Der Rücktritt von Guttenberg hat die Diskussion um den Wert einer Promotion und das Kopieren in der Wissenschaft voll entfacht. Auch die Hochschulen sind mitverantwortlich – denn es gibt weitere Fälle dieser Art.

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Schuhdemo

Am 26. Februar: fand in Berlin eine kuriose, relativ spontan organisierte Aktion statt: Die erste Schuhdemo – und die erste Demo überhaupt gegen einen einzelnen Minister.  Ungefähr 500-700 Akademiker fanden sich zusammen, um gegen die “Doktorspiele” des ehemaligen Bundesverteidigungsministers Karl- Theodor von Guttenberg zu demonstrieren, dem übrigens zwei Hochschulen der Bundeswehr unterstanden.

Im Kommentar zu dem Vidoe heißt es auch: “Am stärksten ärgern sich die Wissenschaftler jener Universität, die Herrn von Guttenberg den Doktorgrad verlieh. Ein Vorgang, der normalerweise auf absoluter gegenseitiger Vertrauensbasis beruht und Verlässlichkeit erfordert. Deswegen beginnt und endet diese Dokumentation mit je einem Zitat aus dem BR-Fernsehen.”

Was sind Uni-Abschlüsse Wert?

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Ich persönlich würde die Universitäten da allerdings nicht ganz aus der Verantwortung nehmen. Die Süddeutsche Zeitung offenbart, dass ein mit dem Minister verbundenes Unternehmen die Uni Bayreuth, an der Guttenberg promovierte, unterstützt hat. Ein Faktum, das in der allgemeinen Empörung und Diskussion um Guttenberg leider ein wenig unterging.

Das mich aber dennoch zu der Überlegung veranlasst, welcher Schindluder an Deutschen Universitäten noch so mit Abschlüssen getrieben wird. Und zu der Frage bringt: Was ist ein akademischer Abschluss eigentlich Wert? Bislang viel, in einem Land, in dem auf dem Arbeitsmarkt immer mehr auf den Zettel in der Hand denn auf eigentliche Qualifikationen geschielt wird. Oder hat Guttenberg den Doktor nun entwertet?

Ebenfalls am 26. Februar: kommt ein interessanter Einwand von Regine Heidorn. Sie stellt auf der Seite der Assoziation Abschlussloser den Wert von Abschlüssen generell in Frage: “Einen besseren Start für die Assoziation Abschlussloser als die Plagiatsdiskussion und den Doktortitelverlust des deutschen Verteidigungsministers kann ich mir kaum vorstellen. Passt diese Aufgeregtheit doch hervorragend zu einem unserer Ziele, nämlich den Wert von Abschlüssen zu reflektieren. So gesehen gefällt mir die Feststellung, daß der Verteidigungsminister für seine politische Karriere den Doktortitel gar nicht erst hätte erwerben müssen, am besten.”

Rücktritt und Reaktionen

Am 1. März: ist es dann so weit: Verteidigungsminister zu Guttenberg gibt wegen den Plagiats-Vorwürfen gegen ihn alle seine politischen Ämter auf. Dies erklärte der CSU-Politiker in Berlin.

Nach dem Rücktritt: Guttenberg hat in Deutschland dennoch weiterhin viele Fans. Die Facebook-Seite “Wir wollen Guttenberg zurück”, gerade mal diese Woche gegründet, listet mittlerweile mehr als 565.000 Fans. Die Argumente, sowohl pro wie contra, fasst folgende Diskussion zwischen Anruferin Anja und Moderator Holger Klein beim Radiosender Fritz zusammen (Achtung, es geht hoch her..). Es mag sich jeder selbst ein Urteil bilden.

Update: Medienstratege Peter Berger und diverse Medien melden Zweifel an der Echtheit der Guttenberg-Fans an. Grund u.a. Die Seite hat mehr Fans als DSDS in neun Jahren. Handelt es sich um eine gewaltigen PR-Gag? Berger argumentiert auch, dass der Macher der Site Anonym ist  – das hat sich aber mittlerweile erledigt, denn mittlerweile ist bekannt, dass Erotik-Unternehmer Tobias Huch dahinter steckt, der bei Markus Lanz auch live in Fleisch und Blut aufgetreten ist:

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Abschreiben oder einfach machen?

