Transparenz ist eines der widersprüchlichsten Themen unserer Zeit: Offenheit klingt zunächst einmal positiv, kann aber auch unter Druck setzen, wie eine Studie zeigt. Vor allem in der Arbeitswelt.

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Transparenz – Realität oder Werbegag?

Die Piratenpartei überträgt ihre Fraktionssitzungen öffentlich, Kunden, Verbraucher wollen wissen, wo und wie ihre Waren am besten nachhaltig hergestellt wurden, Bürger erwarten Transparenz von ihren Verwaltungen und Bewerber möchten Vorab Einblicke in Unternehmen bekommen.

Die kommen diesem Wunsch auch gerne nach – vordergründig und pr-wirksam. Ich denke da beispielsweise an Andrus Järg, General Manager von Skype Estland – wo es im Büro sogar eine Sauna WLAN gibt. Ich habe Järg im vergangenen Jahr interviewt und er sagte zum Thema Transparenz und Offenheit:

 “Wir haben hier ein offenes Büro, keine geschlossenen Räume, und ich selbst arbeite auch im offenen Büro. Das ermöglicht mir eine sehr gute Kommunikation mit meinen Mitarbeitern und verstärkt auch die Kooperation untereinander.Die beste Motivation für mich sind andere Menschen. Wenn ich also merke, dass meine Produktivität nachlässt, suche ich den Austausch mit meinen Mitarbeitern und wir versuchen gemeinsam, Lösungen für das Problem zu finden.”

Angst vor zu viel Transparenz

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Tatsächlich sind solche transparenten Arbeitsumgebungen mit viel Glas und Großraumbüros in Unternehmen, die offen wirken wollen, eher die Regel als die Ausnahme. Doch ist längst nicht alles transparent, was gläsern aussieht und Zeiten von NSA-Skandal und Angst vor digitaler Überwachung scheinen gewisse Ängste auch durchaus berechtigt.

So erregte Autobauer Porsche schon 2010 Aufsehen damit, dass er seinen Mitarbeitern die Social-Media-Nutzung verbot. Grund war nicht etwa die Angst vor schwindender Produktivität, sondern eher die Angst vor Betriebsspionage.

Macht Transparenz unproduktiv?

Doch auch für die Mitarbeiter ist zu viel Transparenz überhaupt kein Vorteil, wie Ethan S. Bernstein von der Harvard Business School bei seiner Untersuchung in 32 Unternehmen feststellte.

Dabei kam heraus: Mitarbeiter, die sich unbeobachtete fühlen vom Chef, etwa weil der eben nicht im gleichen Büro sitzt oder er nicht durch die Glasscheibe ständig ins Büro schauen kann, erzielten in der gleichen Arbeitszeit zehn bis 15 Prozent bessere Leistungen als ihre transparenten Kollegen, die sich ständig den Blicken des Chefs ausgesetzt waren.

Grund: Wer sich beobachtet fühlt, simuliert gerne Geschäftigkeit, Fleiß und Engagement – und verschwendet dabei kostbare Energie. Denn statt produktiv zu sein, produzieren diese Mitarbeiter häufig heiße Luft und puren Aktionismus.

Transparente Arbeitsverträge

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Es gibt natürlich auch Vorteile von Transparenz: Jobsuchenden wird ja heutzutage einiges zugemutet: U.a. auch, Arbeitsbedingungen zu akzeptieren, die vielleicht nicht so ganz astrein sind. Das aber ist nicht ok. so. Und vor allem müssen Arbeitsverträge eines sein: verständlich.

Verträge müssen transparent sein, sie dürfen keine versteckten oder unverständlichen Klauseln enthalten, die einen der Vertragspartner unangemessen benachteiligen. Das gilt auch für Arbeitsverträge (BAG, Urteil vom 24.10.07): Auch hier dürfen, gemäß BGB § 307 nur Klauseln und Vorschriften enthalten sein, die Sie als Arbeitnehmer auch verstehen.

