Längst zwingt der Twitter-Hype Unternehmen, die da sein wollen, wo ihre Kunden und potenziellen Mitarbeiter sind, dazu, das Medium in ihre Marketing– und Kommunikationsstrategie zu integrieren. Nur: Viele wissen noch nicht so recht, wie.

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Reine Selbstbeweihräucherung…

Also wollen sie irgendwie in den Zwitscherchor einstimmen, weil man das halt heutzutage so macht, und blasen dann belanglose Werbebotschaften in die Welt, denn man will ja schließlich sein Produkt oder seine Dienstleistung verkaufen.

Bestes Beispiel für eine derart fehlgeleitete Strategie: Lufthansa. Während amerikanische Fluggesellschaften wie Delta Airlines bereits ihren Kundenservice über Twitter abwickeln, lässt die deutsche Fluglinie einen Dienstleister einfach nur Billigflugangebote via Twitter herauspusten.

Beispiel Fluggesellschaften

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Einen Erfahrungsbericht über den twitternden Kundenservice von Delta-Airlines gibt es übrigens hier:

Anfragen via Twitter bleiben allerdings unbeantwortet – von einem echten Dialog mit den Kunden kann also keine Rede sein. Dass die Lufthansa dennoch fast 10.000 Follower hat, liegt nur daran, dass eben viele Leute hoffen, hier einen günstigen Flug zu ergattern – und zwar mit derselben Geiz-ist-geil-Motivation, mit der sie auch eine Preisvergleichssuchmaschine im Internet nutzen würden.

Echtes Interesse an dem Unternehmen – Fehlanzeige! Bleiben irgendwann die Schnäppchen aus, gehen die Follower eben zu Konkurrenz. Eine Einbahnstraße mit Verfallsdatum also.

…vs. Kommunikation

“Unternehmen, die Twitter nur zur Verbreitung von Werbebotschaften nutzen, haben keine Ahnung von den Möglichkeiten” sagen Jan Kirchner und Alexander Fedossov, die zu den Pionieren der deutschen Social-Media-Recruiting-Szene gehören. Twitter ist für die beiden viel mehr als ein reines Marketing-Tool: “Es geht darum, seinen Followern einen Mehrwert zu bieten, indem man interessante Informationen postet”, erklärt Kirchner. Genau deshalb findet er Twitter auch zur Informationsbeschaffung ideal: “Ich kann mir aus den News das Passende herausfiltern, zum Beispiel indem ich nur bestimmten Leuten folge, Listen anlege oder gezielt nach einzelnen Begriffen suche.”

Systematische Personalsuche mit Twitter

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Kirchner und Fedossov, Personalberater aus Hamburg, haben aber die Einsatzmöglichkeiten von Twitter längst weiter gedacht: Als Erste setzten sie Twitter systematisch zur Personalsuche ein und widmeten dem Thema ein eigenes Kapitel in ihrem gerade erschienenen Buch zum Online-Recruiting: “Als wir anfingen, im Blog darüber zu schreiben, hielten uns viele für verrückt”, erzählt Kirchner, “denn zuvor haben die Leute bei E-Recruiting nur an Jobbörsen und Bewerbungsformulare auf Websites gedacht.

Dabei ist Twitter für die Personalsuche ideal!” Der Grund: Unternehmen, die Jobs nur auf ihrer eigenen Website oder in geschlossenen Stellenbörsen ausschreiben, erreichen auch nur eine eingeschränkte Zielgruppe. Stellenanzeigen über Twitter werden hingegen von Suchmaschinen viel besser gefunden. Um relevante Jobergebnisse noch besser herausfinden zu können, entwickelten Kirchner und Fedossov mit jobtweet.de die weltweit erste Jobsuchmaschine für Twitter, die mithilfe semantischer Filtertechniken sämtliche Tweets in Echtzeit nach Stellenangeboten durchsucht. Eine Idee, die ihnen sogar die Auszeichnung “Gründer des Monats” in der Financial Times einbrachte.