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Der Rücktritt hat ungeahnte Wirkung, den nun zeigt sich: Er war offenbar bei Weitem nicht der einzige. Schon vor Guttenberg umstritten war Bundesfamilienministerin Kristina Schröder:

Sie hat zwar nicht abgeschrieben, aber sich die Sache doch offenbar sehr einfach gemacht: Zum einen schrieb sie darüber, wie sich die Wertvorstellungen von CDU-Bundestagsabgeordneten von CDU-Mitgliedern an der Basis unterscheiden.

Schröder und Saß

Die Fragebögen an die 1000 befragten Parteimitglieder verschickte die Bundeszentrale der CDU. Außerdem bestäftige Schröder den wissenschaftlichen Mitarbeiter ihres Doktorvaters als Hilfskraft bei der Fertigstellung ihrer Promotion.

Auch die Tochter des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber, Veronica Saß, soll Teile ihrer Doktorarbeit aus Zeitungen und Wikipedia abgeschrieben haben – zusammengetragen wurde das von der Website VroniPlagWiki. Just heute teilte die Universität Konstanz mit, dass man ihr deshalb der Doktor-Titel aberkannt werde.

Pröfrock

Und es geht weiter: Wie gestern die DPA meldete, läss der CDU-Landtagsabgeordnete Matthias Pröfrock aus Waiblingen (Rems-Murr-Kreis) wegen der Plagiatsvorwürfe gegen ihn seinen Doktortitel vorerst ruhen.

Dem Parlamentarier wird vorgeworfen, in Teilen seiner juristischen Dissertation zahlreiche Textpassagen fremder Autoren ohne Kennzeichnung verwendet zu haben. Aufgedeckt von einer leider nicht näher bezeichneten Internet-Seite.

Koch-Mehrin

Und ebenfalls gestern wurde bekannt, dass auch FDP-Politikerin Silvana Koch-Mehrin offenbar geschummelt hat. Die Universität Heidelberg Die Universität Heidelberg ihr nun den Doktortitel aberkennen und hat sie vor wenigen Tagen zu einer Stellungnahme aufgefordert.

Meinung

Die Anhäufung dieser Fälle zeigt: Kooperatives Arbeiten im Internet funktioniert und bringt äußerst wirksame Ergebnisse hervor. Das ist super und zugleich ein abschreckendes Beispiel für weitere Plagiatoren. Die Sache zeigt auch, wie erschreckend oft auch bei Doktorabeiten gepfuscht wird. Gut, dass das aufgedeckt wird.

Allerdings hat das Ganze nun auch etwas von einer medienwirksamen Hexenjagd: Hatte Guttenberg noch vergeblich versucht, die Sache klein zu reden, so werden nun sofort die Konsequenzen gezogen. Und zwar auch, weil die Hochschulen und Politiker vor Angst schlottern, als nächstes in den Medien-FoKus zu geraten.

Jahrelang geschlampt, nun müssen Exempel her!

Gleichzeitig werden auch gezielt prominente Politker und deren Verwandten (im Falle von Veronica Sass) ausgeguckt, um Exempel zu statuieren. Klar ist Promotions-Betrug kein Kavalliersdelikt. Allerdings wirkt plötzliche Anhäufung solcher Delikte, drei Fälle in zwei Tagen, schon seltsam übertrieben. Zumal auch die Hochschulen sicher so ihre Vorteile von der Sache hatten.

Eine Gefahr besteht nämlich: Statt in dem jahrelang gewachsenen Sumpf aufzuräumen, statuiert man medienwirksam einige Exempel – seht her, wir gehen hart gegen die Fälle vor – um dann, wenn die Aufregung sich gelegt hat, einfach so weiterzumachen wie vorher.


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