Transparenz beim Gehalt: Die Norweger legen alles offen

Über Geld spricht man nicht, sagt der Volksmund. Auch der Datenschutz sieht vor, dass Gehälter von Einzelpersonen geheim bleiben. Zumindest in Deutschland. In anderen Ländern wird das Einkommen einfach online veröffentlicht. Was schürt jetzt mehr den Neid und die Unzufriedenheit? Malch nachdenken. Durch Twitter bin ich auf diesen interessanten Beitrag von Rainer Doh auf PR-Macher gestoßen:

Per Zufall bin ich auf eine norwegische Website gestoßen, auf der Einkommen und Steuern der Bürger veröffentlicht werden, vollumfänglich und sehr detailliert. skattelister.no ist etwas schlicht, aber durchaus übersichtlich gestaltet und zeigt uns für alle norwegischen Orte jeweils 100 Personen mit den höchsten Einkommen.

Doh macht sich dann im Folgenden darüber lustig, dass die Norweger so lax mit dem Datenschutz umgehen. Ich habe mir so meine Gedanken gemacht, was passieren würde, wenn jeder wüsste, was wir verdienen. Ein Argument für den Datenschutz ist sicher die Neidkultur: Wenn der eine weiß, dass der andere mehr hat, dann it der eine neidisch auf den anderen. Aber: Ist er das nicht sowieso? Und zwar häufig deshalb, weil man glaubt, der andere hat mehr. Das muss aber gar nicht so sein!

Datenschutz – Schutzfunktion für Schaumschläger?

Ich frage mal ganz provokant: Ist der Datenschutz nicht auch ein schöner Schutzwall für Schaumschläger? Ich behaupte mal: Vermutlich  würden viele Leute ziemlich blöde da stehen, wenn man wüsste, was sie wirklich verdienen. Nämlich wenig. Und jeder würde sagen: “Was, nur so viel?” Ist der Datenschutz am Ende eine billige Ausrede für unseriöse Angeber und vielleicht ein paar reiche Superbonzen, die dank fadenscheiniger Spekulationen eine Menge Geld gemacht haben?

Vielleicht nicht schön: Aber vielleicht würde genau das helfen, den Sozial-Neid in unserem Lande zu begrenzen, der durch die jüngsten Sparpläne unserer Regierung noch geschürt wurde. Viele würden merken, dass sie gar nicht neidisch zu sein bräuchten. Transparenz als Stopp-Taste für die Neidkultur?

Hilfe, Neidkultur: Die Hosen runterlassen?

Übrigens: Das Internet macht es vor. Viele Blogger veröffentlichen ihre Werbeeinnahmen. Das wirkt ehrlich und sympathisch. Und dennoch: Der Gedanke “Über Geld redet man nicht” sitzt fest im Kopf. Auch in meinem. Ich käme mir schließlich auch ein wenig vor wie mit heruntergelassener Hose, wenn ich hier meine Einnahmen offen legen würde. Wenn das aber nun jeder täte? Tja, dann säßen wir alle im gleichen Boot. Ich finde, das ist mal ein paar Gedanken wert!

Bevor hier Missverständnisse aufkommen: Der Beitrag ist als ironisch-überspitzte Denkanregung zu den unterschiedlichen Sichtweisen zum Datenschutz in verschiedenen Ländern zu sehen. Offenbar gehen die Skandinavier für unsere – auch für meine Begriffe – sehr locker mit dem Thema um. Darüber kann man sich wundern, amüsieren – oder das Thema mal aufgreifen und diskutieren. Daher meine Denkanstöße. Würde mich über weitere freuen!

Transparenz zur Kundengewinnung

Am Ende bin ich zufällig dann doch auf ein gelungenes Beispiel für Transparenz am Arbeitsplatz gestoßen. Pierre Weller hat sich in seinem Logis-Hotel La Source des Sens im Elsass für seine Gäste praktisch nackig gemacht.

Nein, nicht was sie denken. Aber in seiner Hotelküche hat er eine Schwarz-Weiß-Kamera installiert, auf der die Gäste im Restaurant wie auf einer lebendigen Tafel genau beobachten können, was in der Küche vor sich geht.

“Kochen ist ja eine Handwerkskunst, die muss man nicht verstecken”, erklärt er, und: “Sie sollen sehen, dass wir in der Küche nicht schlafen, wenn es auch etwas länger dauert. Das schafft vertrauen.” Beobachtet oder gestört fühlt er sich hingegen nicht: “Ich denke gar nicht mehr an die Kamera”, sagt er. Vielleicht ist also die selbstgewählte Transparenz doch etwas anderes.


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