Aberglaube und Esoterik hatten nicht nur im Mittelalter Konjunktur, sondern sind auch heute noch anzutreffen – und zwar ausgerechnet

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Aberglaube ist in Unternehmen auf dem Vormarsch

Orakel und Hellseher sind so alt wie die Menschheit, doch auch im 21. Jahrhundert hat Esoterik Hochkonjunktur – und zwar auch in einem Bereich, wo man sie kaum vermutet, nämlich in gestandenen Wirtschaftsunternehmen, die offenbar seit dem Mittelalter auch nichts dazu gelernt haben. Ein Bereich scheint besonders prädistiniert zu sein: Das Personalwesen.

Tatsache ist: Immer mehr Unternehmen setzen auf esoterische Praktiken, um die Teamentwicklung zu fördern und die Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern. Methoden wie Astrologie, Tarot oder energetische Heilung finden ihren Weg in Personalstrategien, um nicht nur die individuellen Talente der Mitarbeiter zu erkennen, sondern auch um eine harmonische und kreative Arbeitsatmosphäre zu schaffen.

In Workshops und Seminaren wird zunehmend Wert auf intuitive Entscheidungsfindung gelegt, wobei viele Führungskräfte an die Kraft von Wahrsagungen glauben, um ihre strategischen Entscheidungen zu untermauern. Diese unerwartete Verbindung zwischen Esoterik und Personalwesen spiegelt ein wachsendes Interesse an alternativen Ansätzen zur Förderung von Teamdynamik und Innovation wider.

Vorsicht, Wahrsager am Telefon

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Diese Information beruht auch auf eigenen Erfahrungen: Vor einigen Jahren rief bei mir eine Wahrsagerin an. Passend zu Beginn des neuen Jahres, um mir die Zukunft mittels Tarotkarten, Horoskopen usw. zu orakeln. Und so geschah es, dass man mir weissagte, dass ich in diesesm Jahr einen Bestseller landen und reich und berühmt werden würde….-)

Aber nein, so war es nicht. Tatsächlich hat bei mir eine Wahrsagerin angerufen. Aber nicht, um mir die Zukunft zu orakeln, sondern um von mir eine Auskunft zum Thema Existenzgründung zu erfahren: Nämlich, wie das denn sei mit der Umsatzsteuer und der Wahrsagerei. Nicht nur dieses Erlebnis hat dazu geführt, dass ich meine Telefonnummer nicht mehr so einfach herausgebe. Und es zeigt, wie absurd das Thema Esoterik ist.

Warum Esoterik-Geschäftsmodelle zum Scheitern verurteilt sind

Mal davon abgesehen, dass ich aufgrund des Rechtsdienstleistungsgesetzes solche Rechtsauskünfte gar nicht geben darf und es daher auch nicht tat sondern die Dame auf eine Informationssite zum Thema umleitete: Wie kann man Wahrsager sein und so etwas nicht wissen? Ich meine, für einen guten Wahrsager müsste Existenzgründung doch ein Klacks sein. Nicht nur, dass ich bislang immer dachte, sie könnten gesetzliche Fallstricke und alle Regeln mit einem Schlag finden – am besten auspendelnd vor dem Kaffeesatz vor dem Gesetzesbuch, bzw. dem Computer – sie müsste doch alle Probleme vorhersehen und damit gleich umgehen können.

Und sie müssten von vorneherein wissen, in welche Geschäftsidee es sich zu investieren lohnt und welche sie reich macht. Von daher könnten Sie sich dann auch Top-Berater leisten und hätten es nicht nötig, Experten um einen kostenlose Auskunft anzujammern. Aber da das alles in diesem Fall nicht gegeben war, bescheinige ich dieser Geschäftsidee keinen durchschlagenden Erfolg. Und dazu gehört gar keine Wahrsagekunst. Oder möchten Sie, egal wegen was auch immer, von jemandem beraten werden, der sich selbst ganz offenbar nicht beraten kann?