Unternehmen müssen Kritik lernen

Ein wichtiger Punkt dabei ist allerdings: Unternehmen müssen lernen, öffentlich und intern Kritik zulassen sowie die Bereitschaft zu einem offenen Dialog mitbringen. Sie müssten flexibler werden.

Und sie müssen hinnehmen, dass Kunden und Mitarbeiter eine immer wichtigere Rolle einnehmen.

Angst vor dem Kontrollverlust

Das ist vermutlich nicht das, was sich Unternehmen und Firmenchefs gemeinhin wünschen. Denn Sie müssen auf diese Weise auf einen Teil ihrer Macht, Kontrolle und Sicherheit verzichten. Aber das Social Web zwingt sie dazu.

Dass diese Offenheit auch dazu führen kann, dass man den geplanten Weg verlassen und spontan umdenken muss, hat unlängst die Deutsche Bahn vorgemacht: Sie hatte in einer Twittsoap erfundene Mitarbeiter regelmäßig über ihren Arbeitsalltag bei der Bahn berichten lassen, um Schulabgänger für eine Ausbildung beim Konzern zu interessieren.

Gut gemeint ist nicht immer gut!

Was man bei der Bahn offenbar für eine nette Idee hielt, kam bei der Community allerdings schlecht an: Denn, so die Kritik, bei Twitter geht es um die Kommunikation mit echten Menschen und damit um eine Authentizität, die durch die aufgesetzte Sprache der beiden Kunstfiguren auf keinen Fall erreicht werden könne. Oder mit anderen Worten: Die Follower fühlten sich für dumm verkauft und äußerten das in entsprechend harscher, teilweise auch ungerchter Kritik.

Abgesehen davon, dass die Deutsche Bahn schon per se zu den Unternehmen gehört, die per se Kritik hervorrufen, egal was sie macht:

Es geht um die Art der Kommunikation

Dass es bei dieser Kritik eigentlich weniger um die Kunstfiguren selbst, sondern eher um die Art der Kommunikation geht, wird bei Betrachtung des Gegenbeispiels Alma Mater deutlich: Die Stuttgarter Personalberatung hat als Social-Media-Maskottchen die kleine Comic-Ameise Almameise kreiert, die fröhlich und charmant durch die Gegend twittert, jedoch sinnvolle Informationen liefert und sich stets im Dialog mit anderen Nutzern befindet.

Hingegen seien, so die Kritik im Netz, die Erfahrungen der DB-Figuren frei erfunden, ein Dialog mit den Followern finde kaum statt und der etwas kindlich-naive Sprachstil sei der Zielgruppe bei Twitter nicht angemessen.

Souverän öffentlich auf die Kritik reagiert

Das räumte Robindro Ullah, der bei der Deutschen Bahn das Hochschulmarketing verantwortet, auch öffentlich ein: “Den richtigen Ton in der Ansprache zu treffen ist hierbei wohl das Schwierigste. Wir gehen davon aus, dass die Sprache der Wunschzielgruppe eine andere ist als die der aktuell auf Twitter vertretenen Menschen. Dennoch haben wir uns an der Wunschzielgruppe orientiert”, schrieb er in seinem Kommentar auf den kritischen Blogbeitrag, der mittlerweile leider nicht mehr verfügbar ist.

Aber er machte dabei auch klar, welche Intentionen das Personalmarketing der Deutschen Bahn mit der Twittsoap hatte: Sie sei als Experiment zu verstehen, durch das der Konzern Möglichkeiten von Twitter zur Verbesserung seines schlechten Images ausloten wolle: “Ist das überhaupt ein gangbarer Weg? Wird es von Nutzern akzeptiert? Ist der Ansatz richtig? Das sind Fragen, die uns beschäftigen, weswegen solche Blogbeiträge auch sehr hilfreich sind. Danke dafür!”, heißt es abschließend in Ullahs souveränem Kommentar auf die nicht gerade feinfühlig vorgetragene Kritik.


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