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Regine Heidorn wollte eigentlich Langzeitstudentin werden. Heute arbeitet sie als Webentwicklerin, Informations-Architektin, Dozentin und Consultant in Berlin. Im Interview geht es darum wie man Kunden und Jobs über Twitter findet – und was bei Weiterbildung und Recruiting schief läuft.

Heidorn begann mehrere Studiengänge – zum Beispiel Germanistik, Philosophie, Sport, Ethnologie, Soziologie, Romanistik und Kulturwissenschaften in Gießen, Marburg und Bremen. Konsequenterweise, das Berufsziel Langzeitstudentin im Auge, hat sie keinen davon mit einem Abschluss beendet. Seit fünf Jahren verfehlt sie allerdings ihr Berufsziel: Bei Twitter ist sie erfolgreich als @bitboutique unterwegs.

Frau Heidorn, welches Soziale Netzwerk bevorzugen Sie denn, um Jobs und Auftraggeber zu finden?

Eindeutig Twitter! Mittlerweile finde ich gut 75 Prozent meiner Jobs hier. Aber sind 140 Zeichen nicht etwas wenig Platz, um sich selbst zu präsentieren? Im Gegenteil: Potentielle Kunden lernen mich bei Twitter viel besser und schneller kennen, als anderswo.

Leisten andere Soziale Netzwerke nicht genau das selbe? Was macht Twitter so besonders?

In anderen Netzwerken oder auf Blogs müssen Kunden und Chefs in spe erstmal Zeit aufbringen, um mehr über mich zu erfahren. Auf Twitter, in nur 140 Zeichen, geht das ganz schnell – daher ist die Bereitschaft größer, sich darauf einzulassen.

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Ist die Kürze nicht eher ein Nachteil? In anderen Netzwerken wie z.B. Xing können Sie Ihre gesamte Bandbreite an Kompetenzen darstellen. Bei Twitter hingegen…

…entdecke ich Kompetenzen, die ich nie in ein Xing-Profil hätte reinschreiben können, weil ich vorher gar nicht wusste, dass ich sie haben könnte.

Das müssen Sie erklären!

Bei Twitter kommuniziere ich auch über Dinge wie Hobbys oder persönlichen Vorlieben. Genau daraus ergeben sich aber dann oft ungeahnte Jobmöglichkeiten: Beispielsweise mache ich oft Geocaching, einer Art Schnitzeljagd mit mobilen Geräten. Das hat auch Anja Wagner mitbekommen, die an der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin eLearning-Projekte durchführt.

Und so kamen Sie ins Gespräch?

Richtig. Und aus dem Gesrpäch entwickelte sich die Idee einer mobilen Exkursion. Und ich bekam einen Lehrauftrag an der HTW im Projekt eVideo zum Thema Mobile Exkursionen. Ich hätte nie daran gedacht, dass ich ohne abgeschlossenes Studium Lehraufträge bekommen könnte. Wirklich innovativ…

Was hat das denn mit Innovationen zu tun?

Na ganz einfach: Es entstehen neue Berufe. Eine Tätigkeitsbeschreibung, die ich in ein Xing-Profil oder auf meine Website schreibe, ist ja quasi schon ein alter Hut. Sozusagen Mainstream. Via Twitter im Dialog erfinden wir aber Dinge und Tätigkeiten, die bisher noch gar keine Bezeichnung haben – echtes Innovationspotenzial.

Ist die Zielgruppe für so eine Acquise nicht einfach viel zu klein?

Ich gebe zu, dass es vor allem bei kleinen Unternehmen und Privatkunden funktioniert, wahrscheinlich weil es da einfacher ist, in Dialog zu treten.

Und wie sieht das finanziell aus?

Klar sind bei dieser Art von Acquise nicht die Mega-Honorare drin. Dafür habe ich aber genau die Jobst und Partner, die zu mir passen – Wunschkunden sozusagen.