Aberglaube & Esoterik in der Personalauswahl

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Nun mal im ernst, denn leider ist das Thema gar nicht so komisch wie es auf den ersten Klick klingt, denn Esoterik hat zur Zeit Hochkonjunktur. In der Gesellschaft, in der Politik – und leider auch im sonst so seriös scheinenden Personalwesen. So hat vor einiger Zeit Henner Knabenreich in seinem Blog personalmarketing2null.de über eine umstrttene Keynote-Speakerin auf einem Recruiting-Event geschrieben und gibt dabei auch einen verschiedenen, am Markt erhältlichen fragwürdigen Methoden:

„Stellen Sie sich vor, es gäbe eine Software, die anhand einer 15-minütigen Sprachanalyse beurteilt, ob ein Bewerber für einen Job geeignet ist, oder nicht. Wäre das nicht ein Traum? Oder aber ein Tool, welches anhand von 100 geschriebenen Worten die Eignung eines Kandidaten beurteilt. Alles algorithmenbasiert und vorurteilsfrei natürlich. Oder aber es gäbe einen „Profiler“, der anhand der Analyse von Frisur, Brillentyp und Körperform sowie von Schriftproben beurteilt, ob ein Bewerber wirklich der richtige ist. Ein Traum, nicht wahr? Klar, dass jemand mit nahezu übersinnlichen Fähigkeiten auch bei angesagten Recruiting-Events nicht fehlen darf. Und so bereichert eben dieses „Profiling-Talent“ namens Suzanne Grieger-Langer auch die diesjährigen Social Recruiting Days als Keynote-Speaker. Die HR-Community gibt sich (zurecht) empört.“

Aberglaube beim Recruiting: 5 gängige esoterische Praktiken in der Personalauswahl

Das perfide bei all den genannten Beispielen ist die geschickte Verzahnung zwischen wissenschaftlich fundierten Methoden und Esoterik, Tatsächlich ist das Thema Esoterik in der Personalauswahl nämlich gar nicht so neu, wie die folgende Übersicht der Anwendung in Unternehmen zeigt:

  1. Astrologie: Einige Unternehmen nutzen astrologische Analysen, um die Persönlichkeitsmerkmale von Bewerbern zu bewerten. Dabei werden Geburtsdaten herangezogen, um angebliche Eigenschaften und Verhaltensweisen abzuleiten, die für die Position geeignet sein könnten.
  2. Handlinienlesen: Diese Methode wird verwendet, um die Lebensgeschichte und Charakterzüge eines Bewerbers anhand der Linien auf der Handfläche zu deuten. Befürworter glauben, dass sich dadurch wichtige Informationen über die Eignung eines Kandidaten gewinnen lassen.
  3. Kinesiologie: Diese Technik basiert auf der Muskelreaktion und wird genutzt, um zu testen, ob eine Entscheidung für das Unternehmen vorteilhaft ist. Die Idee ist, dass der Körper auf positive und negative Impulse reagiert, was zu bestimmten Entscheidungen führen soll.
  4. Chakra-Analysen: In einigen Fällen werden die Energiefelder der Bewerber analysiert, um deren spirituelle und emotionale Gesundheit zu bewerten. Unternehmen hoffen, auf diese Weise die Teamdynamik und die individuelle Kompatibilität zu verbessern.
  5. Wahrsagerei: In bestimmten Organisationen werden Wahrsager engagiert, um die zukünftige Entwicklung von Mitarbeitern oder die Eignung für bestimmte Rollen vorherzusagen. Dies kann bis hin zur Vorhersage des beruflichen Erfolgs oder des Potenzials reichen.

Pseudowissenschaftliche Aufwertung

Nun gibt es neben Methode wie z.B. die Personalauswahl nach Sternzeichen, die für viele unschwer als Mumpitz zu erkennen sind. Und man könnte über die ganze Geschichte lachen, wären da nicht die Leute, die das wirklich ernst nehmen. Wirklich problematisch an der geschickten Verzahnung von Wissenschaft und Esoterik sind nämlich vor allem Methoden, die mittlerweile eine pseudowissenschaftliche Aufwertung erfahren haben und daher vergleichsweise unkritisch betrachtet und werden. Und diese halten auch nach und nach in seriös scheinende Karriere-Ratgeber-Literatur Einzug.

Ein gutes Beispiel ist etwa Graphologie, besser bekannt als Handschriftenerkennung: Ich z.B. habe damals noch in der Schule gelernt, dass man Lebensläufe mit der Hand schreibt, weil die Unternehmen aus dem Schriftbild Rückschlüsse ziehen. Angeblich greifen immerhin 2,4 Prozent der deutschen Unternehmen bei der Personalauswahl auf die Graphologie zurück, so Kanning in dem Interview.

