dem das Leben ein kooperativer Prozess ist. Stellt man sich das Leben als ein Beziehungsgeflecht vor, so erkennt man schnell, dass alles miteinander verbunden ist. Wenn ich Angst habe, ist dies nicht ausschließlich meine individuelle Emotion, denn ich bin auch empfänglich für die Emotionen anderer, die mein Empfinden und mein Handeln beeinflussen können. Meine eigenen Emotionen hängen stets mit meinem Verhalten und meiner Umgebung zusammen. Unter dem Druck der Angst verliert der Mensch den Kontakt zu seinem vollen Potenzial. Seine Vitalität wird durch die energiezehrende Angst geschwächt. Sie schränkt die Verbundenheit ein, das heißt die Beziehung zu sich selbst und zu anderen.

Das Gehirn ist empathisch und sozial

Der Mensch ist für alles in seiner Umgebung äußerst empfänglich. Diese Fähigkeit hängt direkt mit den Spiegelneuronen zusammen, die in Beziehungen eine wesentliche Rolle spielen. Sie machen es möglich, Sympathie, Empathie und Mitleid für andere zu empfinden. Bisher wurde angenommen, dass diese Neuronen ausschließlich im präfrontalen Bereich des Gehirns vorkommen. Doch vor Kurzem wurde nachgewiesen, dass sie tatsächlich überall im Gehirn vorhanden sind. Diese Neuronen haben in der kindlichen Entwicklung einen maßgeblichen Stellenwert. Während der ersten drei Lebensjahre nutzt ein Kind sein empathisches Gehirn, um eine feste Bindung zu seinen Eltern aufzubauen.

Eine gesunde Bindung, das heißt eine Bindung, die von Fürsorge und Liebe genährt wird, ermöglicht es ihm, Sicherheit, Vertrauen und Mut zu üben, um sich in die Welt zu wagen. Mangelt es einem Kind hingegen an Aufmerksamkeit und Zärtlichkeit, entsteht eine verletzende Beziehung zu Vater oder Mutter, die wenig Sicherheit bietet. Die Spiegelneuronen des Kindes sorgen in diesem Fall dafür, dass es die negativen Gefühle übernimmt, die die Eltern möglicherweise empfinden. Die Eltern-Kind-Bindung ist die erste Beziehungserfahrung des Kindes. Sie dient lebenslang als Modell zwischenmenschlicher Beziehungen.

Sich selbst in der Pflege von Beziehungen entfalten

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Wenn ich bei einer ängstlichen Mutter aufgewachsen bin, werde ich stärker verunsichert sein. In meinen Beziehungen werde ich daher für einen Menschen empfänglicher sein, der mir mehr Sicherheit zu geben scheint oder der im Gegenteil Furcht oder Angst in mir erzeugt. Diese erste Urform der Beziehung hat großen Einfluss auf künftige Beziehungen. In der Beziehung zu einer anderen Person, für die unser Gehirn eine besondere Befähigung hat, können wir ausdrücken, was richtig, gesund und gut für uns ist. Die größten Ängste hängen mit der Beziehung zu anderen Personen und mit der Schwierigkeit zusammen, inmitten der anderen wirklich man selbst zu sein. Man stellt sich unbewusst die Frage, was in den Beziehungen zu anderen auf dem Spiel steht. Auch als Erwachsener sollte man nicht damit aufhören, Beziehungen zu erlernen, da alles darauf hinweist, dass man sich gerade in der Pflege von Beziehungen entfalten kann, das heißt in der Art, wie man mit sich selbst, mit anderen und mit der Welt in Verbindung tritt.

Die Psyche ist vielfältig Im Alltagsleben hat jeder Mensch ein vereinfachtes Bild von seinen psychischen Funktionen. Wenn ich mich selbst zum Ausdruck bringe, scheint mein Ich persönlich und vollständig eingebunden zu sein. Wenn ich Angst habe, bin ich es, der Angst hat, und mein gesamtes Wesen empfindet Angst. Diese Wahrnehmung ist eine Antwort auf das Bedürfnis, sich vollständig und einheitlich zu fühlen, die Psyche ist jedoch vielfältig.