Bisher ging es um Ihre Acquisestrategie via Twitter. Hand auf Herz: Meinen Sie nicht, dass es auf dem traditionellen Bewerbungsweg besser – z.B. finanziell – besser laufen könnte?

Möglich. Aber was habe ich davon, wenn ich hinterher mit Leuten zusammenarbeite, mit denen die Chemie nicht stimmt? Daher bewerbe ich mich auf manche Aufträge, bei denen Explizit nach einer bestimmten Ausbildung gefragt wird, erst gar nicht.

Warum nicht?

Es hat keinen Sinn. Gerade in Vorstellungsgesprächen habe ich oft gemerkt, dass viele Personaler regelrecht Angst haben, Leute einzustellen, die aus dem Raster fallen. Nicht besonders innovativ – eher hilflos!

Hilflos?

Ja, denn Personaler gehen oft lieber auf Nummer sicher und nehmen jemanden mit einer Ausbildung, die ins Schema passt – nur damit sie hinterher selbst nicht angreifbar sind.

Statt die Kompetenzen zu entdecken und zu beurteilen, verwalten viele Personaler lieber ihre eigenen Ängste. Sind Personaler denn hilflos, dass sie sich immer durch das Urteil von anderen absichern wollen?

Haben Sie nicht versucht, dieses Problem zu lösen, indem Sie einen entsprechenden Abschluss erworben haben?

Doch natürlich. Zu Beginn meiner Karriere habe ich eine Multimedia-Weiterbildung an einem privaten Institut gemacht, dem SAE Institut gemacht. Das hat 14.000 Euro gekostet. Allerdings habe ich mein Ziel, den Bachelor zu machen, nicht erreicht und stattdessen mit dem Creative Media Diploma abgeschlossen.

Klingt doch auch gut…

Ja, aber das ist nur ein Zertifikat, das der Bildungsträger selbst geschaffen hat und das auf dem Arbeitsmarkt kaum jemand kennt. Praktisch ist das wertlos.

Woran ist der Bachelor gescheitert?

M.E. an der schlechten Betreuung: Als ich meinen Dozenten um Hilfestellung bei Aufgaben gebeten habe, hat er zum Teil auf Tutorials im Internet verwiesen. Das hing sicher auch damit zusammen, daß Kurse oftmals hemmungslos überbucht waren, so dass teilweise niemand von den Betreuern mehr ansprechbar war.

Ausserdem waren die Bewertungskriterien nicht transparent, so dass mir bis heute niemand sagen kann, was genau ich für meine Nachreichung hätte erfüllen sollen, an der der Abschluss hängt. Für 14.000 Euro kann man, meine ich, mehr erwarten.

Das ist natürlich eine sehr subjektive Sichtweise…

Weniger subjektiv ist, dass ich für eine Prüfung Techniken lernen musste, die schon damals völlig veraltet waren – etwa Lingo-Programmierung und HTML4-Framesets. Das habe ich nicht eingesehen, zumal ich das gleiche Ergebnis auf andere, bessere Art erzielen konnte.

Ich habe das vor der Prüfung angesprochen mit dem Ergebnis, dass explizit von mir verlangt wurde, veraltete Techniken extra für die Prüfung zu lernen. Vom Prüfungsjahrgang nach mir weiß ich, dass ihnen freigestellt war, welche Technik sie einsetzten.

Und jetzt haben Sie den Glauben an das Deutsche Bildungssystem verloren?

Nein, aber ich glaube nicht mehr daran, dass Abschlüsse allein etwas über unsere Fähigkeiten aussagen, im Gegenteil, viele Leute hören auf, zu lernen und sich weiterzuentwickeln, weil sie ja das Zeugnis in der Tasche haben.

Um die Aussagekraft von Bildungsabschlüssen zu reflektieren, haben wir gerade die Assoziation Abschlussloser gegründet, mit der wir Abschlusslose, aber auch ungewöhnliche Biographien sichtbar machen wollen.


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