Aberglaube ohne Grundlage kann in der Personalauswahl auch diskriminierend sein

Wirklich krass finde ich aber die Schädeldeutung, die sogenannte Psycho-Physiognomik. Die behauptet, anhand der Schädelform, der Gesichtszüge, der Form von Nase und Ohren Aussagen über die Persönlichkeit machen zu können. Das ist laut Kanning nicht nur Quatsch, sondern erinnert mich auch stark an die nationalsozialistische Rassentheorie.

Tatsache ist, dass viele dieser Methoden auf Aberglauben basieren und keine empirische Grundlage haben, was die Validität der Auswahlverfahren infrage stellt. Der Einsatz esoterischer Praktiken kann außerdem zur Diskriminierung führen, da sie nicht objektiv messbar sind und die Vielfalt und Inklusion am Arbeitsplatz beeinträchtigen können. Und Unternehmen, die solche Methoden einsetzen, laufen Gefahr, ihren Ruf zu schädigen, da sie als unprofessionell oder unseriös wahrgenommen werden könnten.

Warum glauben auch viele Personaler die simplen Lösungen?

Auch wenn man erstmal versucht ist, sich darüber zu ärgern, dass so viele Leute den Quatsch überhaupt mitmachen. Warum glauben auch gestandene Personaler án so einen Humbug, ja sind regelrecht davon beeindruckt sind?

Alle Pseudowissenschaften versprechen schnelle, einfache Ergebnisse und vermitteln den Eindruck, dass Bewerber hier ihre Selbstdarstellung nicht manipulieren können – im Gegensatz zu einem Jobinterview, wo dies zumindest teilweise möglich ist. Die Schädelform oder gar das Sternbild bei der Geburt sind jedoch unveränderbar. Genau diese Vorstellung wirkt auf viele Personalverantwortliche äußerst verlockend, da sie nach einem Weg suchen, um Bewerber mit all ihren Schwächen besser einschätzen zu können.

Rat in einer unsicheren Welt

Dazu kommt noch der Aspekt, dass immer mehr Menschen in einer zunehmend unsicherer werdenden Welt Rat und Orientierung suchen – man denke nur politische Ereignisse, Terrorismus und Klimawandel, alles Dinge die vielen Menschen Angst machen.

Und auch, dass man den richtigen Beruf oder als Personaler den richtigen Mitarbeiter finden will, nein muss, weil man alles andere schlicht nicht verantworten kann – diese unabänderliche Entscheidung macht vielen Menschen Angst. Das erklärt übrigens auch, warum das Interesse an Zukunftsforschern so groß ist, die zwar vergleichsweise seriös arbeiten, im Ergebnis dann aber auch einen todsicheren Blick in die Zukunft versprechen.

Auch seriöse Medien berichten unkritisch über Esoterik

Dabei ist diese Idee so alt wie die Menschheit: Die Griechen fragten das Orakel von Delphi, die Germanen ihre Runen. Andere lasen aus den Eingeweiden von Tier- oder Menschenopfern. Heute gibt es Glücksbringer, Tarot-Karten, Horoskope, Physognomen oder Profiler und Octupusse oder Ziegen sagen die WM-Ergebnisse vorher – und auch seriöse Medien berichten darüber.

Sie erinnern sich vielleicht noch an den Octupuss Paul, der bei der WM 2010 die Ergebnisse voraussagte und damit immer recht hatte? Es mag ja eine unterhaltsame Idee sein, ein Tier als WM-Orakel zu nutzen. Aber dass das Thema auch in seriösen Medien derart gehypt wurde (Focus, Spiegel, WDR und sogar die New York Times), fand ich schlicht unglaublich! Ist denn damals niemand auf die Idee gekommen, mal zu fragen, ob nicht das Muschelfleisch entsprechend präperiert war?

Seien Sie kritisch, statt nach einfachen Erklärungen zu suchen

Der Mensch ist also auch im 21. Jahrhundert noch kein vernunftgesteuertes, aufgeklärtes Wesen, sondern auf der Suche nach einfachen Erklärungen und einem sicheren Blick in die Zukunft, der ihnen die Angst nimmt und sie ruhig schlafen lässt?