Die Psyche ist ein System aus verschiedenen Teilpersönlichkeiten

Die Psyche stützt sich auf Beziehungen. Sie teilt sich in viele Bereiche, die wie selbstständige Personen mit eigenen Emotionen und eigenen Motivationen handeln. Sie führen intensive Gespräche miteinander, die entspannte oder konfliktbeladene Beziehungen zum Ausdruck bringen. Das ist kein Symptom für eine Identitätsstörung. Die Psyche ist ein System, das aus zahlreichen Teilpersönlichkeiten gebildet wird, die in ständiger Wechselbeziehung stehen.

Die Angst ist ein Teil dieses Systems. Im Zentrum dieser psychischen Vielfalt gibt es eine höhere Instanz, das Selbst*. Es ist der innere Pilot. Er kann mit dem gesamten System kommunizieren und bewusst eine Art wählen, wie er empfinden, wahrnehmen, entscheiden und in größerer Harmonie leben möchte. Der innere Pilot kennt keine Angst und wird sie auch nie kennenlernen. Er ist ein grundlegendes Hilfsmittel, um zu lernen, Ängste zu überwinden.

Unser inneres Kind

In jedem Herzen lebt für immer ein Kind Die Vorstellung, die Kindheit sei nur ein Entwicklungsstadium und gehöre der Vergangenheit an, ist noch immer weit verbreitet. Sie geht davon aus, dass der Mensch wachsen muss, um zu reifen und intelligent zu werden. Dieser Ansicht nach erscheint das Kind als ein unreifes und infantiles Wesen, das nach erzieherischen Prinzipien verlangt, um »korrigiert« und »verbessert« zu werden. Für den Kinder- und Jugendpsychiater Michel Lemay, »braucht es vielleicht noch Zeit, bis das Kind anders als eine Vorstufe des Erwachsenen gesehen wird […], als ein unfertiges Subjekt, das noch verschiedene Stadien durchlaufen muss, um zur erwachsenen Reife zu gelangen«.

Bereits in der Kindheit äußern sich viele Aspekte des wahren Ichs. Die italienische Ärztin und Pädagogin Maria Montessori erinnert daran, dass das Erwachsenenalter und die Kindheit »zwei unterschiedliche Formen des menschlichen Lebens sind, die gleichzeitig stattfinden und sich gegenseitig beeinflussen«. Um diese Nähe zur Kindheit besser zu verstehen, muss die Sichtweise aufgegeben werde, dass sich der Mensch linear entwickelt. Diese Wahrnehmung entspräche einem Leben, das sich von der in der Vergangenheit liegenden Geburt bis zu einem Zielpunkt in der Zukunft auf einer geraden Zeitlinie abspielt:

Geburt ➨ Kleinkindalter ➨ Kindheit ➨ Adoleszenz ➨ Erwachsenenalter

Die Entwicklung des Menschen als konzentrisches Modell

Tatsächlich jedoch ähnelt die Entwicklung des Menschen eher einem konzentrischen Modell, wie bei einem Baum, der im Herzstück seines Stamms die verschiedenen Altersstufen als Jahresringe bewahrt. In jedem Stadium seiner Entwicklung besitzt das gesunde Kind von Natur aus eine angeborene emotionale und moralische Intelligenz. Natürlich hat es essenzielle Bedürfnisse, ist jedoch mit spezifischen kreativen Kräften ausgestattet. Es entfaltet sich mit Unterstützung, in Sicherheit, Liebe und Freiheit. Nach diesem Modell ist das Kind das Herzstück unseres Wesens.

Das innere Kind* bewahrt die Erinnerung an die Erfahrungen im Kindesalter mit seinem natürlichen Wesen und seinen Verletzungen. Das Drama dieses inneren Kindes besteht darin, dass es gezwungen wird, in die Verbannung zu gehen, um einem Kind zu weichen, das den familiären, sozialen und kulturellen Zwängen zunehmend besser angepasst ist. Das innere Kind bleibt jedoch für immer im Herzen jedes Menschen präsent. Es wartet auf eine Wiederannäherung an den Erwachsenen. Es erweist sich als entscheidend, zu diesem Kind wieder empathische Bindungen zu knüpfen. Nur so kann man sich von der Angst befreien, kann ungezwungenere und authentischere Beziehungen leben und sein Selbst* entdecken.


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