Fast scheint es sogar, als sei die Vernunft in Zeiten politischer und Klima-Kriesen rückläufig. Mein Rat ist dagege: Lassen Sie’s bleiben. Das haben Sie gar nicht nötig! Verlassen Sie sich viel besser auf sich selbst denn auf irgendwelchen Aberglauben. Und seien Sie kritisch, wenn Ihnen irgendjemand entsprechende Dienste anbietet und Ihnen das blaue vom Himmel verspricht.

5 Strategien gegen den Hang zum Okkulten

Hier sind 5 gute Gründe, die gegen das Anheuern von Hellsehern, Kartenlegen Physognomen und ähnlichen Scharlatanen sprechen.

  1. Gestalten Sie Ihre Zukunft selbst: Sie haben es gar nicht nötig, in die Zukunft zu blicken, weil Sie Ihre Zukunft selbst viel besser gestalten können.
  2. Denken Sie positiv: Sie wollen in die Zukunft orakeln, um zu sehen, was passieren wird. Andersherum wird ein Schuh daraus: Wenn Sie denken, dass etwas bestimmtes eintreten wird, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass das auch geschieht – die selbsterfüllene Prophezeiung sozusagen. Schon mal darüber nachgedacht?
  3. Sparen Sie Geld: Es lohnt sich nicht, das sauerverdiente Geld für irgendein abergläubisches Zeug auszugeben – investieren Sie das Geld besser in ihre Zukunft.
  4. Netzwerke: Wenn Sie gerade in einer Umbruchphase oder etwas unsicher sind, sind Sie wahrscheinlich empfänglicher für solche Botschaften. Suchen Sie Trost und Zuwendung lieber bei lieben Menschen statt im Okkulten.
  5. Gesunder Menschenverstand: Sie suchen Rat zu einem bestimmten Ereignis? Meinen Sie nicht, ihr gesunder Menschenverstand und ihre Einschätzung der Dinge ist ein besserer Ratgeber als Ihr Aberglaube. Und letztlich richten Sie sich doch genau danach – oder? Dann brauchen Sie letztlich auch kein Orakel.

Fazit: Aberglaube und Esoterik in Unternehmen sind kontroverse Themen


Esoterische Praktiken in der Personalauswahl sind ein kontroverses Thema, das die Grenzen zwischen Tradition und Moderne in der Unternehmensführung herausfordert. Diese Methoden, die auf mystischen oder pseudowissenschaftlichen Grundlagen basieren, versprechen oft, tiefere Einblicke in die Persönlichkeiten von Bewerbern zu gewähren. Während einige Führungskräfte an die Vorteile dieser Ansätze glauben und hoffen, durch sie eine bessere Passung zwischen den Mitarbeitern und der Unternehmenskultur zu erreichen, gibt es erhebliche Bedenken hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Ethik. Kritiker argumentieren, dass diese Praktiken nicht nur wissenschaftlich unhaltbar sind, sondern auch eine Vielzahl von rechtlichen und moralischen Fragen aufwerfen, insbesondere im Hinblick auf Diskriminierung und Fairness im Auswahlprozess.

In einer zunehmend datengetriebenen Welt, in der fundierte Entscheidungen auf objektiven Analysen basieren sollten, scheint die Akzeptanz solcher esoterischen Praktiken jedoch zurückzugehen. Immer mehr Unternehmen setzen auf evidenzbasierte Auswahlverfahren, die psychologische Tests, strukturierte Interviews und andere wissenschaftlich fundierte Methoden einbeziehen, um die Eignung von Bewerbern zu bewerten. Dies ermöglicht nicht nur eine transparentere und gerechtere Entscheidungsfindung, sondern fördert auch ein integratives Arbeitsumfeld, in dem Vielfalt und Chancengleichheit im Mittelpunkt stehen.

Letztendlich sind Unternehmen aufgefordert, ihre Personalstrategien kritisch zu hinterfragen und sich von Methoden zu distanzieren, die keine nachweisliche Grundlage haben. Stattdessen sollten sie sich auf bewährte Praktiken stützen, die sowohl die Fähigkeiten der Bewerber objektiv bewerten als auch die Werte und Ziele des Unternehmens fördern. In dieser dynamischen und sich ständig verändernden Geschäftswelt ist es entscheidend, dass die Auswahlprozesse sowohl effektiv als auch ethisch sind, um langfristigen Erfolg und Mitarbeiterzufriedenheit sicherzustellen.


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